Chris de Burgh in München:Von Schmugglern und Schunklern

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In der Olympiahalle stellt Chris de Burgh sein neues Album über eine Piratensaga vor und schwärmt über München. Die Fans feiern den kleinen Iren - und warten auf die alten Hits wie "Lady in Red".

Matthias Kolb

Es ist eine besondere Beziehung, die Chris de Burgh mit Deutschland verbindet. Mindestens 45 Millionen Platten hat der als Christoph James Davison in Argentinien geborene Diplomatensohn in seiner mehr als 30-jährigen Karriere verkauft, doch nirgends sind die Fans treuer als hier.

Er ist wieder unterwegs: In Saarbrücken eröffnete Chris de Burgh Ende März seine Europa-Tournee "Moonfleet". Gestern spielte er in der gut gefüllten Münchner Olympiahalle vor seinen treuen Fans. (Foto: dpa)

Das ist auch in der Olympiahalle zu spüren: Viele Besucher sind so textsicher, dass sie entweder zur Vorbereitung alle alten CDs noch mal angehört haben oder den kleinen Iren nicht zum ersten Mal live sehen. Die Fans wissen genau, was sie erwartet - und sie freuen sich darauf.

Drei Lieder stimmt de Burgh an, bevor er seine Fans auf Deutsch begrüßt: "Guten Abend München, es ist wunderschön, wieder hier zu sein." Er freue sich, wieder in der Olympiahalle spielen zu dürfen - dies sei ein Ort mit vielen schönen Erinnerungen. De Burgh stellt an diesem Abend sein Konzeptalbum Moonfleet & Other Stories vor - darin hat er unter anderem ein beliebtes Kinderbuch über den Piraten Blackbeard vertont, dessen Geist ruhelos nach einem verlorengegangenen Diamanten sucht.

Doch der mittlerweile 62 Jahre alte de Burgh weiß, dass seine Fans vor allem jene Songs hören wollen, die sie als Teenager und junge Erwachsene begeistert haben, und verknüpft "Missing you" mit einer weiteren Liebesbotschaft an München: Genau so fühle er sich, wenn er nicht in Bayern sei.

Gekonnt mischt der Sänger im Laufe des Abends seine alten ("Don't pay the ferryman") und neuen Stücke ("Have a Care"), nimmt immer wieder rote Rosen von Damen mittleren Alters in roten Oberteilen entgegen und erzählt über Anekdoten sein neues Album. An die Schmuggler-Thematik des Moonfleet-Albums erinnern das eigene Outfit mit Weste und Halstuch sowie die Bühnendeko mit Fischernetzen und Steuerrädern.

Impressionen aus dem Roy
:Goldig

Schrill, schräg, schön: Das Roy am Sendlinger Tor ist eine der legendärsten Bars in München.

Doch es geht nicht nur um Piraten: Der "großartige Erfinder" Leonardo da Vinci, dem die Welt Flugzeuge, Fallschirme und Waschmaschinen verdanke, wird ebenso mit einem Lied geehrt wie die 2009 in Iran ermordete Neda. "People of the World" heißt die Ballade, die Chris de Burgh allen nach Freiheit suchenden Menschen der Welt widmet und auf den beiden Video-Leinwänden Protest-Bilder aus dem Nahen Osten, Tibet oder Iran zeigt.

Dieses Lied zeigt gut, wie de Burgh weiterhin polarisiert: Die Fans in der Olympiahalle ziehen ergriffen ihre Feuerzeuge heraus, schunkeln gemeinsam und bangen wohl wirklich für ein paar Minuten mit den mutigen Demonstranten. Wem der pathetisch-schnulzige Text der Ballade nicht gefällt, der sieht den "Gutmensch" de Burgh wieder am Werke, der höchstens noch die Tante aus der Provinz begeistere. Songtitel wie "Go where your heart believes" verstärken diesen Eindruck.

Solche Kritik interessiere ihn nicht, hat der 1948 geborene Sänger vor Jahren in einem SZ-Interview berichtet: "Ob ein Kritiker "Lady in Red" hasst, ist mir egal, solange ich das Lied acht Millionen Mal verkaufe. Wer es nicht mag, soll sich die Ohren zuhalten."

"Lady in Red" ist natürlich der Song, auf den fast alle Fans warten. Als er nach gut zwei Stunden gespielt wird, sind hunderte Frauen bereits zur Bühne gelaufen, um ihrem Star näher zu sein. Der nur 1,65 Meter große Ire lässt seine übrigens hervorragende Band den Stehblues in einer rockigeren Version spielen und nimmt ein Bad in der Menge: Er lässt sich von Fans umarmen und schüttelt unzählige Hände, während ihm sein bulliger Security-Mann zu folgen versucht. Die Paare, die noch nebeneinander stehen, wippen gemeinsam mit, und denken vielleicht an 1986 zurück, als der Song erschien und sie sich damals schon küssten.

Das dreistündige Konzert, bei dem auch im Publikum mitgerockt wurde, endet mit dem alten Kracher "High on Emotion", der weiterhin ziemlich gut zu Chris de Burgh passt. Er lässt sich nach einer kurzen Zugabe feiern, lässt sich eine weißblaue Bayern-Fahne geben, legt diese über die Schultern und verlässt die Bühne mit dem Gefühl, für sein Publikum alles gegeben zu haben.

Das besondere Verhältnis des Iren zu München hat auch mit einer Person zu tun: Die Münchner Gastro-Legende Roy Dubowy ist seit mehr als 30 Jahren ein enger Freund und so gehört es zum bewährten Ritual, dass der Ire den Konzertabend mit einer After-Show-Party in der "Kuschelecke der Stars" ausklingen lässt.

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