Süddeutsche Zeitung

Chirurgie:Aufklären und ausbilden

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Matthias Siebeck engagiert sich in Äthiopien

Als Matthias Siebeck das erste Mal als junger Arzt nach Äthiopien kam, im Winter 1980, da hat er zwar vielen Menschen geholfen. Aber er hat gemerkt: "Du kannst 1000 Leute operieren, aber da warten noch zigmal so viele, denen du nicht helfen kannst." Damals sagte er sich: "Ich komme erst wieder, wenn ich zu Forschung und Lehre in dem Land beitragen kann." Er hat dann seine Karriere als Chirurg und Wissenschaftler verfolgt, sich um seine junge Familie gekümmert und war Oberarzt an der Münchner Uni-Klinik, als Karlheinz Böhms Stiftung "Menschen für Menschen" anfragte, ob man nicht ein Krankenhaus an der Jimma-Universität in Äthiopien unterstützen könnte.

Siebeck begann, ein Aus- und Weiterbildungsprogramm zu entwickeln, angepasst an die sozialen Bedingungen. 2008 gründete er mit Kollegen das Center for International Health an der LMU und machte selbst noch einen Master in Medizindidaktik. Inzwischen 63, ist er immer noch regelmäßig in Äthiopien. Seit einigen Jahren kümmert er sich zusammen mit Psychiaterinnen der LMU um Aufklärung und Ausbildung im Bereich Psychiatrie. Denn psychisch Kranke werden in Äthiopien noch heute ausgegrenzt. "Familien schämen sich für sie, ketten sie an Bäume oder verstecken sie", sagt Siebeck, "das ist wie bei uns vor 100 Jahren." Die Münchner führten an der Jimma-Universität Kurse für Gesundheitsberufe ein, dazu Masterstudiengänge in Medizindidaktik und psychischer Gesundheit. "Es braucht Geduld, aber das ist an einer deutschen Uni hier auch nicht anders", sagt Siebeck. Der Fortschritt ist an Zahlen abzulesen. "Früher gab es zwei Medizin-Fakultäten in Äthiopien, heute sind es 37." Und die Initiativen ziehen Kreise: Mit Siebecks Unterstützung betreiben Münchner Studenten selbständig ein Austauschprogramm für Gynäkologie und Geburtshilfe. "Das ist für sie eine enorme Erfahrung auf vielen Gebieten - bis hin zum Schreiben von Anträgen für die Finanzierung." Denn davon hängt schließlich jede Aktion ab.

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SZ vom 12.04.2017 / mse
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