Bürgerentscheid:Abstimmung über Erhalt von Bibliotheken

Am nächsten Sonntag entscheiden die Münchner über die Zukunft der städtischen Büchereien. Eine Bürgerinitiative will die Schließung mehrerer Bibliotheken verhindern. Die rot-grüne Stadtratsmehrheit hält die Sparmaßnahmen für notwendig.

Von Felix Berth

(SZ vom 24.09.2003) - Das Bürgerbegehren wendet sich gegen die Etat-Kürzungen, die der Stadtrat im Sommer 2003 beschlossen hat. Die Sparbeschlüsse der rot-grünen Mehrheit hatten bereits zur Folge, dass die Stadtbibliotheken in der Au und in Solln schließen mussten. Weitere sechs Büchereien sollen an neuen Orten zusammengelegt werden: Giesing und Obergiesing, Harthof und Hasenbergl, Neuhausen und Nymphenburg.

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens sehen darin einen Angriff auf die "kulturelle Grundversorgung der Stadt". Besonders Kinder, ältere Mitbürger und sozial benachteiligte Menschen würden davon getroffen. Die bisherige Funktion der dezentralen Bibliotheken als Treffpunkte im Stadtviertel ließe sich in den geplanten zusammengelegten Büchereien nicht mehr aufrecht erhalten.

Die rot-grüne Mehrheit des Stadtrats verweist auf die finanziellen Rahmenbedingungen: Die Münchner Bibliotheken würden heute jährlich 32 Millionen Euro kosten - etwa ein Viertel des gesamten Kultur-Etats. Falls der Bürgerentscheid durchkäme, müsste die Stadt die Einsparungen anders durchsetzen - etwa durch kürzere Öffnungszeiten der Bibliotheken, höhere Gebühren oder Kürzungen beim Kauf von Büchern. Dies seien jedoch schlechtere Alternativen.

Streit gibt es auch über die Termine des Entscheids: Dass die Münchner eine Woche nach der Landtagswahl noch einmal in die Wahllokale gerufen werden, legte der Stadtrat fest. Begründung des Wahlamts: Für eine gemeinsame Abstimmung von Bürgerentscheid und Landtagswahl hätte man eine Zustimmung des Innenministeriums benötigt, was mehrere Wochen gedauert hätte. Hätte man diese Zustimmung abgewartet, hätten die Wahlzettel nicht rechtzeitig gedruckt werden können. Außerdem spare die Zwei-Termin-Variante Geld: Jeder Wahlhelfer erhält für seine Teilnahme an der Auszählung eines Bürgerentscheids einen Fixbetrag. Weil am nächsten Sonntag nur 2000 Wahlhelfer für die Auszählung nötig sind (statt 8000 bei der Landtagswahl), spare dies 30.000 Euro, so eine Mitarbeiterin des Wahlamts.

Die Vertreter des "Bücherbegehrens" kritisieren den Abstimmungstermin: "Am letzten Sonntag gab es Chaos bei der Abstimmung, weil viele Münchner auch den Bürgerentscheid beantworten wollten", sagt Ulrich Chaussy. Der Zusatz-Termin sei von der Stadtspitze gewählt worden, weil dies die Wahlbeteiligung senke: "Man wollte offensichtlich nicht, dass wir von der hohen Wahlbeteiligung einer Landtagswahl profitieren", so Chaussy.

Das Interesse am Bürgerentscheid ist bisher hoch: Bis gestern beantragten 54.000 Münchner Briefwahl - das sind fast so viele wie beim Bürgerentscheid über den Stadion-Neubau. Damit der Bürgerentscheid gültig ist, müssen mindestens 90.000 Wahlberechtigte mit "Ja" stimmen.

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