Chinesisches Restaurant LongGeschmackserlebnisse im Gewerbegebiet

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Appetitlich serviert: gebratenes Hühnerfleisch mit rotem Chili nach Sezuan-Art, dahinter gewürfeltes Huhn mit Erdnüssen nach Kung-poa-Art.
Appetitlich serviert: gebratenes Hühnerfleisch mit rotem Chili nach Sezuan-Art, dahinter gewürfeltes Huhn mit Erdnüssen nach Kung-poa-Art. (Foto: Catherina Hess)

Im Restaurant Long in Martinsried sind die Gäste vorwiegend Chinesen. Schon mal ein gutes Zeichen für authentische Landesküche. Und man wird nicht enttäuscht.

Von Gertrude Fein

Wer kennt sie nicht, die Physik-Lektion des Lehrers Bömmel im ziemlich angestaubten Film „Die Feuerzangenbowle“. Mit „Wo simmer denn dran?“ steigt er ein, um sich dann den Dingen mit einem „da stelle mer uns janz dumm und da sage mer so“ zu nähern. Wir stellen uns heute auch mal ganz dumm: Wenn wir noch nie in China waren und „chinesisches Essen“ nur in Läden probiert haben, in denen aus ein paar Fleischsorten plus Tofu, einer Gemüsemischung und drei oder vier verschiedenen Soßen gefühlt hundert Gerichte herbeigezaubert werden, woran erkennt man die echte chinesische Küche? Sagen wir es so: Am einfachsten wohl daran, dass viele Chinesen das Lokal besuchen, weil sie dort das bekommen, was sie in den meisten Asienkneipen hierzulande nicht finden.

Die Gäste des Chinarestaurants Long in Martinsried waren an den Abenden etwa zu 80 Prozent asiatischer Herkunft. Also ein deutliches Zeichen dafür, dass man hier richtig ist, auch wenn das in diesem Gewerbegebiet nicht unbedingt zu erwarten ist. Vor dem Haus ein Großparkplatz, im Parterre ein Discounter, im Untergeschoss ein Supermarkt, im ersten Stock eine Spielhalle, daneben der Eingang zum Long.

Erster Eindruck: Der große Gastraum strahlt den Charme eines Bahnhofrestaurants irgendwo im Nirgendwo aus. Der zweite: gar nicht so schlimm, angenehm wenig rot-goldene China-Deko, dafür an der Stirnwand ein riesiger Bildschirm, auf dem sich ständig grell farbig gekleidete Sänger und Tänzer auf grell farbigen Bühnen bewegen. Der Ton ist zum Glück nicht so grell eingestellt.

Schlichte dunkle Holztische, ein Teil des Raumes ist mit großen Tischen bestückt, an denen oft fröhlich gefeiert wird. Auf der Dachterrasse, mit Blick auf ein begrüntes Dach und die umgebenden Bürogebäude lässt es sich bei gutem Wetter gemütlich speisen. Ab der Dämmerung segeln hin und wieder Fledermäuse vorbei. Am großen Grill an der Hauswand wird für das chinesische Barbecue gebrutzelt.

Das Long hat nur nach dem ersten Eindruck den Charme eines Bahnhofrestaurants: Inhaberin Hui Song begrüßt die Gäste ebenso freundlich wie ihr engagiertes Personal.
Das Long hat nur nach dem ersten Eindruck den Charme eines Bahnhofrestaurants: Inhaberin Hui Song begrüßt die Gäste ebenso freundlich wie ihr engagiertes Personal. (Foto: Catherina Hess)

Die 24 auf der Barbecue-Karte aufgeführten Posten sind zwar auch auf Deutsch zu lesen, wie sich dann alles zusammenstellen lässt und welche Bestandteile die vorgeschlagenen Menüs zu Preisen zwischen 32,90 und 117,90 Euro enthalten, dürfte jedoch für die meisten europäischen Gäste eine gewisse Herausforderung sein, blicken sie doch eher ratlos auf die chinesischen Schriftzeichen.

Da hilft dann Minghai, ihr Name erscheint jedenfalls auf den Rechnungsbelegen, eine junge Chinesin, die gut Deutsch spricht. Sie ist die Seele der Gästebetreuung, gescheit, witzig, aufmerksam. Die Speisekarten sind etwas verwirrend, eine Mischung aus Deutsch und Chinesisch und Bilderbuch. Letzteres ist sehr wichtig, weil es in Schrift und Bild einigermaßen klarmacht, was einen auf den Tellern und Schalen erwartet.

Barbecue-Meister Xiangsen Yu hat alle Hände voll zu tun.
Barbecue-Meister Xiangsen Yu hat alle Hände voll zu tun. (Foto: Catherina Hess)

Viele der Gerichte erwecken für unsereinen eher ein Gruseln, denn Appetit, wie beispielsweise Rindersehne, Fette Kuh, scharf angebratener Schweinedickdarm, scharfes Entenblut auf Gemüse. Bei aller Neugierde waren unserer Runde diese für den Anfang doch zu fremd. Man griff aber mutig zu Schweineohren als eine der Vorspeisen. In dünne Streifen geschnitten, scharf gewürzt und mit Gurkenstreifen vermengt waren sie ebenso eine positive Überraschung wie der gewürzte Schweinefuß (beide 11,90). Zum Abnagen der Pfote wurde ein Plastikhandschuh gereicht, zu klein für bayerische Pratzen. Das Rindfleisch mit Zunge in scharfer, sehr scharfer Spezialsoße war im Gegensatz zur Zunge leider etwas zäh (15,90). Wer es weniger exotisch liebt, ist mit der Peking Suppe gut bedient (3,90). Die Lammspieße (Stück 1,50) vom Grill zeigten, dass Fett beim Lamm köstlich schmecken kann, wenn ist richtig gegrillt und bestens gewürzt ist.

Zu den Hauptspeisen: Das Fischfilet mit Gemüse entpuppte sich als scharf gewürzter, duftender Suppentopf, gefüllt mit köstlichem Gemüse und Fischstücken, und weckte auch beim müden Esser alle Lebensgeister (24,90). Da können sich Vegetarier freuen, die auch neben den Suppen eine gute Auswahl haben.

Der Klassiker: gebratene Bananen
Der Klassiker: gebratene Bananen (Foto: Catherina Hess)

Wieder zum Fleischlichen: An der Ente Sechuan-Art mit röscher Kruste auf gemischtem Gemüse gab es nichts zu mäkeln (17,90). Ebenfalls von Sechuan-Art, aber ohne Gemüse, war das Hühnerfleisch mit Chili, knusprig frittiert, auch die Chilis, fast ermordet von einer übermäßigen Portion Salz (17,90). Da konnte auch das gute Flötzinger Bier vom Fass nicht mehr helfen (Halbe Helles 4,90). Dem gewürfelten Huhn mit Erdnüssen Kung-Pao-Art war dies erspart geblieben, und so verdiente es rundherum Lob (17,90). Auch der rot geschmorte Schweinebauch schmeckte vorzüglich, war ganz ohne Begleitung und mit 19,90 Euro doch etwas teuer.

„Entdecken Sie die beste chinesische Küche in München und Umgebung.“ … „Tauchen Sie ein in die Aromen des Chinesischen BBQ und lassen Sie sich von traditionellen und innovativen Gerichten begeistern“, so lobt sich das Long etwas sehr vollmundig. Ob es die beste Küche bietet, kann man bezweifeln, aber mit Sicherheit eine der interessantesten.

Und interessant ist auch der dicke, große Wirtshund, der von Groß und Klein gestreichelt werden mag und trotz seiner Behäbigkeit sehr rasch reagiert, sollte von einem Tisch in seiner Reichweite etwas auf den Boden fallen.

Restaurant Long, 82152 Planegg, Lochhamer Straße 31 a, Telefon: 0170/2444883, Öffnungszeiten: Sonntag bis Samstag 11.30 bis 15 Uhr und 17.30 bis 23 Uhr, www.restaurant-long.de

Die SZ-Kostprobe

Die Restaurant-Kritik „Kostprobe“ der Süddeutschen Zeitung hat eine lange Tradition: Seit 1975 erscheint sie wöchentlich im Lokalteil, seit einigen Jahren auch Online. Etwa ein Dutzend kulinarisch bewanderter Redakteurinnen und Redakteure aus sämtlichen Ressorts – von München, Wissen bis zur Politik – schreiben im Wechsel über die Gastronomie in der Stadt. Die Auswahl ist unendlich, die bayerische Wirtschaft kommt genauso dran wie das griechische Fischlokal, die amerikanische Fast-Food-Kette, der besondere Bratwurststand oder das mit Sternen dekorierte Gourmetlokal. Das Besondere an der SZ-Kostprobe: Die Autorinnen und Autoren schreiben unter Pseudonym, oft ist dies kulinarisch angehaucht. Sie gehen unerkannt etwa zwei- bis dreimal in das zu testende Lokal, je nachdem wie lange das von der Redaktion vorgegebene Budget reicht. Eiserne Grundregeln: hundert Tage Schonfrist, bis sich die Küche eines neuen Lokals eingearbeitet hat. Und: sich nie bei der Arbeit als Restaurantkritiker erwischen lassen – um unbefangen Speis und Trank, Service und Atmosphäre beschreiben zu können.

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