Burger-Kochkurse:Mehr als Fleisch in einer Semmel

Selbstgeschnitzte Pommes, handgeformte Burgersemmeln - für einen perfekten Burger braucht es weit mehr als ein rundes Stück Hackfleisch und Ketchup aus der Tube. Wie man einen schmackhaften Burger kreiert, kann man jetzt in Münchner Kochkursen lernen.

Von Melanie Staudinger

Eine unbedachte Handbewegung, ein kurzes Stöhnen, ein lauter Knall: Und schon liegt der Topf mit dem frisch gekochten Ketchup zwei Stockwerke tiefer im Gras. Wie genau das geschehen konnte, lässt sich im Nachhinein nicht mehr rekonstruieren. Petra Casparek zuckt nur mit den Schultern. "Passiert ist passiert", sagt die Kochlehrerin und telefoniert mit dem Hausmeister der Schule in der Freimanner Keilberthstraße. Am Montag, wenn die Schüler kommen, soll der klebrige Fleck verschwunden sein.

Casparek gibt seit 2001 Kochkurse an der Münchner Volkshochschule (VHS) - die Kochbuchautorin hatte damals nur Rezepte entwickelt, wollte diese aber auch mit anderen Menschen ausprobieren. "Das mit dem Ketchup war schon ein Highlight meiner Karriere", sagt sie. Pannen passierten aber immer wieder. Manager einer großen Autofirma hätten beispielsweise einmal vor lauter Plaudern Salzwasser auf einen Kuchen geschüttet statt des vorgesehenen Sirups. Casparek bleibt gelassen: Ihre Kurse sollen schließlich Spaß machen und keine autokratisch organisierten Akademien sein.

An diesem Sonntag steht auch sie vor einer neuen Herausforderung. "Hamburger, Hotdogs und Pommes - Fast Food mit Muße" heißt das ganztägige Seminar, das Casparek zum ersten Mal anbietet. Eigentlich verspricht der Titel keine großartigen Kochaktionen. Burger sind ja schnell zubereitet, könnte man meinen. Hackfleisch formen, in rundem, nicht zu aufgeblähtem Zustand in die Pfanne knallen, braten. Gekaufte Brötchen aufschneiden, Senf und Ketchup drauf, dazu ein bisschen Salat, mit dem Patty, also der Fleischscheibe, befüllen. Fertig.

Burger sind längst zur gesellschaftsfähigen Speise geworden

Doch so einfach geht das heute nicht mehr. Burger sind längst zur gesellschaftsfähigen Speise geworden und haben nichts mehr gemein mit den wabbeligen Semmeln, belegt mit fettigen Fleischpflanzerln und matschigem Salat, die man aus ihren Anfangsjahren kennt. In München eröffnet ein Burgerladen nach dem anderen. Deren Grillmeister drehen das Fleisch aus artgerechter Haltung frisch durch den Fleischwolf, belegen die Brötchen mit Ziegenkäse, Birnensenf oder Obatzdem und servieren für Figurbewusste die kaloriensparende Variante mit Salat statt Pommes.

Burger sind in - und so überrascht es Casparek auch wenig, dass ihr Kurs ausgebucht ist. Bei ihr müssen die 16 Teilnehmer fast alles selbst machen - vom Ketchup angefangen über die Mayonnaise, die Brötchen und den Hackfleischteig. Tüte auf und raus - das geht hier nicht.

Im laufenden Frühjahrs- und Sommersemester bietet die VHS 245 Kochkurse an. 18 davon sind reine Einsteigerseminare - zu 80 Prozent werden sie von Männern besucht. Sonst können die Teilnehmer wählen: zwischen Kochen, Backen und Schmoren, zwischen der Zubereitung von saftigen Steaks, vegetarischen Biergartenschmankerln oder veganen Alternativen zu Milchprodukten. In 32 Kursen lernen Interessierte, wie Bier, Wein und Spirituosen hergestellt und richtig verkostet werden.

In 16 Vorträgen vermitteln Experten Tipps zu Ernährung und Gesundheit. Fortgeschrittene können die Küche Thailands, Vietnams, Italiens oder eben der Vereinigten Staaten kennenlernen. Besonders beliebt sind momentan Rund-um-Angebote, also Weinvorstellungen, bei denen die Schüler auch gleich die passenden Gerichte dazu kochen. Und Backkurse. "Das kunstvolle Verzieren von Torten und das Backen von Macarons und Cupcakes sind gerade sehr in Mode", sagt Julia Bollwein, Fachgebietsleiterin für den Bereich "Kochkultur und Ernährungswissen", zu dem bei der Münchner VHS die Kochseminare zählen.

Milch für einen fluffigen Burgerteig

Zum Kurs in Freimann sind auch wegen des Backens einige der Teilnehmer gekommen. Eine Mutter und ihre erwachsene Tochter etwa, die schon in einigen VHS-Schulungen dabei waren, wollen endlich lernen, wie die Sache mit dem Hefeteig klappt. Eifrig blättern die beiden in den orangefarbenen Pappheftern, die das Programm samt Anleitung für den heutigen Tag enthalten.

Trockenhefe oder lieber die frische Variante? Teig im zuvor leicht erhitzten Ofenrohr gehen lassen oder doch lieber bei Raumtemperatur? Casparek hat gleich drei Rezepte mitgebracht: die Version für Bagels, die vorgekocht werden müssen, eine mit mehr Mehl für die massigeren Hotdog-Semmeln und die klassische Burger-Variante mit Milch für den fluffigen Teig. "Nicht in den Ofen", rät Casparek. " Und feste kneten."

Komplizierter wird es bei den Pommes. Die Stifte müssen gründlich gewaschen werden - eine eher pappige Angelegenheit. "Die Stärke muss weg", sagt Casparek. So werden die Pommes knuspriger. Dazu müssten die Kartoffeln auch frittiert werden, zwei Mal, um genau zu sein. Eine Fritteuse gibt es in der Freimanner Lehrküche allerdings nicht. Improvisation ist gefragt. Ein Topf mit heißem Öl tut es auch, wenn man aufpasst, sonst verbrennt man sich.

Ganz einig sind sich Vater und Sohn nicht

Eine Küchenzeile weiter steht ein Vater mit seinem Sohn im Teenager-Alter. Die Mutter habe sie geschickt, erzählen sie. "Sie will, dass wir mehr helfen", erklärt der Junge. Er wird heute lernen, wie man einen vegetarischen Burger aus Kichererbsen zubereitet. Ganz einig sind sich Vater und Sohn aber nicht, durch welchen Aufsatz des Drehwolfs sie die Masse nun jagen sollen - es klappt trotz der Unsicherheit.

Die Motive für Kochkurse seien sehr unterschiedlich, sagt Fachbereichsleiterin Bollwein. Ein wichtiger Antrieb sei, Kochen lernen zu wollen. Darauf lasse schließen, dass gerade die Einsteigerkurse ausgebucht seien. Es gebe aber auch Stammteilnehmer, die immer wieder zu ihren Lieblingsdozenten gingen. Um die 50 Euro kostet ein Kurs bei der Volkshochschule inklusive der Zutaten. Das ist, verglichen mit den Seminaren, die Sterneköche wie Alfons Schuhbeck ("Meine bayerische Küche, 330 Euro), Patrick Coudert ("Bella Italia - Italienischer Kochkurs in vier Gängen", 140 Euro) oder Peter Offenhäuser ("Kochen mit den Jahreszeiten", 98 Euro) anbieten, fast ein Schnäppchen.

Allerdings fehlt der Glamourfaktor. Bei VHS-Kursen steht das soziale Miteinander im Vordergrund, nicht das perfekte Ergebnis. Deshalb stört es kaum, dass das Ketchup fehlt, die Pommes nicht ganz so knusprig wurden und die Mayo ohne Ei irgendwie zu flüssig blieb. Rind- und Chickenburger, Hotdog und Veggie-Burger jedenfalls haben geschmeckt - das ist die Hauptsache.

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