Süddeutsche Zeitung

Bußgeldbescheide gegen Großmetzgerei:Hygienemängel bei Vinzenzmurr

Mangelnde Hygiene bei der Münchner Großmetzgerei: Das Kreisverwaltungsreferat erlässt 29 Bußgeldbescheide gegen Verantwortliche von Vinzenzmurr. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Sanktionen, äußert sich aber nicht öffentlich zu den Vorwürfen.

Bernd Kastner

Wegen mangelnder Hygiene in mehreren Filialen hat die Stadt München gegen 29 Verantwortliche der Großmetzgerei Vinzenzmurr Bußgeldbescheide erlassen. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) teilte auf Nachfrage der Süddeutschen Zeitung mit, dass sich die verhängten Bußgelder zwischen 100 und 4800 Euro bewegten, je nach Schwere der Verstöße.

Noch ist aber nicht sicher, ob Vinzenzmurr tatsächlich zahlen muss, denn rechtskräftig sind die Bescheide noch nicht: Laut KVR hätten die Verantwortlichen bei Vinzenzmurr die Vorwürfe während des langwierigen Verfahrens "weitgehend bestritten", die Bescheide können nun juristisch durch einen Einspruch angefochten werden. Dann müsste das Amtsgericht entscheiden. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe äußerte sich am Montag niemand aus der Vinzenzmurr-Geschäftsleitung zu den Vorwürfen.

Das umfangreiche Ordnungswidrigkeitsverfahren geht zurück auf eine Kontrolle der städtischen Lebensmittelüberwachung in zwei Dutzend Münchner Filialen und der Firmenzentrale am 30. März 2011. Nach SZ-Informationen war zuvor beim KVR ein Hinweis auf lebensmittelrechtliche Verstöße in der Großmetzgerei eingegangen.

Von den kontrollierten Lebensmitteln sei laut KVR jedoch weder eine Gesundheitsgefahr ausgegangen, noch seien Waren, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind, in den Umlauf gebracht worden. Details, welche Hygienemängel die Prüfer festgestellt haben, wollte das KVR nicht nennen. Die neue Transparenz-Regelung, wonach derartige Verstöße im Internet veröffentlicht werden, gilt erst für Fälle, die von diesem Monat an entdeckt werden.

Zahlen sollen die Bußgelder 29 Filial- und Bezirksleiter. Während den Filialchefs die Hygienemängel angelastet werden, sehen sich die übergeordneten Bezirksleiter dem Vorwurf ausgesetzt, ihre Aufsichtspflicht verletzt zu haben. Die geforderten Bußgelder bewegen sich im unteren bis mittleren Bereich der möglichen Sanktionen. Noch am Laufen sind Bußgeldverfahren gegen die vier Geschäftsführer der Großmetzgerei; auch bei ihnen steht die Verletzung der Aufsichtspflicht im Raum.

Nach SZ-Informationen dauerte das juristisch komplexe Verfahren mit knapp eineinhalb Jahren auch deshalb so lange, weil sich Vinzenzmurr über seine Anwälte heftig gegen die Vorwürfe und die drohenden Bußgelder wehrte. Nach den Kontrollen Ende März 2011 hatte die Geschäftsleitung erklärt: "Es trifft nicht zu, dass bei Vinzenzmurr Wurstreste systematisch unsachgemäß weiterverarbeitet werden."

Vinzenzmurr ist die mit Abstand größte Münchner Metzgerei. Allein im Stadtgebiet betreibt das Familienunternehmen mehr als hundert Filialen, außerhalb Münchens sind es nochmals mehr als 170, vor allem in Südbayern, so dass Vinzenzmurr auch bundesweit zu den Branchengrößen gehört. Gegründet wurde die Firma 1902 vom Metzgermeister Vinzenz Murr, das erste Geschäft befand sich in der Schellingstraße in der Maxvorstadt.

Heute wird die Großmetzgerei geführt von Evi Brandl, der Enkelin des Gründers, zwei Urenkeln, sowie einem vierten Geschäftsführer. Die Zentrale befindet sich seit 1970 in der Hofmannstraße in Obersendling. 2010 wurde der Betrieb mit dem Bundesehrenpreis des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ausgezeichnet, für "Qualität und Leistung", wie das Unternehmen auf seiner Internetseite betont.

Dort schreibt Firmenchef Alexander Brandl: "Qualität beginnt bei uns bei den Landwirten, geht über die tägliche Schlachtung und tägliche Verarbeitung in der eigenen Metzgerei bis hin zum Verkauf in den eigenen Fachgeschäften."

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Quelle:
SZ vom 11.09.2012/wib
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