Bürgerentscheid gegen Discounter:Alles außer Aldi

Eichenau: Aldi Logistikzentrale

Das Aldi-Logikstikzentrum in Eichenau. In Wörthsee lehnten die Bürger ein solches Zentrum jetzt ab.

(Foto: Johannes Simon)

Aldi will ein Logistik-Zentrum im Münchner Westen bauen. Doch überall stößt der Discounter auf Widerstand - auch mit viel Geld lassen sich Gemeinden im Großraum nicht mehr ködern. Gerade gab es die zweite Absage für Aldi.

Von Erich C. Setzwein

Verlieren ist Aldi Süd eigentlich nicht gewöhnt. Der Discounter gehört zu den größten Handelsketten weltweit, mit Milliarden-Umsätzen und Gewinnen, die 2012 schon mal bei 460 Millionen Euro lagen. Und doch hat Aldi in der Region erneut eine schwere Niederlage erlitten, die zweite innerhalb von zwei Jahren, zugefügt diesmal von den Bürgern von Wörthsee.

Der Discounter möchte seit Langem ein neues Großlager im Westen von München ansiedeln. Seit 1972 versorgt der Discounter von Eichenau aus etwa 50 Filialen in München und im Oberland mit Produkten. Etwa 125 Lastwagen fahren das Zentrallager am Ortsrand an, doch Aldi kann sein Logistikzentrum dort nicht erweitern. Deshalb wollte man zunächst nach Gilching. Als sich dort die Bürger 2012 gegen den neuen Gewerbesteuerzahler aussprachen, war der wenige Kilometer westlich gelegenere Standort an der A 96 am Rand von Wörthsee Aldis erste Wahl. Doch am Sonntag sagten auch die Bürger der 4800-Einwohner-Gemeinde im Kreis Starnberg Nein.

Sie wollten nicht, dass Aldi in unmittelbarer Nähe zur Lindauer Autobahn ein 13 Hektar großes Grundstück bebaut. Eine Fläche, die einst von der Gemeinde als ökologische Ausgleichsfläche angekauft worden war. Mindestens zehn Millionen Euro wurden als Kaufsumme kolportiert - und von den Befürwortern aus CSU und Freien Wählern in ihrem Sinne auch gleich gerecht im Ort verteilt: Für Schuldenabbau und die Vereinsförderung sollte das Geld ausgegeben werden. Doch die Aussicht, dass sich um das Aldi-Lager ein riesiges Gewerbegebiet bis hin zum Ort entwickeln könnte, und die Angst vor der Verkehrsbelastung führten dazu, dass sich eine Mehrheit gegen die Aldi-Pläne aussprach.

Ideell wertvoller Boden

Für den Eichenauer Aldi-Prokuristen Michael Klöter ist das nicht nachvollziehbar, da sein Projekt "auch unter rein ökologischen Gesichtspunkten Sinn gemacht" hätte, wie er sagt. Aldi gehört zu den beständigen Gewerbesteuerzahlern und Arbeitgebern in Eichenau. Wenn das Zentrallager umzieht, darf sich die neue Ansiedlungsgemeinde schon einmal auf 200 Arbeitsplätze und jährlich zwischen einer halben bis zu einer Million Euro Steuern freuen.

Aber auch mit viel Geld, das Logistik-Investoren für den Grunderwerb in Aussicht stellen, lassen sich Gemeinden im Großraum offenbar nicht mehr leicht ködern. Zu wertvoll ist der Boden rund um München geworden, materiell der für Bauland, ideell der für Erholung. Wer Quadratmeterpreise von 800 bis 1000 Euro bezahlt, um ein Eigenheim draufstellen zu können, verlangt, dass die Infrastruktur stimmt und es Freizeitmöglichkeiten in der Natur gibt, für die er quasi mitbezahlt hat. Da stört ein Logistik-Riegel.

Deswegen sehen Experten die Zukunft in Gewerbegebieten, die fernab von Wohngebieten liegen, aber groß genug sind, neben kleineren Betrieben auch eine große Speditionshalle aufzunehmen. In Bergkirchen (Kreis Dachau) zum Beispiel: Zusammen mit einem Investor wurde ein Gebiet am Schnittpunkt von Stuttgarter Autobahn und B471 vermarktet. Eine Kopie davon entsteht derzeit fast spiegelbildlich auf der südlichen Autobahnseite in Olching (Kreis Fürstenfeldbruck). Auch dort gibt es Platz für ein Logistikunternehmen, vor allem aber noch viel bezahlbaren Platz für Firmen aus München, die bei erstklassiger Verkehrsanbindung und niedrigerem Gewerbesteuer-Hebesatz expandieren wollen. Aldi war, was bisher bekannt wurde, nicht unter den Interessenten.

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