Früher hätte man den Künstlernamen Carlo Karacho vielleicht darauf reduziert, dass er klingt, wie ein Charakter in der Bibi-Blocksberg-Welt (Karla Kolumna würde dann diesen Text schreiben). Doch in Zeiten, in denen Begriffe wie „Doppel-Wumms“ politisch kommuniziert werden, ist Carlo Karacho ein absolut seriöser Name für einen fröhlichen jungen Mann, der Musik im Internet veröffentlicht.
Der in Berlin ansässige Produzent und DJ macht elektronische Musik mit deutschen Texten. Sowohl die Beats als auch die Texte sind verspielt und erinnern in ihrer Machart an Songs, wie sie in den Achtzigerjahren zu Hochzeiten der Neuen Deutschen Welle (NDW) veröffentlicht wurden. Etwa durch überbetonte, verschieden intonierte Wiederholung von Worten, paradigmatisch dafür ist eines seiner neueren Stücke „Starkes Mädchen“, das er selbst bei Soundcloud als „NDW Reggae“ verschlagwortet hat.
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„Man, man, man, man, man, du nimmst mich auf den Arm, starkes Mädchen, ich lieg’ gern in dein’ Arm“ „Lalalala, ich wär gern so stark wie du, du, du, mein Mädchen“, singt er. Das erinnert von der Machart und der Attitüde an Trio. Während die zugänglicheren Stücke die NDW-Welle reiten, erinnern experimentellere wie „Tafelangst, Eckenangst“ an die Gaga-Songs der Performance-Gruppe HGichT aus Hamburg, die seit ihrer Gründung mit ihren sinnhaft sinnbefreiten Texten die deutsche Musiklandschaft von unten irritieren.
Carlo Karacho bleibt bei den lustigen (neudeutsch: gagigen) Elementen, wie der mädchenhaften Computer-Stimme zu Beginn des Tracks „Lula“, die fragt, ob eine Erinnerung wirklich unwiderruflich gelöscht und eine neue generiert werden solle. Daraufhin folgt die Erzählung einer Jugendliebe, die klassische Motive solcher Coming-of-Age persifliert („Weißt du noch, als wir uns vor dem Sägewerk trafen / wir tranken von selbstgebranntem Birnenschnaps meines Vaters?“) und mit popkulturellen Referenzen spielt („Der erste Schnitt ist der Tiefste“ statt „The first cut is the deepest“).

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So variiert er Kennedys überstrapaziertes „Ich bin ein Berliner“ im Tachykardie-Song „Ich bin ein Zugezogener“, in dem er als Wahl-Berliner alle möglichen Klischees durchexerziert: „Kunst und Ketamin, das ist mein Berlin“, inklusiver sämtlicher „zugezogen“-Wortspiele. In Videos zu Live-Auftritten sieht man den Musiker fröhlich zu seinen Tracks hüpfen, die auch wunderbar als Soundtracks zu Retro-Videospielen funktionieren würden und freundliche Ansagen zu den Songs machen. Vertreten wird er von derselben Agentur wie Fuffifufzich, dem Senkrechtstarter des deutschen Avantgarde-Pop. Wenn er so weitermacht, fährt Carlo mit Karacho nach oben.
Carlo Karacho, Freitag, 15. November, Rote Sonne, www.rote-sonne.com