CaféDotKom in der Brienner Straße:„Die Konkurrenz findet ja nicht auf dem Teller statt“

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Das Führungs-Team Kristin Arnhold und Vincent Fricke (Mitte) kümmert sich um einen Kunden des CaféDotKom. (Foto: Robert Haas)

Im CaféDotKom geht es um mehr als köstliches Essen. Kultur und Austausch gehören zum Erlebnis dazu. Könnte das ein Zukunftsmodell für die strauchelnde Gastronomie sein?

Von Sarah Maderer

Als Vincent Fricke vor gut einem Jahr das Angebot bekam, ein Tagescafé in den „Design Offices“ in der Brienner Straße zu eröffnen, reagierte er alles andere als begeistert. Er ist gelernter Koch und hat in der Münchner Gastronomie viele Betriebe gesehen. Die Hektik und den Druck, den er dort erfahren hat, wollte er nie wieder im Alltag haben. Deshalb gründete er vor zehn Jahren seine eigene Catering-Firma „Bairisch Stew“, die heute bis zu 1000 Essen am Tag ausliefert.

Doch das Angebot war zu gut zum Ausschlagen. Ein Café mit Mittagstisch sollte es sein, das stellte die Geschäftsführung der „Design Offices“ als einzige Bedingung auf. Bei allem anderen ließ sie Fricke freie Hand. Er erkannte darin die Gelegenheit, Gastronomie nach seinen Vorstellungen neu zu denken: Das CaféDotKom war geboren (das „K“ im „Kom“ ist kein Tippfehler, es steht für „Kommunikation“ – dazu gleich mehr).

Fricke hat im ersten Betriebsjahr seine Versprechen eingelöst. Jede Woche bietet er fünf verschiedene Lunch-Gerichte an, damit seine Gäste in jeder Mittagspause etwas Neues probieren können. „Vincent hasst es, immer das Gleiche zu kochen“, sagt seine Geschäftspartnerin und Lebensgefährtin Kristin Arnhold. Diese Woche standen etwa Wintersalat mit Ziegenkäse, Maronen und Birnen sowie Fleischbällchen vom Bio-Rind mit Gemüse-Bulgur und Joghurt auf dem Speiseplan. Alle Gerichte werden in der Produktionsküche von „Bairisch Stew“ am Ostbahnhof täglich frisch gekocht und von dort zum Café geliefert.

Zum einen kann Fricke das CaféDotKom als Plattform dafür nutzen, sein Verständnis von guter Küche mit anderen zu teilen. Der prämierte Kochbuchautor arbeitet in seinem bio-zertifizierten Catering-Betrieb eng mit seinen Produzenten zusammen, verwertet vorwiegend tierische Produkte ganzheitlich und erzeugt Geschmack durch die hohe Qualität der Zutaten statt durch Gewürze. Die Jus zu seinem auf der Haut gebratenen Huhn wird beispielsweise durch die eingekochte Karkasse des Tieres kräftig. Dazu serviert er ein Möhrenpüree so intensiv in Geschmack und Farbe, dass mit ein bisschen Salz alles gesagt ist.

Was noch so serviert wird im CaféDotKom:  Pumpernickel mit Rührei, gebeiztem Saibling, Ringelbeere und Kresse. (Foto: Robert Haas)

Mit einem festen Restaurant lassen sich nun auch Dinner-Events leichter umsetzen. Früher mussten Fricke und Arnhold für ihren „Supper-Club“ immer auf Location-Suche gehen und ihr Equipment von A nach B schleppen. Das Dinner-Pop-up „No Meat – No Future“, bei dem sich alles um bewussten Fleischkonsum dreht und zu dem es auch einen Podcast geben wird, kann jetzt bequem im CaféDotKom stattfinden. An vier Abenden Ende Februar serviert Fricke sechs Gänge, dazwischen werden die Zutaten und ihre Produzenten vorgestellt, darunter Landwirte, eine Jägerin und ein Fischer aus Hamburg.

Das CaféDotKom ist in der Brienner Straße zu finden, nahe dem Königsplatz. (Foto: Robert Haas/Robert Haas)

Im Café können Künstler ihre Arbeiten präsentieren

Vom gastronomischen Angebot abgesehen sollte das CaféDotKom aber vor allem ein Raum werden, „wo man über alles und mit jedem sprechen kann“, sagt Fricke. Als Kommunikationsmittel dient unter anderem die Kunst. Dank der gut vernetzten Kuratorin Katrin Zeise, studierte Kunstvermittlerin und selbst Künstlerin, kann im Café etwa alle zwei Monate eine neue Ausstellung gezeigt werden.

Kristin Arnhold wünscht sich mehr solche Orte in München, an denen sich Kunstschaffende ohne Hürden oder aufwendige Planung präsentieren können. Aktuell stellt im Café der Autor, Regisseur und Fotograf Sven Kemmler seine Arbeiten aus. Für Februar sind außerdem erstmals eine Literaturbühne (26.2.) und eine „Kiddissage“ (15.2.) geplant, ein die Ausstellung begleitender Workshop, der Kinder frühzeitig an Kunst heranführen soll.

Café, Kultur und Austausch – könnte ein Konzept wie dieses die Lösung sein? Ein Zukunftsmodell für die heutige Zeit, in der die Gastronomie so sehr strauchelt? Nein, findet Fricke. Natürlich gebe es auch Gäste, die der Kunst wegen ins Café kämen und ihm dann einen Cappuccino abkauften. Wirtschaftlich gesehen könne das aber einen Betrieb auch nicht retten.

Vielmehr will er die Menschen über Inhalte erreichen. Kommunikation müsse man heutzutage ohnehin immer mitdenken, findet Fricke, egal welches Konzept man fährt: „Die Konkurrenz findet ja nicht auf dem Teller statt, sondern in der Außenwirkung.“ Anders als viele seiner Kollegen setzt er aber nicht auf Bilder im Netz, sondern auf Bilder an der Wand – damit Bauch und Kopf gleichermaßen versorgt aus der Mittagspause gehen.

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