Chronologie:Der Weg in die Krise

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Weder gelang es Monika Hohlmeier die Affären-geschüttelte Münchner CSU in Ordnung zu bringen, noch ihre Amtsführung als Kultusministerin aus der Kritik zu halten.

27.6.2003 - Kultusministerin Monika Hohlmeier wird zur neuen Chefin der Münchner CSU gewählt, um Ordnung in den skandalträchtigen Bezirksverband zu bringen.

23.7.2003 - Hohlmeier kündigt eine lückenlose Aufklärung der Vorwürfe um angeblich gekaufte Münchner CSU-Mitglieder an. Zuvor war bekannt geworden, dass eine Gruppe von Christsozialen Neumitglieder mit hohen Prämien in die Partei gelockt haben soll, um auf Delegiertenversammlungen im Sinne der Gruppe abzustimmen.

22.8.2003 - In der Affäre um gefälschte CSU-Aufnahmeanträge gibt es offenen Streit zwischen Hohlmeier und dem Chef der Jungen Union in München, Rasso Graber. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei einer Aufstellungswahl im Münchner CSU-Ortsverband Perlach Grabers Wohnung durchsucht und Unterlagen sichergestellt.

29.8.2003 - Auf vehementes Drängen der CSU legt Münchens JU-Chef Rasso Graber sein Amt vorläufig nieder.

8.9.2003 - Mit dem Stadtrat Christian Baretti ein weiterer CSU-Politiker Konsequenzen: Wegen der gegen ihn laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen lässt er sämtliche Parteiämter und seine Funktionen in der CSU-Stadtratsfraktion ruhen.

29.6.2004 - Im Prozess um gekaufte CSU-Mitglieder werden die drei Angeklagten wegen gemeinsamer Urkundenunterdrückung zu Geldstrafen zwischen 2400 und 5100 Euro verurteilt.

Das Münchner Amtsgericht sieht es als erwiesen an, dass Baretti, Graber sowie die Vize-CSU-Ortsverbandschefin von München-Perlach, Stephanie Lütge, CSU-Aufnahmeanträge zurückgehalten sowie Fälschungen anderer gedeckt haben. Graber wurde zudem wegen der Fälschung eines Antrags verurteilt. Der CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Haedke, der als Drahtzieher der Manipulationen gilt, legte seine Parteiämter nieder.

Nach Auffassung des Gerichts war es das Ziel der Angeklagten, die Vorstandswahl am 5. Februar 2003 im Münchner Ortsverband Perlach zugunsten des CSU-Landtagsabgeordneten Heinrich Traublinger zu beeinflussen und seinen innerparteilichen Herausforderer Markus Blume auszuschalten.

5.7.2004 - Graber tritt als Konsequenz aus dem Skandal um gekaufte CSU-Mitglieder aus der Partei aus.

16.7.2004 - Hohlmeier gerät wegen ihrer Kritik an dem Steuerhinterziehungs-Urteil gegen ihren Bruder Max Strauß unter Druck. Die SPD fordert deshalb den Rücktritt der Ministerin. Für Wirbel sorgen zudem Vorwürfe von Graber: Er behauptet, Hohlmeier habe ihm und Baretti im Mai 2003 die Erlaubnis erteilt, den Kreisvorsitzenden Hans Podiuk zu stürzen. Die Ministerin weist den Vorwurf zurück.

19.7.2004 - Haedke wird nicht aus der Partei geworfen. Statt dessen beschließt der Münchner Bezirksvorstand, dem CSU-Landtagsabgeordneten eine Rüge zu erteilen. Außerdem wird ihm für fünf Jahre verboten, Parteiämter zu übernehmen. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber betont derweil, er habe eine "große Wertschätzung" für Hohlmeier.

20.7.2004 - Die parteiinterne Kritik an Hohlmeier wird lauter. Einem Zeitungsbericht zufolge wird CSU-Landtagsfraktionsvize Otmar Bernhard von "Parteioberen" aus Landtag und Bezirksverband bestürmt, die Nachfolge Hohlmeiers als Münchner CSU-Chefin zu übernehmen.

Am Abend kündigt Hohlmeier ihren Rücktritt als Münchner CSU-Chefin für Ende September an. Als Begründung nennt sie die zeitliche Doppelbelastung als Bezirksvorsitzende und Kultusministerin.

Derweil werden gegen Hohlmeier neue Vorwürfe laut. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hat sie innerparteilichen Gegnern während einer Krisensitzung mit Geheimdossiers und pikanten Veröffentlichungen gedroht.

21.7.2004 - CSU-Landtagsabgeordnete bestätigen, dass Hohlmeier Parteifreunden im Münchner Bezirksvorstand mit der Veröffentlichung von Dossiers gedroht hat. Die Ministerin versichert dagegen: "Ich habe noch nie jemanden bedroht, noch nie jemanden unter Druck gesetzt, das ist nicht mein Stil."

22.7. 2004 - Haedke beantragt gegen sich selbst ein Ausschlussverfahren aus der CSU.

23.7.2004 - Die Staatskanzlei weist Spekulationen über einen bevorstehenden Amtsverzicht der Kultusministerin aus angeblich gesundheitlichen Gründen zurück. Hohlmeier gibt nach einer Sondersitzung des Münchner CSU-Bezirksvorstandes die operative Führung der Partei mit sofortiger Wirkung an ihren bisherigen Stellvertreter Otmar Bernhard ab.

24.7.2004 - Angesichts eines erneuten Trommelfeuers der Kritik entschuldigt sich Hohlmeier für ihr Verhalten gegenüber CSU-Kollegen und versichert, dass sie "niemanden persönlich angreifen wollte". Zuvor hatten zwei CSU-Landtagsabgeordnete der Darstellung Hohlmeiers widersprochen, dass sie Kritikern nicht mit Dossiers und Enthüllungen gedroht hat.

25.7.2004 - Stoiber kündigt an, dass er an Hohlmeier trotz deutlichem Unmut über deren Verhalten in der Münchner CSU-Affäre festhält.

27.7.2004 - Hohlmeier wird in Presseberichten vorgeworfen, ihr Ministeramt mit der Arbeit als Münchner CSU-Chefin verquickt zu haben.

6.8.2004 - Zeitungsberichten zufolge soll Hohlmeier die Karriere von CSU-Mitgliedern im Schuldienst beschleunigt haben. Für Irritationen sorgt zudem ein Artikel über die Millionen-Förderung eines Blindenzentrums in Unterschleißheim, wo Hohlmeiers Ehemann Michael als stellvertretender Direktor tätig ist.

9.8.2004 - Hohlmeier beantwortet schriftlich einen Fragenkatalog, in dem es um den Vorwurf einer Verquickung ihres Amtes mit der Arbeit als Münchner CSU-Chefin geht. Die Opposition wollte unter anderem wissen, ob Schreibkräfte des Kultusministeriums für den CSU-Bezirksverband eingesetzt wurden. Außerdem soll Hohlmeier ihren persönlichen Referenten Maximilian Pangerl regelmäßig zu den Vorstandssitzungen der Münchner CSU geschickt haben.

10.8.2004 - SPD und Grüne kündigen einen Untersuchungsausschuss für den Fall an, dass Stoiber weiter an Hohlmeier festhält. Die Staatskanzlei weist das "Ultimatum" zurück.

9.12.2004 - Die CSU einigt sich mit der Opposition im Rechtsausschuss des Landtages auf einen Fragenkatalog für den Hohlmeier-Untersuchungsausschuss. Das Gremium soll sich demzufolge auch mit der Wahlfälscher-Affäre der Münchner CSU befassen.

14.12.2004 - Medienberichten zufolge bekommt Stoiber im Kabinett einen Wutausbruch, weil er vom Kultusministerium nicht rechtzeitig über den Lehrermangel im Freistaat informiert wurde. Außerdem dringt angeblich der Münchner CSU-Vorstand auf den Rücktritt Hohlmeiers, um die Partei vor dem geplanten Untersuchungsausschusses zu bewahren.

16.12.2004 - Der Hohlmeier-Untersuchungsausschuss des Landtags nimmt seine Arbeit auf.

21.12.2004 - Das bayerische Kabinett fasst erste Beschlüsse zum Kampf gegen den Lehrermangel. Hohlmeier dankt Stoiber für die "außerordentlich große Solidarität".

13.1.2005 - Die CSU-Landtagsfraktion stellt sich hinter Hohlmeiers Konzept im Kampf gegen den Lehrermangel in Bayern.

7.4.2005 - Im Untersuchungsausschuss sagen Staatsanwälte aus, dass Hohlmeier von den Wahlmanipulationen in der Münchner CSU gewusst haben soll. Dies hatte sie immer bestritten.

9.4.2005 - Zeitungen zitieren anonyme CSU-Politiker mit dem Ruf nach einer Entlassung von Hohlmeier, weil sie "gelogen" habe.

11.4.2005 - Auch bei einer Sitzung des Münchner CSU-Vorstands gibt es massive Kritik an Hohlmeier. Stoiber wird zum Handeln aufgefordert.

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