Chanukka:Sieg über die Finsternis

Bei einem Abend der Nachbarschaftshilfe für deutsche und ausländische Familien feiern Angehörige verschiedener Konfessionen in Giesing das jüdische Lichterfest Chanukka

Von Jana Heigl, Giesing

Chanukka-Abend in der Giesinger Philippuskirche, Chiemgaustraße 7, Gemeindesaal

Im Mittelpunkt: Der neunarmige Leuchter symbolisiert den Sieg des Guten über das Böse.

(Foto: Florian Peljak)

Die Finger glänzen fettig, als sich die Griechin Sula Zamani ein in Öl gebackenes Sufganijot - jüdisches Krapfengebäck zu Chanukka - in den Mund schiebt. Der Raum ist vom zufriedenen Schmatzen vieler Münder erfüllt; darüber wabert der Duft von Mandarinen und Tannenzweigen. Wenn nicht der typische neunarmige, silberne Leuchter mit den bunten Kerzen auf dem langen Tisch thronen würde - man könnte fast meinen, es wäre schon Weihnachten.

Gitarrenklänge mischen sich unter das sonore Stimmengewirr. Andrea Pancur stimmt ein jiddisches Kinderlied an. "Oh Dreidel, oh Dreidel" singt sie - und alle stimmen ein, versuchen sich an den unvertrauten Lauten. Der Dreidel ist ein jüdisches Kinderspielzeug, ein Kreisel, der nur zu Chanukka gedreht wird. "Der Obergiesinger Chor macht sich gut", stellt Pancur begeistert fest. Dass so viele mitmachen, hatte sie nicht erwartet.

Chanukka-Abend in der Giesinger Philippuskirche, Chiemgaustraße 7, Gemeindesaal

Angehörige verschiedener Konfessionen feiern das jüdische Licherfest Chanukka.

(Foto: Florian Peljak)

Pancur beschäftigt sich schon seit ihrer Jugend mit jiddischer Musik, das ist bald dreißig Jahre her. Dabei ist sie nicht einmal religiös: "Es hat mit meiner eigenen Wurzelsuche zu tun", erklärt die Sängerin, deren Familie aus Slowenien stammt. Sie mag die warme Atmosphäre von Chanukka. Das jüdische Lichterfest macht die dunkle Jahreszeit für sie ein bisschen heller, bringt die Familie zusammen.

An diesem Abend erzählt sie inbrünstig die Geschichte des Chanukka-Festes: Wie ein "kleiner Haufen Widerständler" - die Makkabäer - den jüdischen Tempel in Jerusalem von der Besatzung der Seleukiden befreiten. Wie sie gerade einmal so viel Öl auftreiben konnten, dass die Menora-Flamme einen Tag brennen konnte. Und dann: das Chanukka-Wunder. Der Leuchter brannte acht ganze Tage, so lange, bis endlich Nachschub kam.

Chanukka-Abend in der Giesinger Philippuskirche, Chiemgaustraße 7, Gemeindesaal

Gebäck gibt es auf der Feier reichlich.

(Foto: Florian Peljak)

Bis heute stellt man den Leuchter ans Fenster, um Passanten zu zeigen: Licht verdrängt die Dunkelheit, das Gute siegt. Kathrin Neumann von der Nachbarschaftshilfe für deutsche und ausländische Familien hat den Abend organisiert. Ihr Ziel ist es, die vielen alltäglichen Gemeinsamkeiten zwischen Judentum und Christentum aufzuzeigen. Sie liest Chanukka-Geschichten vor, teilt Blätter aus, auf denen Anleitungen für Dreidel-Pralinen stehen. "Ich will die Seele des Lichterfests vermitteln", sagt sie. Bald glänzen die Augen der Obergiesinger genauso wie ihre vom Öl triefenden Finger. Sie spielen mit dem Dreidel, tauschen sich begeistert über die vielen Gemeinsamkeiten aus. An diesem Abend sind alle da: Christen, Juden, Buddhisten und Griechisch-Orthodoxe. Der Umgang miteinander ist herzlich, familiär. "Alle sollen im Moment in der Sache zuhause sein", so stellt sich Kathrin Neumann den perfekten Chanukka-Abend vor. Und als die vierzig Besucher gemeinsam über die Vorstellung von frittierten Vanillekipferln lachen, hat sie ihr Ziel vielleicht sogar erreicht. Besonders, wenn die Dame neben Sula Zamani blitzschnell die Hand hebt, als es einen übriggebliebenen Sufganijot gibt.

Das jüdische Chanukka wird in diesem Jahr vom 13. Dezember bis zum 20. Dezember gefeiert. Es beginnt immer am 25. Tag des jüdischen Monats Kislew und erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem nach dem Sieg über die Dynastie der Seleukiden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: