Café & Cocktailbar Maxvorstadt "Café Jasmin":Diplomatie auf dem Plüschsofa

Café & Cocktailbar Maxvorstadt "Café Jasmin": Einst galt das Café Jasmin als In-Lokal für die feine Gesellschaft. Die Einrichtung aus den 50ern gibt es noch, das Publikum ist mit den neuen Besitzern deutlich jünger geworden.

Einst galt das Café Jasmin als In-Lokal für die feine Gesellschaft. Die Einrichtung aus den 50ern gibt es noch, das Publikum ist mit den neuen Besitzern deutlich jünger geworden.

(Foto: Foto: Hess)

Rüschengardinen, Goldtapete, Britpop: Das Café Jasmin strahlt seit fast 60 Jahren vor wirtschaftswunderbarer Behaglichkeit - und hat doch einige Schritte in Richtung Szene gemacht.

Anna Fischhaber

Dieser Text ist leider veraltet, das Café gibt es inzwischen nicht mehr.

Ein wenig ist die goldverzierte Tür wie ein Tor in eine längst vergessene Vergangenheit. Wer das Café Jasmin in der Maxvorstadt betritt, taucht in eine Welt wirtschaftswunderbarer Behaglichkeit ein: Die Tapete leuchtet in sattem Gold, die Plüschmöbel sind mit grünem Samt bezogen, die Bar ist mit cremefarbenen Leder gepolstert. In den fünfziger Jahren servierten hier Kellner mit Smoking und Servierwagen der gehobenen Gesellschaft ihre Drinks. Heute versuchen gehetzte Großstädter hinter den Rüschengardinen für ein paar Stunden den Strapazen der Finanzkrise zu entgehen.

Die Geschichte des Jasmin beginnt 1948 in einem Flachenbau neben dem Künstlerhaus am Lenbachplatz. Dort eröffnete Irmin Bunjes nach dem Krieg ein Café, das zugleich Münchens einziges Tonstudio war - Eiskunstläufer pressten die Platten für ihre Kür, US-Offiziere besprachen Scheiben für die Familien.

Orson Welles und Julio Iglesias kamen gerne ins Jasmin

Nach dem Abriss zog man in die Augustenstraße um. Aus Amerika ließ man die Goldtapete mit dem Lustschlösschen importieren, die Kronleuchter mit den Blumenranken wurden eigens für das Café designt. Bald avancierte das Jasmin zum In-Lokal für die feine Gesellschaft. Abends spielte eine Kapelle zum Tanzvergnügen auf. Orson Welles soll oft hier gewesen sein und Julio Iglesias.

Heute erinnert nur noch ein Foto an der Wand an Irmin Bunjes, die bis vor wenigen Jahren mit Mitte 80 noch Tag für Tag hinter der Theke stand. Um sie herum hat sich bis auf die moderne Espressomaschine dagegen kaum etwas verändert. Dennoch will der Ausdruck Oma-Café zum Jasmin nicht mehr recht passen. Aus den Boxen tönt Britpop, von Muffigkeit herrscht keine Spur.

Seit die Besitzer gewechselt haben, belebt wieder ein junges Publikum das nostalgische Flair. Studenten mischen sich unter die Geschäftsleute, zwei Mädchen bestellen eine heiße Schokolade nach der anderen. Die einzig ältere Dame, die auf einem der Plüschsofas Platz genommen hat, starrt konzentriert in ihren Laptop.

Wellness-Frühstück statt Toast Hawaii

Der Stil der fünfziger Jahre kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die neuen Betreiber einige Schritte in Richtung Szene unternommen, wie auch ein Blick auf die Speisekarte zeigt: Strammer Max und Toast Hawaii mussten Glasnudelsalat und Wellness-Frühstück weichen.

Immerhin gibt es noch den legendären Kaffee Diplomat mit Sahne und Eierlikör, allerdings hat er Konkurrenz von flavored Latte Macchiato und Biowein aus Italien bekommen. Die Kuchen und Torten in der Theke strotzen dagegen immer noch vor Kalorien. Ein Pluspunkt ist, dass man sie im Sommer jetzt auch draußen verzehren kann.

Auch die Bedienungen sind jünger und hipper geworden. Vom Müßiggang, den die dekadente Einrichtung ausstrahlt, lassen sie sich dennoch gerne anstecken - Geduld kann im Jasmin deshalb nicht schaden. Aber irgendwie gehört die zu einem solchen Café ja auch dazu, vor allem wenn man hier eine Reise in die Vergangenheit antreten will. Denn in den lindgrünen Polstermöbeln, die sich angeblich beruhigend auf die Nerven überreizter Großstadtbewohner auswirken sollen, lässt sich auch in diesen harten Zeiten noch immer wunderbar in den Tag hinein träumen. Als Trostpflaster steht etwa der Cocktail "König Kurt" hoch im Kurs.

Wer dabei ein Deja-Vue-Erlebnis hat, liegt zumindest nicht ganz falsch: Das Café Jasmin diente bereits einige Male als Filmkulisse - etwa für den Tatort. Und vielleicht hat die eigene Oma einst bei einem Eierlikör dem Opa hier tief in die Augen geschaut.

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