Bundestagswahl 2017:Daniel Föst: Auf ein liberales Blind Date mit dem Wähler

Bundestagswahl 2017: Daniel Föst will einen Beitrag leisten, "damit das bürgerliche Lager wieder mehr Einfluss erhält".

Daniel Föst will einen Beitrag leisten, "damit das bürgerliche Lager wieder mehr Einfluss erhält".

(Foto: Catherina Hess)

Daniel Föst gönnt sich ein Sabbatical, um als Spitzenkandidat der bayerischen FDP ausreichend Zeit für Wahlkampf zu haben.

Von Thomas Anlauf

Der Mann ist ehrlich. Daniel Föst sitzt mit hochgekrempelten Hemdsärmeln an einem langen Tisch mit fünf ihm völlig fremden Münchnern, und spricht mit ausladender Gestik. "2013 hat die FDP zu Recht alle Mandate verloren", sagt er, "und ich hatte selber die Schnauze voll." Hoppla, das sagt der Spitzenkandidat der bayerischen FDP wenige Wochen vor der Bundestagswahl? Aber Daniel Föst ist noch nicht zu Ende mit seiner Ansprache. "Danach hat sich die FDP neu aufgestellt, wir haben die Partei völlig umgekrempelt." Mit "wir" meint er unter anderem sich, und damit wird auch klar, worauf er hinaus will: Wir Liberale haben verstanden, und jetzt sind wir wieder wählbar. Föst hatte durchaus seinen Anteil daran, dass die FDP am 24. September wahrscheinlich wieder in den Bundestag einzieht, seit vier Jahren ist er immerhin Generalsekretär der bayerischen FDP.

Doch jetzt ist der Mann mit dem mächtigen Resonanzkörper, der mit seinem dunklen Vollbart ein wenig an den jungen Luciano Pavarotti erinnert, in eigener Sache im Wahlkampfmodus. Im vollen Kalender stehen Termine wie ein Treffen mit dem Deutschen Mieterbund, eine Podiumsdiskussion auf der Cannabis-Messe, Haustürwahlkampf, ein Spaziergang mit dem "Aktionskreis contra Bahnlärm München Nord" oder aber ein Blind Date mit potenziellen Wählern. Daniel Föst hat sich an diesem Abend mit fünf jungen Leuten verabredet, im Rigoletto am Ackermannbogen in Schwabing. "FDP@home" nennt sich diese Form von Fösts Wählerwerbung. Er will wildfremden Leuten zeigen, dass er, Föst, ein Politiker zum Anfassen ist, einer, mit dem man ein Bier trinken und dabei gemütlich über Politik diskutieren kann.

Föst, der an diesem Donnerstag seinen 41. Geburtstag feiert, kann trotz seines verhältnismäßig jungen Alters auf viel Erfahrung zurückgreifen. Er wuchs in einem Dorf in der fränkischen Rhön auf. In der Familie wurde viel über Politik diskutiert, in die Politik kam Daniel Föst trotzdem erst relativ spät. Nach dem Abitur ging er erst einmal nach Hamburg und absolvierte eine Lehre als Möbelverkäufer, später studierte er in Passau Betriebswirtschaft und arbeitete einige Zeit in der Firma der Eltern mit. Doch dann ging er lieber in die Marketingbranche, seit einigen Jahren ist er Berater von Klein- und Kleinstunternehmen und hat nebenbei noch Beteiligungen bei zwei Online-Firmen.

Als er nach seinen Lehr- und Wanderjahren vor zwölf Jahren in München ankam, begann seine doch erstaunlich steile politische Karriere. 2005 trat er bei der FDP ein, weil "das Gezerre um Rot-Grün und Gerhard Schröder" ihn "fuchsig gemacht" habe: Diese Koalition "war einfach fertig". Er wollte einen Beitrag leisten, "damit das bürgerliche Lager wieder mehr Einfluss erhält". Innerhalb kürzester Zeit wählten ihn die jungen Liberalen in München zu ihrem Vorsitzenden. Fünf Jahre später wurde er bereits zum Chef der Münchner FDP gekürt. Diese Wahl im Oktober 2010 ist bezeichnend für den zielstrebigen Franken. Als er es tatsächlich geschafft hat, springt Föst von seinem Platz auf. Doch statt in Jubel auszubrechen, sagt er als Erstes: "Wir sollten sehr schnell und sehr intensiv mit der Arbeit beginnen." Föst gilt schon damals, mit Mitte Dreißig, als Macher, als einer, der organisieren kann.

Doch den Absturz seiner Partei kann auch Föst nicht verhindern. Stimmten bei der Bundestagswahl 2009 noch 17,7 Prozent der Münchner Wähler für die FDP, waren es 2013 fast zehn Prozent weniger. Die Liberalen flogen aus dem Bundestag, eine Woche zuvor auch aus dem bayerischen Landtag. Die FDP war am Boden, auch Daniel Föst wollte alles hinwerfen und sich ganz aus der Politik zurückziehen. Doch es kam anders.

Als neu gewählter Generalsekretär der Bayern-FDP musste er mithelfen, die Partei völlig neu aufzustellen, es fehlte das Personal und natürlich auch das Geld in der außerparlamentarischen Opposition. "Ein Ehrenamt" nennt Föst deshalb seinen Job als Stratege an der Seite von FDP-Chef Albert Duin. Seit einem Dreivierteljahr hat sich Föst sogar ein Sabbatical auferlegt, um ganz im Dienst seiner Partei und nun im eigenen Wahlkampf zu stehen. Das bekommt der Spitzenkandidat der bayerischen Liberalen, der im Wahlkreis München Nord antritt, auch hautnah zu spüren. "Wir leben vom Ersparten", sagt Föst. Wir, das sind seine Frau Dagmar Föst-Reich, die sich für die FDP im Bezirksausschuss Schwabing-Freimann engagiert, und die beiden kleinen Söhne (drei Jahre und knapp ein Jahr alt). Die Kita-Plätze für die Kleinen kann sich das Paar derzeit eigentlich gar nicht leisten, da müssen gerade die Großeltern finanziell einspringen. Dafür hat Daniel Föst dank seines Sabbaticals jetzt auch Zeit für seine Familie und die Kinder, mit denen er jeden Morgen gemeinsam verbringt. Mittwochs geht er mit dem Dreijährigen einkaufen und - wenn es die Zeit erlaubt - mit seiner Frau in Schwabing und Freimann spazieren, wo die Familie seit zwei Jahren lebt. Dabei entdeckt Föst dank der Lokalpolitikerin an seiner Seite schon mal Bäume, die wegen irgendwas gefällt werden müssen, oder dass in einer Straße eigentlich eine Busspur fehlt. "Das erdet einen schon sehr", sagt Daniel Föst.

Und die neue Lebenssituation verändert natürlich auch den Blickwinkel. Föst fordert bessere Bezahlungen für Erzieherinnen und Krankenschwestern ("den Mindestlohn müsste man in München mindestens verdoppeln"), er trifft sich mit lärmgeplagten Anwohnern einer Bahntrasse im Münchner Norden und setzt sich politisch dafür ein, dass Mieten bezahlbar sind. Im Bundesvorstand der FDP ist er auch für das Thema Wohnen zuständig. "Wir müssen schneller bauen, mehr bauen und effizienter bauen", lautet Fösts Credo. Das "Wir" betont er oft, wenn er im Gespräch mit den fünf jungen Wählern im Rigoletto von den Zielen der runderneuerten FDP spricht. Zum Beispiel die Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen: "Eine Rente von Geburt an lehnen wir ab." Aber dann lehnt er sich in seinem Stuhl zurück, blickt in die Runde und sagt grinsend: "Ich will euch eigentlich gar nicht totquatschen." Ehrlich ist er, dieser Politiker.

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