Süddeutsche Zeitung

Bundesfreiwilligendienst ist ein Erfolg:Ansturm der Helfer

Es geht auch ohne Zivis: Nach nur zwei Monaten erweist sich der neue Bundesfreiwilligendienst als großer Erfolg. Soziale Einrichtungen haben in München fast alle Plätze bereits besetzt.

Beate Wild

Zwei Monate nach dem endgültigen Aus des Zivildienstes verzeichnen Münchens Sozialeinrichtungen einen regelrechten Ansturm auf die neu geschaffenen Stellen des Bundesfreiwilligendienstes (BFD). Die großen Institutionen berichten von einer Vielzahl von Bewerbern, im Großraum München sind die meisten BFD-Stellen bereits besetzt.

Die rennen uns die Türen ein, im Moment können wir uns nicht retten vor Bewerbern", sagt Thomas Ossenbrunner vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK). Bayernweit haben beim BRK schon 262 Freiwillige Verträge unterschrieben. Die Bewerbungen von Männern und Frauen hielten sich dabei die Waage. "Pro Tag haben wir derzeit zehn Anfragen", berichtet Ossenbrunner. "Wir haben keine Plätze mehr, um alle Freiwilligen unterzubringen." Bayernweit gebe es im Großraum München, in Unterfranken und in der Oberpfalz die größte Nachfrage.

Auch Günter Späker von der Stiftung Pfennigparade ist mit dem Start es Freiwilligendienstes zufrieden. "Wir haben einen großen Andrang für unsere BFD-Stellen", sagt er und liefert eine Vermutung, wieso das so ist: "Wegen des doppelten Abiturjahrgangs bekommen viele keine Studienplätze und wollen die Wartezeit sinnvoll überbrücken." Von den 82 verfügbaren Stellen bei der Pfennigparade sind bis auf eine alle bereits besetzt. Florian Geiger von der Caritas sieht die Lage ebenfalls "viel entspannter als erwartet". Das Anwerben von Freiwilligen laufe gut, man habe sich schon im Vorfeld auf die veränderte Situation eingestellt. Von den 100 verfügbaren Stellen im Erzbistum München-Freising seien schon 80 besetzt. Auch die restlichen Plätze werde man noch problemlos vergeben können.

Noch vor wenigen Monaten hatte sich das bei den sozialen Einrichtungen ganz anders angehört. Bevor Wehrpflicht und Zivildienst Ende Juni abgeschafft wurden, war das Wehklagen bei den sozialen Diensten groß. Sie befürchteten, nach der Abschaffung des Zivildienst nicht mehr genügend freiwillige Helfer zu finden, um die Zivildienstleistenden zu ersetzen. Von dem Ansturm der Interessenten sind die Einrichtungen nun selbst überrascht.

Laut Bundesfamilienministerium wurden in den vergangenen beiden Monaten deutschlandweit mehr als 7644 BFD-Verträge unterzeichnet. Zudem verlängerten 6353 Zivis freiwillig ihren Dienst. Zwischen sechs und 24 Monaten bleiben die jungen Männer im Bundesfreiwilligendienst. Für ihre Arbeit bekommen sie zwischen 350 und 650 Euro, je nach Organisation und je nachdem, ob ein Anspruch auf Verpflegungs- und Unterkunftsgeld besteht.

Neu beim BFD ist, dass es keine Altersbegrenzung nach oben gibt. Die Münchner Sozialeinrichtungen berichten von einem großen Interesse auch älterer Freiwilliger. Etwa 20 Prozent der Bewerber sind über 27 Jahre alt. Meistens handelt es sich um Hausfrauen, Arbeitslose und Rentner. Besonders für Freiberufler kann eine Teilzeitbeschäftigung im BFD interessant sein, weil diese durch ihre Tätigkeit automatisch sozialversichert sind.

Doch auch von ganz unerwarteter Stelle treffen Bewerbungen ein. "Überraschenderweise bekommen wir viele Anfragen aus dem Ausland", erzählt Ossenbrunner vom Roten Kreuz. Gerade in den osteuropäischen Ländern sei das Interesse groß, zum freiwilligen sozialen Dienst nach Deutschland zu kommen. An ausländische Bewerber werde aber generell nur dann eine Stelle vergeben, wenn die Unterbringung im jeweiligen Haus gewährleistet sei. (Seite 5)

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SZ vom 02.09.2011/wib
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