Club-Klos:Müssen mit Aussicht

Münchens Clubs lassen sich einiges einfallen, um ihren Gästen selbst auf der Toilette noch Unterhaltung und Ablenkung zu bieten.

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Salong

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Quelle: Robert Haas

Aufs Klo zu gehen, das ist etwas, was die allermeisten Menschen am liebsten alleine tun. In einer Bar läuft das Ritual darum üblicherweise so ab, dass man sich möglichst unauffällig entschuldigt, seine Notdurft verrichtet und dann zum Händewaschen schreitet - idealerweise ohne mit irgendjemandem Blickkontakt aufzunehmen. Der einzige Blickkontakt, der erlaubt ist, ist der mit sich selbst - wenn man den Blick beim Händewaschen hebt und in den Spiegel schaut. Genau in diesem Moment aber lauert im noch recht neuen Salong der Schrecken: Da, wo das eigene Antlitz sein sollte, ist: ein Fremder. Damen- und Herrentoilette haben im Salong denselben Grundriss, sind aber spiegelverkehrt angelegt - und da, wo in beiden Räumen der Spiegel sein müsste, ist eine rechteckige Öffnung in der Wand. Statt eines Spiegels gibt es also eine Art Fenster in den Waschraum der anderen. Um die Lippen nachzuziehen, ist das zwar unpraktisch. Dafür bekommt man aber nicht nur ein ebenso verdutztes Gegenüber, sondern auch Einblick in einen Raum, der sonst tabu ist. Ist am Ende aber, wenig überraschend, auch nur ein Clubklo.

Foto: Robert Haas

Karoline Meta Beisel

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Stadion

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Quelle: Stephan Rumpf

Das Stadion an der Schleißheimer Straße ist zutapeziert mit Fanschals, das Fußballkneipen-Klischee will es eben so. Das Geschlechterklischee erfüllen die Klos. Fanschals, strenger Geruch und nackte Mädels aus Achtzigerjahre-Pornoheften für ihn, rosa Kitsch für sie: An den Wänden kleben Zeitungsausschnitte von muskelbepackten Männern und liebreizende Prinzessinnentapeten. Über den rosa Klobrillen wallen pinke Moskitonetze, Glitzersteinchen funkeln, dazu ein Bauernkalender. Ein Blick an die Decke: David Beckham. Hach. Würde nicht das Grölen der Fußballfans durch die plüschbeklebte Tür hallen, könnte man sich am Set einer Teenie-Sendung wähnen. "Das Klo soll für die Mädels eine Oase sein in dem ganzen Fußball-Wahnsinn", sagt Stadion-Chef Holger Britzius und grinst. Recht hat er ja irgendwie - es ist wohl das einzige Klo, auf dem Frau nie Schlange steht.

Foto: Stephan Rumpf

Anne Kostrzewa

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P1

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Quelle: Stephan Rumpf

Eine eigene verwunschene Welt sind die Toiletten. Allein schon, dass man sich in mehreren Gängen verlaufen kann. Ups, im Männerwald mit echten Baumstämmen, nein, die Damen bitte in den Damentoilettengang. Und - wie soll es anders sein im P1 - für die ganz wichtigen gibt es eine VIP-Toilette, die allerdings auch nur mit Wasser spült. Hier sind die Räume so angeordnet, dass maximal viele kleine Ecken entstehen, in denen man sich mit dem Kumpel über die irre gut tanzende Blonde austauschen kann oder die junge Frau von ihrer Begleitung davor gewarnt wird, dem seltsam glitschigen Typen gleich ihre Nummer zu geben. Selbstverständlich sind die wichtigsten Gegenstände neben den Toiletten allgegenwärtig: die Spiegel.

Foto: Stephan Rumpf

Philipp Crone

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Paradiso

Männer-Pissoirs, die eingebaute Bildschirme haben, auf denen (jetzt keine mehr, so wie ich das verstanden habe) Pornos laufen. Paradiso Tanzbar

Quelle: Florian Peljak

Wer im Paradiso als Mann seinen Kopf beim Pinkeln nach vorne an die Wand lehnt, dem entgeht unter Umständen etwas. Denn die drei Pissoirs sind jeweils mit Bildschirmen ausgestattet, auf denen manchmal alte Pornos, manchmal Burlesque-Filme laufen, in jedem Fall viel nackte Haut zu sehen ist. Die ursprüngliche Idee des Betreibers war es, jeweils das Gesicht des Toiletten-Nachbarn aufzunehmen und auf dem eigenen Bildschirm zu zeigen. Doch dann war die Befürchtung, dass viele Männer die plötzliche Hemmung erfasst, die manche ja schon dann befällt, wenn sie sich mit jemandem die gleiche Rinne teilen müssen. Nach getaner Arbeit kann man sich beim Klomann einen Lolli kaufen, um angemessen aufgesext wieder in das Geschehen einzugreifen.

Foto: Florian Peljak

Philipp Crone

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X-Cess

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Quelle: Robert Haas

Ob die vielen Graffiti auf den Klos ihn stören? I wo. "Tiere markieren ihr Revier, Menschen auch", sagt Ismail Yilmaz, der Betreiber des Absturzschuppens X-Cess in der Sonnenstraße. Yilmaz, den alle Welt nur als "Isi" kennt, hat über die Jahre nicht nur seinen Laden, sondern auch sich selbst zu einer Marke gemacht. Er will ein Botschafter sein für Spaß, Multikulti - und für Liebe. Deshalb auch die Griffe, die in den Toiletten an die Wand geschraubt sind. Früher seien alle Nase lang die Spülkästen von der Wand gerissen gewesen, erzählt Isi, weil, nun ja, das Bier, die Musik, die Enge. Da empfinden die Menschen eben manchmal Liebe füreinander, ganz plötzlich und unwiderstehlich. "Dann hatte ich irgendwann die Idee mit den Griffen", sagt Isi. "Ich nenne sie Paarungsgriffe. Die haben sich bewährt."

Foto: Robert Haas

Sebastian Krass

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Sauna

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Quelle: Stephan Rumpf

"Das Schlimmste", sagt Ole Wierk, "ist die Todesstille." Wenn sich auf der Toilette nämlich nichts rührt, dann bekomme der Nachbar auf dem Topf nebenan alles mit, was auf dem eigenen so passiert. "Und das will ja keiner", sagt Wierk. Also haben sie im Club Sauna nahe dem Hauptbahnhof Monitore aufgehängt, auf denen in Endlosschleife TV-Werbung aus den Achtzigerjahren läuft. Pepsi-Werbung mit MC Hammer oder mit Michael Jackson zum Beispiel, echte Klassiker. Damit nicht nur Hintergrundgeräusche laufen, heben die Betreiber die Stimmung auf ihren Toiletten auch noch mit besonders edler Optik: Das Waschbecken ist aus dem Holz eines alten Fährkahns gefertigt. Und am Eingang hängt eine Schiffsglocke, an der die Gäste im Vorübergehen immer wieder gerne bimmeln.

Foto: Stephan Rumpf

Florian Fuchs

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Milchbar

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Quelle: Robert Haas

Die Idee ist spontan entstanden, als die Milchbar in der Sonnenstraße gerade umgebaut wurde. Die Männertoiletten zogen auf die gegenüberliegende Seite und teilten sich damit eine Wand mit dem Club. "Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, was man mit Klos alles so machen kann", sagt Jakob Faltenbacher, einer der Milchbar-Chefs. Er und seine Kollegen entschieden sich für eine doch eher ungewöhnliche Variante: Wer sich am Pissoir erleichtert, dem entgeht der Trubel im Laden trotzdem nicht. Durch kleine, getönte Bullaugen wie in einem Schiff können die Männer in den Innenraum schauen. Von dort aus sieht man freilich nichts - außer man würde schon sehr nah an das Fenster hingehen, aber auch dann wären nur die Köpfe der Toilettenbenutzer zu erkennen. "Wir dachten, das wäre ganz lustig", sagt Faltenbacher. Mehr habe nicht hinter diesem Plan gesteckt. Schließlich wolle man als Club nicht deshalb bekannt sein, weil alle über die tollen Toiletten reden.

Foto: Robert Haas

Melanie Staudinger

© SZ vom 09.12.14/lime
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