Café La Vespa:Zum Dessert eine Fahrt mit dem Roller

Blick in das Café La Vespa am Goetheplatz.

Jeden Tag gibt es neue Kreationen.

(Foto: Andrea Lindner)

Es riecht ein wenig nach Benzin, vor allem aber nach Pizza, Pasta und italienischem Kaffee: Im Café La Vespa von Graziano Gridelli am Beethovenplatz kann man nicht nur essen, sondern auch alte Roller fahren - und kaufen.

Von Andrea Lindner

Dieser Artikel ist leider nicht mehr aktuell, da das Lokal mittlerweile dauerhaft geschlossen ist.

Erst ein Knurren, dann ein Knattern und schon schnurrt das Vierganggetriebe der alten Vespa. Gradziano Gridelli, 48, übergibt den Roller an einen seiner Gäste und erklärt, wie er funktioniert, hier schalten, dort bremsen. Wer in seinem Café La Vespa an der Beethovenstraße vorbeischaut, der darf einen der Oldtimer auch mal probefahren.

Der Chef, das wird schnell klar, ist ein wahrer Vespa-Experte, ja, am liebsten würde er jeden Tag selbst mit seiner Vespa losbrettern. "So habe ich früher die Mädels beeindruckt", erzählt er. Sein Blick streift über eine schlanke V35, sein Lieblingsmodell. Von seinem ersten eigenen Geld hat er sie gekauft, als er 16 Jahre alt war und noch in Italien lebte. Mittlerweile lebt er seit 30 Jahren in Deutschland - und hat seinen Rollern nun ein Café gewidmet.

Auf eine Karte aus Papier wartet man als Gast hier vergeblich: Die Kellnerin kommt mit einer Schiefertafel. Darauf stehen vier Hauptgerichte, zwei Salate und zwei Desserts. Alles typisch italienisch - bis auf die Bayrisch Creme mit frischen Früchten, die diesmal zu haben ist. Die Auswahl ist nicht groß, dafür gibt es aber jeden Tag neue Kreationen.

Vespas zu verkaufen ab 750 Euro

Bis das Essen auf dem Tisch steht, sollte man sich entspannt zurücklehnen, an seiner italienischen Limonade oder seinem italienischen Wein nippen und der italienischen Musik aus dem Lautsprecher lauschen. An den Wänden hängen Vespa-Bilder, in den Regalen stehen Vespa-Modelle.

Als Vorspeise ordern wir den Radicchio- und Romanasalat mit frischen Steinpilzen für 7,90 Euro. Der Salat sieht ansprechend aus, leider gibt es dazu nur etwas Öl und Essig. Und auch sonst ist der Salat eher Standard, verziert nur mit ein paar Tomaten. Er schmeckt trotzdem, das macht Lust auf den Hauptgang.

Den bringt die Kellnerin auch sofort - noch ehe der Salat aufgegessen ist. Wir bestellen die Fusilli mit Kalbsragout und Kartoffeln für 8,50 Euro sowie die Spezialität des Hauses: Tagliolini La Vespa (mit Kalbsfleisch und Tomatensoße) für 8,90 Euro. Die Kombination aus Nudeln und Kartoffeln mag gewöhnungsbedürftig erscheinen, satt macht sie auf jeden Fall. Schade fanden wir, dass die Tagiolini etwas zu al dente geraten sind: Das zarte Kalbsfleisch in der Cognac-Tomaten-Sahne-Soße lassen einen dafür von einem Urlaub in einer italienischen Kleinstadt träumen.

Ein Blick nach draußen: Vor dem Café stehen viele bunte Vespas, eine neben der anderen, ordentlich aufgereiht. Über hundert Stück hat Gridelli in den vergangenen Jahren angesammelt. Jetzt verkauft er sie - im Café. Ab 750 Euro sind die günstigsten Modelle zu haben. Es gibt große, kleine, bunte, goldene Vespas - und wenn sie alle weg sind, hat Gridelli Nachschub in Italien stehen. Nur einen Rollen, den verkauft er nicht: "Von meiner alten V35 werde ich mich wohl nie trennen", sagt er. "Ich habe sie jetzt im Keller versteckt, weil sehr viele Kunden nachgefragt haben."

Wer im La Vespa mittags essen will, der sollte besser reservieren. Die 40 Plätze sind schnell belegt, weil die Anwälte und Angestellte der umliegenden Arztpraxen sowie einige Schüler das Café für sich entdeckt haben. Vielleicht, weil es jeden Tag eine neue Speisekarte gibt. Oder weil der Chef selbst in der Küche steht. Wobei Küche vielleicht das falsche Wort ist. Es ist eher eine Küchenzeile, die durch die Bar vom Gastraum abgetrennt ist. So strömen auch die Düfte aus den Töpfen und dem Ofen zum Gast, noch bevor ein Teller vor ihm steht.

Das Café ist vor allem für Vespa-Fans ein wahres Paradies: fachsimpeln, ein paar Runden mit dem Roller drehen, sich mit anderen Experten austauschen und danach eine Pizza ordern - oder einen echten italienischen Espresso. Dann noch eine selbstgemachte Himbeerschnitte und die kleinen Patzer bei Salat und Nudeln sind vergessen. Strahlt einen der Chef dann auch noch an und ruft einem ein typisch italienisches "Ciao Bella!" nach, möchte man bald wiederkommen.

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