Bürgerbüros:Absturz statt Ausweis

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Eine technische Panne bei einer neuen Software führt dazu, dass die Bürgerbüros schließen müssen

Von Andreas Glas, München

Eine Twitter-Nutzerin schickte am Mittwochvormittag das Wort "Infrastrukturapokalypse" in den Umlauf. Was war geschehen? Als die Mitarbeiter und die Kunden des Kreisverwaltungsreferats (KVR) morgens in den Bürgerbüros eintrafen, ging plötzlich nichts mehr. "Technischer Totalausfall" teilte die Stadt kurze Zeit später mit und ließ die betroffenen Behörden schließen. Wer also einen Personalausweis beantragen oder seinen Reisepass verlängern lassen wollte, wurde direkt wieder nach Hause geschickt. So kurz vor Beginn der Hauptreisezeit ist das natürlich besonders ärgerlich, viele Kunden hatten sich eigens einen Tag frei genommen, um ihre Behördengänge zu erledigen.

Die Ursache der Panne ist offenbar die neue Einwohnermelde-Software, die erst vor wenigen Wochen installiert worden war. Wegen der Softwareumstellung waren das Bürgerbüro des KVR in der Ruppertstraße und sämtliche Bürgerbüro-Außenstellen bereits an drei Freitagen im Juni geschlossen. Danach lief das Programm zwar, wurde aber immer langsamer. Am Mittwochfrüh hatten dann städtische IT-Spezialisten versucht, das Computersystem durch eine Speichervergrößerung wieder schneller zu machen - mit dem Resultat, dass das Softwareprogramm komplett den Geist aufgab. Die Stadt versichert, dass sie nun fieberhaft daran arbeite, die Software-Probleme in den Griff zu kriegen. Ob am Donnerstag wieder alles funktioniert, wusste am Mittwochabend aber noch niemand.

Es ist die größte, aber längst nicht die einzige IT-Panne, die es in den vergangenen Monaten in den Bürgerbüros gab. Bereits im Mai hatte KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle in einem Antrag an die Stadtverwaltung um Hilfe gerufen, "die dauerhaft überdurchschnittliche Arbeitsbelastung" der städtischen IT-Experten "dringend zu beenden". Der Hintergrund: Derzeit muss sich ein IT-Spezialist im Schnitt um die Computer von 200 Behördenmitarbeitern kümmern. Dieses Verhältnis liegt deutlich über der Empfehlung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt), die einen Schlüssel von 1:125 vorschlägt. Mit anderen Worten: Die städtischen IT-Mitarbeiter sind völlig überlastet und kommen mit der Arbeit gar nicht mehr hinterher, wenn wieder irgendwo ein Computer abstürzt - oder eben ein Softwareprogramm.

Um Störungen in Zukunft schneller beheben oder ganz verhindern zu können, hat der Stadtrat kürzlich acht zusätzliche Arbeitsplätze für IT-Spezialisten geschaffen. Bis diese Spezialisten gefunden und eingearbeitet sind, wird es aber noch ein paar Wochen, vielleicht sogar Monate dauern. Weil es in den Bürgerbüros nicht nur im IT-Bereich, sondern generell an Personal mangelt und immer wieder zu stundenlangen Wartezeiten kommt, hat die Rathaus-SPD am Mittwoch den Vorschlag gemacht, dass Bürgerbüro-Mitarbeiter, die in Elternzeit oder schon im Ruhestand sind, in Zeiten besonders hoher Arbeitsbelastung einspringen.

© SZ vom 16.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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