Vor genau einem Jahr brachte Christiane Mudra ihr "Holy Bitch Project" im Pathos Theater heraus. Es war ein Abend über Gewalt an Frauen, über sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, Morde von Ehemännern, die nicht verlassen werden wollen, die die Frau als ihren Besitz betrachten, über desinteressierte Strafverfolgungsbehörden, atavistische Rollenbilder und über Incels, Frauenhasser, die zu Amokläufern werden. Man spazierte damals im Pathos herum, hatte eine Maske im Gesicht, einen Kopfhörer auf dem Kopf, man hörte ein Surround-Sounddesign und viele, viele Stimmen. Danach war man erledigt, aufgewühlt, wütend.
Für ihr großartiges Projekt hatte die versierte Dokumentartheatermacherin lange recherchiert, ein Jahr lang Interviews mit betroffenen Frauen geführt, ein Programmbuch erstellt, das zu einem Standardwerk zum Thema werden könnte. Aber: Coronabedingt konnten gar nicht so viele Menschen diese wichtige Aufführung sehen, eine Wiederaufnahme war schon finanziell nicht zu machen. Also drehte Mudra mit Hubert Neufeld und Gregor Simbrunner an den Kameras einen Film. Dieser hatte nun im Monopol-Kino seine Premiere.
Er ist weit mehr als eine abgefilmte Aufführung; deren Situation scheint zwar immer wieder durch, aber die Mitwirkenden erhalten eine filmisch autonome Wucht, kommen einem viel näher als im Theater; Corinna Ruba singt Desdemonas "Ave Maria". In den vergangenen zwei Jahren gab es viele Versuche, Theater filmisch umzusetzen, "Holy Bitch" ist den meisten dieser Unternehmungen weit voraus, ist als Zwitter zwischen Film und Theater ein Unikat. Geplant sind weitere Vorführungen im Monopol, vor allem Teilnahmen an Filmfestivals. Die Fülle des Materials und dessen emotional packende Aufbereitung darf nicht verloren gehen.