Bundestagswahl:Wie München sich von der SPD abwendet

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Im Bezirk des Alt-Oberbürgermeisters Ude landet die Partei sogar nur auf Platz vier - und die FDP auf Platz eins. Das zeigen die detaillierten Ergebnisse der Bundestagswahl.

Von Dominik Hutter

Der Exot befindet sich mitten in Schwabing: schöne Gründerzeitfassaden, ein urbanes Ambiente mit Läden und Cafés, bis zur Leopoldstraße ist es nur ein Katzensprung. Hier, rund um Hohenzollern-, Friedrich- und Römerstraße liegt der Wahlbezirk 04023 - der einzige in ganz München, der bei der Bundestagswahl mehrheitlich FDP gewählt hat. Mit der Zweitstimme, auf die es bekanntlich besonders ankommt. 24,2 Prozent der Wähler haben in diesem Quartier, in dessen Nachbarschaft der frühere Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) wohnt, für die Liberalen gestimmt. Mehr als doppelt so viele wie 2013. Damals lag noch die CSU vorne, dicht gefolgt von der SPD. Nun sind die Christsozialen Zweiter, die Sozialdemokraten nur noch auf Rang vier. Bronze haben die Grünen errungen.

Was sich an diesem 24. September 2017 in München ereignet hat, war ein Erdrutsch - das belegt der Wahlatlas des Statistischen Amts ganz deutlich. Die roten Hochburgen der Innenstadt sind kräftig zusammengeschrumpft. Die Sozialdemokraten liegen nur noch in 17 der gut 600 Urnenwahlbezirke vorne, in Milbertshofen, am Harthof und im Hasenbergl, in Teilen der Messestadt Riem sowie in einigen Vierteln in Ramersdorf und Berg am Laim. Die CSU hingegen, die eigentlich ebenfalls zu den Verlierern dieser Wahl zählt, hat in mehr als 500 Wahlbezirken gewonnen.

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Bemerkenswert ist ein grüner Gürtel, der sich südlich der Altstadt von der Schwanthalerhöhe über Sendling, die Isarvorstadt und die Au nach Haidhausen zieht. In mehr als 100 Wahlbezirken, einige davon befinden sich auch in Schwabing und der Maxvorstadt, haben die Grünen die meisten Zweitstimmen eingefahren. Zusätzlich gibt es Inseln, etwa in der Studentenstadt in Freimann sowie in Laim nahe des Agricolaplatzes.

Die Hochburgen der Parteien sind nicht immer identisch mit den Wahlbezirken, in denen man Stärkster ist. Wie seit langem gilt beim Wählen: München ist nicht gleich München. Die Ergebnisse sind je nach Wohnadresse höchst unterschiedlich. Übrigens sind, je nach Einwohnerdichte, die Wahlbezirke auch unterschiedlich groß. Auffallend riesige Gebiete, etwa im Norden und Westen der Stadt, sind nicht etwa besonders wählerstark, sondern besonders dünn besiedelt. Bei der Verwaltung gilt das Ziel, für jeweils rund 1500 Wähler einen Wahlbezirk zu haben.

Bislang galt die Faustregel: Die CSU ist vor allem Richtung Stadtrand stark. Die SPD beherrscht, oft gemeinsam mit den Grünen, die Innenstadt. Inzwischen sind neue Akteure auf den Plan getreten, und die Grünen sind an der SPD vorbeigezogen.

Die Hochburgen der Öko-Partei ziehen sich rund um die Innenstadt, besonders weit reichen sie in Richtung Süden. Stärkster Wahlbezirk der Grünen ist mit 33,6 Prozent der Zweitstimmen die Nummer 05005: das Karree rund um Elsässer und Breisacher Straße in Haidhausen. Am schlechtesten haben die Grünen mit nur 4,7 Prozent rund um Aschenbrenner-, Grohmann- und Petrarcastraße im Hasenbergl abgeschnitten. Dieses Gebiet mit der Nummer 24011 zählt zu den wenigen mit SPD-Mehrheit.

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Auch die FDP ist vor allem im Stadtzentrum beliebt, die Hochburgen sind teilweise mit denen der Grünen identisch. Tendenziell wird aber vor allem in den gut situierten Quartieren nördlich und nordöstlich der Altstadt sowie in Neuhausen und Nymphenburg FDP gewählt. Liberaler Spitzenreiter ist der Herzogpark in Bogenhausen mit 29,3 Prozent Zweitstimmen. Rundum liegen weitere FDP-Hochburgen. Weniger beliebt ist die FDP rund um Lazarett-, Dachauer und Hilblestraße in Neuhausen: 4,6 Prozent, das stadtweit schlechteste Ergebnis.

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Die AfD, wie alle mittelgroßen Parteien Sieger dieser Bundestagswahl, ist vor allem da stark, wo auch die CSU stark ist: in den äußeren Stadtbezirken im Norden, Westen und Osten. Stadtweit am besten hat die AfD da abgeschnitten, wo die SPD vorne liegt und die Grünen besonders wenig gefragt sind: im Wahlbezirk 24011 im Hasenbergl. 23,9 Prozent haben dort ihr Kreuzchen bei der AfD gemacht. Dem stehen die 2,9 Prozent des Wahlbezirks 02013 entgegen: Im Glockenbachviertel zwischen Westermühl-, Klenze- und Baumstraße hält sich die Liebe zur AfD in sehr engen Grenzen.

Die CSU punktet vor allem außerhalb der Innenstadt. Spitzenreiter mit 42,5 Prozent: der Bereich Von-Erckert-, Iltisstraße in Waldtrudering. Der größte CSU-Flop mit nur 14,5 Prozent liegt auf der Schwanthalerhöhe, an der Heimeran-/Ligsalzstraße. Die SPD punktet am meisten im nördlichen Milbertshofen rund um die Schmalkaldener Straße: 29,1 Prozent. Im FDP-geprägten Herzogpark erreicht sie nur 6,8 Prozent. Die Linken sind stark, wo auch die Grünen punkten. Sie liegen zwischen 19,2 Prozent im Nordosten Haidhausens und 2,9 im westlichen Waldtrudering.

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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