Manche gelten als gesetzt, andere lauern noch auf den richtigen Augenblick, ein Kandidat vollzieht ein überraschendes Comeback: So manch politische Karriere wird in den nächsten Monaten beginnen oder sich endgültig dem Ende nähern. Bei den Parteien läuft wenige Wochen nach der Europawahl längst das Rangeln um die besten Startpositionen bei der Bundestagswahl 2025. Wer als Kandidatin oder Kandidat in einem der vier Münchner Wahlkreise antreten will, hat sich intern und teilweise auch schon öffentlich erklärt. Oder muss es demnächst tun. Schon im Juli sind die ersten Aufstellungsversammlungen angesetzt.
Nach der Bundestagswahl 2021 waren insgesamt 13 Münchnerinnen und Münchner ins Parlament eingezogen. Vier waren direkt in ihren Stimmkreisen gewählt worden – die CSU-Männer Wolfgang Stefinger (München-Ost), Bernhard Loos (Nord) und Stephan Pilsinger (West/Mitte) sowie die Grüne Jamila Schäfer (Süd). Dazu kamen neun weitere Politiker über die Landeslisten ihrer Partei: drei von der FDP (Lukas Köhler, Daniel Föst und Thomas Sattelberger), zwei von der SPD (Claudia Tausend und Sebastian Roloff), zwei von der AfD (Petr Bystron und Wolfgang Wiehle) sowie von den Grünen noch Dieter Janecek und von den Linken Nicole Gohlke.
Nicht alle treten wieder an, manche müssen sich überraschender Konkurrenz erwehren und einige werden ohne Gegenkandidaten durch das Verfahren sausen. Ein Überblick, wie es bei den bisherigen Abgeordneten und ihren Parteien aussieht.
CSU
Alle drei Sieger in ihrem Bundeswahlkreis treten nach derzeitiger Kenntnis wieder an: Wolfgang Stefinger im Osten der Stadt, Stephan Pilsinger im Westen und Bernhard Loos im Norden. Während die beiden Erstgenannten wohl ungefährdet wieder ihre Kandidatur sichern können, stellt sich Loos ein kommunalpolitisch erfahrener Konkurrent entgegen: Hans Theiss, bisher Vizevorsitzender der Rathausfraktion, will ihn verdrängen.
Loos hat eine Art Comeback hingelegt, obwohl er sich offiziell nie zurückgezogen hatte. Allerdings hatte er offenbar intern nicht nur einmal anklingen lassen, es bei seinen zwei bisherigen Legislaturperioden zu belassen. Das wiederum bewog den früheren SPD-Abgeordneten Florian Post, mittlerweile CSU-Mitglied, in diese scheinbare Lücke zu stoßen. Als Loos vor wenigen Wochen erklärte, doch eine dritte Periode anzustreben, zog Post wieder zurück, um Geschlossenheit zu zeigen. Nun kommt es aber doch zum Duell, das intern als spannend gilt.
Im Süden wird die Entscheidung über einen Kandidaten erst im Herbst fallen. Michael Kuffer hatte den Wahlkreis 2021 an Jamila Schäfer von den Grünen verloren. Ob Kuffer, der eine Amtszeit im Bundestag (2017 bis 2021) war, es noch einmal probiert, gilt als offen. Auf Nachfrage hielt er sich bedeckt.
SPD
Auch bei den Sozialdemokraten ist der Münchner Norden bei der Kandidatenaufstellung heiß umkämpft. Als die beiden aussichtsreichsten Bewerber gelten Philippa Sigl-Glöckner und Filippos Kourtoglou. Das Duell zeigt für den Münchner Stadtchef der Partei, Christian Köning, was „eine große linke Volkspartei“ ausmacht: die in Berlin bereits bestens vernetzte Wissenschaftlerin gegen den Münchner Gewerkschafter mit Migrationshintergrund. Ausgang offen.
Im Süden wird der bisherige Abgeordnete Sebastian Roloff wieder antreten. Er soll noch im Juli zum Kandidaten gekürt werden, von möglichen Konkurrenten wurde bisher nichts bekannt. Dagegen wird es im Osten einen Einschnitt bei der SPD geben: Claudia Tausend wird sich nach zwölf Jahren Amtszeit aus dem Bundestag zurückziehen. „Wir verlieren eine sehr profilierte Fachpolitikerin, die sich für viele der Münchner Kernthemen einsetzt“, sagte Köning. Drei Männer wollen im Osten nun antreten: Lorans El Sabee, David Rausch und Jürgen Fernengel.
Im Westen dürfte die Entscheidung schon gefallen sein. Hier will es Seija Knorr-Köning das zweite Mal nach 2021 versuchen. Die Frau des Stadtvorsitzenden gilt neben Roloff auch als Favoritin für einen der beiden begehrten sicheren Listenplätze, die die Münchner SPD bisher auf der Parteiliste stets erkämpfen konnte.
Die Grünen
Die Münchner Grünen haben einen gemeinsamen Termin für ihre Kandidaten-Kür fixiert: Am 28. September werden für alle vier Wahlkreise die Bewerber aufgestellt, in vier verschiedenen Versammlungen. „Im Anschluss wird es parteiinterne Reihungen in München und Oberbayern geben, bevor die bayerische Listenaufstellung Anfang/Mitte 2025 stattfindet“, teilte die Stadtvorsitzende Svenja Jarchow mit. Ihr werden Ambitionen nachgesagt, selbst im Norden kandidieren zu wollen; auf Anfrage hat sie das zumindest nicht ausgeschlossen.
Sicher antreten wird Jamila Schäfer, die im Süden 2021 einen historischen Sieg einfuhr. Zum ersten Mal bei einer Bundestagswahl gewannen die Grünen in München mit ihr ein Direktmandat. „Ich konnte in dieser ersten Legislatur vieles auf den Weg bringen, es liegt aber noch viel Arbeit vor uns“, sagte sie. „Gerade bei den notwendigen Investitionen in Klimaschutz, bezahlbares Wohnen und unsere Sicherheit bleibt auch nach dieser Legislaturperiode viel zu tun. Gerade für München.“
Auch Dieter Janecek möchte sich nach Auskunft der Stadtvorsitzenden erneut bewerben. „Ich denke, beide sind in der Partei gut verortet und bundesweit bekannt“, sagt Jarchow. „Weitere Kandidierende sind mir in den beiden Wahlkreisen derzeit nicht bekannt.“ Im Münchner Osten gebe es „bereits einige vielversprechende Interessierte“, sagt sie, ohne jedoch Namen zu nennen. „Wir sind mitten in unseren Prozessen.“
FDP
Stadtchef Michael Ruoff hält die aktuellen Abgeordneten Lukas Köhler und Daniel Föst für gesetzt, sowohl im Wahlkreis als auch für einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste – „sofern sie nicht sagen, sie wollen nicht mehr“. Köhler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender in Berlin, und sein Kollege Föst, wohnungspolitischer Sprecher der FDP, haben beide schon verlauten lassen, erneut zu kandidieren. Köhlers Wahlkreis München-West/Mitte ist einer der ersten, der seinen Kandidaten aufstellt, die Versammlung findet bereits am kommenden Donnerstag statt.
Im Süden, dem bisherigen Wahlkreis von Thomas Sattelberger, hat sich „noch keiner hervorgewagt“, sagt Ruoff. Sattelbeger hatte sein Mandat während der Amtszeit aus persönlichen Gründen aufgegeben. „Auch im Osten hat noch niemand gesagt, er will es unbedingt machen.“ Ruoff rechnet aber durchaus mit einem prominenten Namen: „Ich kann nicht ausschließen, dass Susanne Seehofer für den Bundestag kandidiert.“ Die Tochter des früheren CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer hat sich bei der Landtagswahl im Oktober schon vergeblich für die FDP um ein Mandat beworben. Die Nominierungen in den übrigen drei Wahlkreisen sollen bis Ende Oktober erfolgen.
AfD
Bei der AfD entschied sich der von Skandalen umtoste Petr Bystron (Wahlkreis München-Nord) für einen Wechsel ins Europaparlament. Dort war er als Nummer zwei der Bundesliste sicher eingezogen. Der zweite Abgeordnete in Berlin, Wolfgang Wiehle, will in seinem Wahlkreis München-Süd wieder antreten. Die Aufstellungsversammlung wird im September sein. Zu Kandidaten und Terminen in den übrigen Wahlkreisen ist Wiehle, Bezirkschef der AfD in Oberbayern, noch nichts bekannt.
Die Linke
Das Gesicht der Münchner Linken in Berlin ist bereits seit 2009 Nicole Gohlke. Die Abgeordnete „kann sich gut vorstellen“, es noch einmal zu versuchen. Entschieden ist bei der Linken noch nichts. Erst nach den Sommerferien wollen sie die Kandidatenauswahl beginnen.