Süddeutsche Zeitung

Caracol-Protest:Aktivisten besetzen Kegelhofmühle

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Sie protestieren gegen den Leerstand von Hunderten Wohnungen. Jetzt haben El Caracol-Aktivisten die Kegelhofmühle am Auer Mühlbach besetzt. Doch das städtische Wohnbauunternehmen GWG hat für das Anwesen eigene Pläne.

Von Bernd Kastner

Etwa ein Dutzend Aktivisten des Wohnprojekts "El Caracol" haben am Freitag die Kegelhofmühle am Auer Mühlbach besetzt. Das Ensemble gehört der Stadt, es steht derzeit leer. Das städtische Wohnbauunternehmen GWG will Teile der historischen ehemaligen Mühle abreißen und 18 Millionen Euro in Neubau und Sanierung investieren.

Am Abend riefen GWG-Vertreter die Polizei, die die El Caracol-Aktivisten und ihre Unterstützer zum Verlassen des Hofes des Anwesens aufforderte. Daraufhin setzten diese ihren Protest vor dem Gebäude - zunächst als eine Art Party - fort.

Die GWG wollte sich am Freitag nicht zu der Besetzung äußern. "Selbststimmtes Wohnen statt Leerstand" steht am Freitagnachmittag auf einem der Transparente an der Kegelhof-Fassade, und: "Die Stadt gehört allen. Wir bleiben unkalkulierbar und unplanbar."

"El Caracol" fühlt sich von der Stadt nicht ernst genommen

Die Gruppe "El Caracol" protestiert nicht nur gegen den Leerstand von Hunderten städtischen und privaten Wohnungen. Verärgert sind die Aktivisten auch, weil sie sich von der Stadt nicht ernst genommen und unterstützt fühlen.

Die 20 Erwachsenen und fünf Kinder sind auf der Suche nach einem Haus, um ein selbstverwaltetes Wohnprojekt einzurichten mit dauerhaft niedrigen Mieten. Gerne würden sie eines der zahlreichen teilweise oder ganz leer stehenden städtischen Häuser übernehmen, nicht geschenkt und ohne Extrawurst. Während im Wahlkampf diverse Spitzenpolitiker Sympathie für die Idee bekundeten, sei nach der Wahl ein Gespräch im Wohnungsamt im Sande verlaufen.

Damit will sich El Caracol - Spanisch für "Die Schnecke" - nicht abfinden. Die Gruppe will ihre Aktion als Runden Tisch verstanden wissen, um mit Nachbarn, Stadtteilinitiativen, Politikern und Verwaltungsmitarbeitern zu diskutieren, wie sich bezahlbare, alternative Wohnformen realisieren lassen. "Stadtplanung von unten" nennt ein El Caracol-Sprecher das.

Die Gruppe will mit dem Mietshäusersyndikat kooperieren, das bundesweit bereits 80 Wohnprojekte verwirklicht hat. In ihnen entscheiden die Bewohner selbst, wann sie was für wie viel Geld in ihrem Haus herrichten.

Die Stadt plant im Kegelhof seniorengerechte Wohnungen

In München gibt es bislang erst ein solches Projekt, in der Ligsalzstraße 8. Zum Konzept gehört, offen zu sein für die Nachbarschaft und Raum für kulturelle und soziale Initiativen zu bieten. Passend dazu planen die Besetzer fürs Wochenende ein Kulturprogramm, nach der Räumung wohl vor dem Kegelhof.

Im Herbst will die GWG dort zu bauen beginnen, es sollen unter anderem seniorengerechte Wohnungen entstehen. Dass die Stadt an diesen Plänen etwas ändert, dürfte unwahrscheinlich sein.

Die Aktivisten haben das idyllisch am Auer Mühlbach gelegene Ensemble aus symbolischen Gründen für ihren Protest ausgewählt, um die Stadt in die Pflicht zu nehmen: "Die Schaffung von Wohnraum für alle Menschen ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die nicht von Investmentfirmen oder Anlagefonds gelöst werden kann", erklären die Aktivisten.

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Quelle:
SZ vom 19.07.2014
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