Kabarettist, Bürgermeister - und jetzt auch Ministerpräsident? Seit rund 23 Jahren regiert Christian Ude München. Nun setzt er zum bisher höchsten Sprung seiner Karriere an - er will den Ministerpräsidenten Horst Seehofer in seinem Amt beerben. Ein Porträt in Bildern. Etliches im Politbetrieb lässt sich lernen. Von Gestik bis Garderobe müssen viele Politiker erst einmal trainieren, wie man sich gibt bei den Wählern und den Journalisten. Christian Ude gehört allerdings zu dem Schlag Politiker, der ein Gespür dafür hat, was ankommt. Schon als Journalist und dann als Rechtsanwalt lernte er zu argumentieren, die Leute von seiner Sache zu überzeugen. Und wenn er heute als Politiker zu einem verbalen Schlag ausholt, kann man sich gewiss sein: Der sitzt. Christian Ude kommt am 26. Oktober 1947 in München zur Welt. Nach dem Abitur, das er am Oskar-von-Miller-Gymnasium in Schwabing absolviert, ist er Volontär und Redaktionsmitglied bei der Süddeutschen Zeitung, ehe er ab 1969 Jura studiert. Anschließend arbeitet er als Rechtsanwalt - und beginnt, sich immer mehr bei der SPD zu engagieren.
Ude, der Oberbürgermeister Im März 1990 wird Christian Ude mit dem zweitbesten Ergebnis nach Oberbürgermeister Georg Kronawitter (SPD, Mitte) in den Münchner Stadtrat gewählt und wird am 2. Mai 1990 Zweiter Bürgermeister von München. Der Politiker Ude wird bald für seine Art bekannt, auf Anfeindungen seiner politischen Gegner mit feiner Ironie oder intelligentem Spott zu reagieren. Drei Jahre später erklärt Kronawitter überraschend seinen Rücktritt nach 15 Jahren im Amt und schlägt Ude als seinen Nachfolger vor. Nach einem harten Wahlkampf gegen CSU-Politiker Peter Gauweiler wird Ude am 12. September 1993 der fünfte sozialdemokratische Oberbürgermeister von München. Auf dem Bild ist er 1999 mit seinen Vorgängern Georg Kronawitter (l) und Hans-Jochen Vogel zu sehen.
Ude und die Wiederwahl Im Juni 1999 feiert Ude seine Wiederwahl. Er erzielt 65 Prozent der Stimmen, sein Herausforderer Aribert Wolf von der CSU kam auf 34 Prozent. Auch bei den Kommunalwahlen im März 2008 (im Bild) setzt sich Ude deutlich gegen den CSU-Kandidaten Josef Schmid durch. Er erhält 66,7 % der Stimmen. Mit im Bild: Seine Ehefrau Edith von Welser-Ude. Er und die Fotografin, die aus erster Ehe sechs Kinder mitbrachte, sind seit 1983 verheiratet. Sie wohnen gemeinsam in Schwabing.
Ude und die anderen Städte Der Münchner macht Politik nicht nur für seine Heimatstadt: Ab 1996 ist er fünfzehn Jahre lang stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Städtetags, seit 2005 Präsident des Deutschen Städtetags (im Bild auf einer Pressekonferenz desselbigen). Nur in der Periode von 2009 bis 2011 löste ihn die CDU-Politikerin Petra Roth, damalige Bürgermeisterin von Frankfurt am Main, als Vorsitzende ab.
Ude und das Kabarett Gelegentlich betritt Ude auch die Bühne, nicht um Politik zu machen, sondern Kabarett. Auf dem Tollwood 1998 schlüpft der Oberbürgermeister in die Rolle des "Literaturpapstes" Marcel Reich-Ranicki. Wie viel das politische Geschäft mit dem Schauspiel gemein hat, das hat der Münchner begriffen. In einem Interview mit der Welt am Sonntag sagt er: "Wenn man kein eitler Affe ist, geht man weder zum Theater noch zum Film, geschweige denn in die Politik. Mir sind Menschen unheimlich, die das bestreiten".
Ude und die Wiesn OB Ude gilt als begnadeter Wiesn-Anzapfer. Nur zweieinhalb bis drei Schläge benötigte er in den vergangenen Jahren, um das Oktoberfest zu eröffnen. In den ersten Jahren war er da noch nervöser.
Ude und die Paradiesvögel Fast jedes Jahr nimmt Ude bei der Schwulen- und Lesbenparade Christopher Street Day teil, um für Toleranz zu werben und zu zeigen, München ist gar nicht so konservativ, wie viele denken.
Ude und die Synagoge Am 9. November 2006 wird in München die Neue Hauptsynagoge, das Herzstück des Jüdischen Zentrums in der Innenstadt, eröffnet. In einem Interview bezeichnet Ude "das Jüdische Zentrum in der ehemaligen Hauptstadt der Bewegung" als seine größte Errungenschaft.
Ude und das Stadion Ude betrachtet eines der beiden Siegermodelle des künftigen Münchner Fußballstadions. Mit im dabei: Der Präsident des FC Bayern München, Franz Beckenbauer, und der inzwischen verstorbene Präsident vom TSV 1860 München, Karl-Heinz Wildmoser. Ude ist 1860er-Fan und saß 13 Jahre im Aufsichtsrat des Zweitligisten.
Ude und sein Traum von Olympia Eine schwere Niederlage muss Christian Ude im Juli 2011 einstecken: Jahrelang hatte er sich für die Olympiaberwebung Münchens 2018 stark gemacht, doch das Internationale Olympische Komitee entschied in Durban dann überraschend deutlich, dass die Spiele nicht in der bayerischen Landeshauptstadt, sondern in Pyeongchang stattfinden werden. Ude muss Bewerbungskollegin Kati Witt trösten.
Ude und die Landtagswahl 2013 Die Amtszeit von Christian Ude als Münchner Oberbürgermeister neigt sich dem Ende zu: 2014 darf er nicht noch einmal antreten, da es in Bayern für Kommunalpolitiker eine Altersgrenze von 65 Jahren gibt. Ude wäre 2014 schon fast 67. Doch ans Ende seiner politischen Karriere denkt der SPDler noch nicht: Ude trat bei der Landtagswahl im September 2013 gegen Ministerpräsident Seehofer an - allerdings erfolglos.