Die Ergebnisse der Bundestagswahl in der Stadt:Schwarz gewinnt – auch in München

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Bei den Münchner CSU-Vertretern herrschte verhaltene Freude bei der Prognose um 18 Uhr. (Foto: Lorenz Mehrlich)

Die Grünen müssen sich erneut mit Platz zwei zufrieden geben und verlieren ihr einziges Direktmandat. SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter wird nach der Niederlage seiner Partei bange für die Kommunalwahl 2026. Zwei Parteien können ihr Ergebnis verdoppeln.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Die CSU ist bei der Bundestagswahl auch in München die stärkste Kraft geworden. Nach Auszählung aller 943 Wahlgebiete im Stadtgebiet wurden für die Union 29,4 Prozent der Zweitstimmen notiert – 5,6 Prozentpunkte mehr als bei der vorangegangenen Bundestagswahl. Mit diesem Aufschwung verwies die CSU die Grünen wie schon bei der Europawahl im vergangenen Jahr bei den Gesamtstimmen im Stadtgebiet auf Platz zwei.

„Das Wichtigste: Die Ampel ist abgewählt“, sagte der Münchner CSU-Bezirksvorsitzende Georg Eisenreich – und weiter: „Wir sind klar die stärkste Partei in München.“ Eine erfolgreiche Bundestagswahl sei eine hervorragende Ausgangsposition für die Kommunalwahl 2026. OB-Kandidat Clemens Baumgärtner nahm diese Vorlage gerne auf: Deutschland habe für den Politikwechsel gestimmt, „das wünsche ich mir für München auch“.

Die Grünen, die im Rathaus die größte Fraktion stellen, wurden viereinhalb Stunden nach dem Schließen der Wahllokale mit 23,5 Prozent geführt – 2,6 Prozentpunkte weniger als bei der Bundestagswahl 2021. Damit bestätigte sich für München ein Trend, der deutschlandweit zu beobachten war: Die Grünen verzeichneten die geringsten Verluste von den drei Parteien der zerbrochenen Ampelregierung. „Das Ergebnis ist sehr, sehr solide, nachdem wir zwischendurch ganz weit unten waren in den Umfragen“, sagt Jamila Schäfer, die Spitzenkandidatin der Partei in Bayern, über die Gesamtzahlen.

Die Grünen um Anton Hofreiter, Jamila Schäfer und Katharina Schulze (Bildmitte) haben zur Wahlparty in die Freiheizhalle geladen. (Foto: Catherina Hess)

Für die SPD ging es um 3,6 Prozentpunkte hinunter, auf 15,4 Prozent. „Das ist eine Niederlage für die SPD, daraus können wir keinen Regierungsauftrag ableiten“, sagte Münchens SPD-Chef Christian Köning.

Oberbürgermeister Dieter Reiter meldete sich um kurz vor 20 Uhr zu Wort, allerdings nicht auf der Wahlparty seiner SPD. Dort hatte er sich – wie bei vielen Parteiveranstaltungen zuvor – nicht blicken lassen. Über seine Sprecherin ließ Reiter verlautbaren: Das Ergebnis sei für die SPD insgesamt „desaströs“ und auch in München „schlecht“. Seine Forderung: „Wir müssen ab sofort und ohne die üblichen Allgemeinplätze nach solchen Ergebnissen intern Klartext reden. Und zwar sowohl, was Inhalte als auch was das Personal betrifft.“

Reiter hatte sich für Boris Pistorius statt Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidaten ausgesprochen. Mit Blick auf die Kommunalwahl 2026 dürfe es „kein ‚Weiter so‘ geben“, ergänzt Reiter, „in keiner Hinsicht – dafür werde ich sorgen!“

Betretene Gesichte bei der SPD (von links): Landesvorsitzende Ronja Endres, Landtagsabgeordnete Ruth Müller, Stadtvorsitzender Christian Köning und Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl im Oberangertheater. (Foto: Stephan Rumpf)

Bei der FDP trifft auf die Verluste die Vokabel „erdrutschartig“ zu: Die Partei verlor im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 7,6 Prozentpunkte. Ginge es nur nach München, müsste sie sich aber keine Sorgen über die Fünf-Prozent-Hürde machen. Im Stadtgebiet kam sie auf 6,1 Prozent. Die Stimmen seien nicht im Wahlkampf verloren gegangen, versuchte der Landesvorsitzende Martin Hagen die Anhänger zu trösten, sondern in der Zeit der Ampelregierung: „Egal, was der Abend heute bringt: Deutschland, Bayern braucht eine liberale Partei. Die Idee des Liberalismus hat auch über solche Tage Bestand.“

Die AfD verzeichnete einen deutlichen Zuwachs von 4,8 Prozentpunkten. Im Vergleich zu den Ergebnissen, die sie bundesweit erzielt, bleibt sie in München aber eine nachrangige Kraft und mit 9,3 Prozent unter der Zehn-Prozent-Marke.

Laut war der Jubel bei den Linken, die den Abend in einem Lokal im Westend feierten. „Ich kann’s fast nicht glauben“, so die Abgeordnete Nicole Gohlke angesichts von einem Plus von 4,8 Prozentpunkten auf 8,9 Prozent. Andrej Yagoubov, der im Kreisvorstand sitzt, kündigt an: „Wir werden das schlechte Gewissen der anderen Parteien sein.“

Die Münchner Linken-Politiker Christian Schwarzenberger, Nicole Gohlke und Stefan Jagel jubeln über das prognostizierte Ergebnis. (Foto: Robert Haas)

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sammelte bei der ersten Bundestagswahl, zu der es antrat, in München 24 297 Stimmen. Diese bedeuteten 3,1 Prozent, womit das BSW die Konkurrenz von Volt, der bei der Europawahl 2024 mit 5,8 Prozent eine Überraschung geglückt war, ebenso deutlich distanzierte wie die Freien Wähler; beide Parteien kamen in München bei dieser Bundestagswahl lediglich auf 1,2 Prozent.

Bei den Direktkandidaten zeichneten sich in drei der vier Wahlkreise früh eindeutige Ergebnisse ab: In München-Ost lag Wolfgang Stefinger (CSU) mit 36,3 Prozent deutlich vor Andre Hermann (Grüne), der auf 24,2 Prozent kam. In München-West/Mitte durfte sich Stephan Pilsinger (CSU/34,7 Prozent) über einen klaren Vorsprung vor Dieter Janecek (Grüne/28,9 Prozent) freuen.

Mit weniger hohen Zustimmungswerten, aber dennoch einem komfortablen Vorsprung wurde in München-Nord Hans Theiss (CSU, 32,4 Prozent) vor Frederik Ostermeier (Grüne, 24,2 Prozent) geführt. Am knappsten war der Kampf ums Direktmandat wie erwartet in München-Süd, wo sich Jamila Schäfer (Grüne) mit Claudia Küng (CSU) duellierte. Am Ende wurde Schäfer, die 2021 als erste Grüne in Bayern ein Direktmandat errungen hatte, mit 29,8 Prozent 0,6 Prozentpunkte hinter Küng notiert: Das sind 1108 Stimmen Unterschied.

Die Freude der CSU über den Durchmarsch in allen vier Wahlkreisen wird allerdings durch das Wahlrecht getrübt. Damit der Bundestag nicht über 630 Abgeordnete anschwillt, hatten die Ampelparteien eine Wahlrechtsreform beschlossen. Diese schreibt vor, dass eine Partei nicht mehr Abgeordnete nach Berlin schicken darf, als sie über die Zweitstimmen gewinnen konnte.

In solchen Fällen müssen die Siegerinnen oder Sieger der Direktmandate mit den schlechtesten Prozentwerten weggestrichen werden. Für den Münchner CSU-Vorsitzenden Georg Eisenreich ist das „ein Skandal“, „unfair und undemokratisch“. Eine neue Regierung müsse das umgehend korrigieren, fordert er: „Das muss sofort abgeschafft werden.“

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Bei der SPD wird vermutlich Sebastian Roloff der einzige Münchner im Bundestag sein.  Was das für ihn bedeutet? „Mehr Arbeit“, sagte Roloff am Wahlabend, in der vergangenen Legislaturperiode habe er drei Wahlkreise betreut – „jetzt werden es vermutlich fünf oder sechs“.

Für die AfD wird Tobias Teich über die Landesliste in den nächsten Bundestag einziehen. Ebenso in den Bundestag schaffen dürfte es der Direktkandidat für den Wahlkreis München-Süd, Wolfgang Wiehle, mit Listenplatz fünf. Für ihn wird es bereits das dritte Mandat sein. „Wir sind sehr, sehr positiv gestimmt“, erklärte Wiehle am Telefon. Er feierte in der AfD-Bundeszentrale im Berlin.

Um gegen den Erfolg der Partei zu protestieren, die vom Verfassungsschutz in Teilen als gesichert rechtsextrem geführt wird, kündigte am Wahlabend das Bündnis „Gemeinsam gegen Rechts“ für den 2. März auf dem Odeonsplatz eine Versammlung an. Diese soll sich auch gegen Wahlsieger Friedrich Merz von der CDU richten. Er trage eine Mitverantwortung für den Aufstieg der AfD, weil er spalte, statt zu einen, und Wähler anderer demokratischer Parteien diffamiere.

Wie bundesweit war die Wahlbeteiligung auch in München hoch: Sie lag bei 84,2 Prozent. Damit übertraf die Beteiligung sämtliche Wahlen in der Stadt bis 1983 zurück. Damals waren 84,8 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen gegangen. Bei der Bundestagswahl 2021 waren es 80,2 Prozent gewesen.

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