Süddeutsche Zeitung

Bürger sammeln Ideen:"Das Viertel hat sehr viel Potenzial"

Beim Workshop zum Leben in der Siedlung am Lerchenauer See wird deutlich, dass den Bewohnern vor allem ein Ort der Begegnung fehlt. Sie vermissen aber auch Angebote im Sinne einer besseren Nahversorgung und Freizeitgestaltung

Von Sarah Schmidt, Lerchenau

Einen neuen Platz der Begegnung schaffen - das ist eines der dringlichsten Anliegen vieler Bewohner der Siedlung am Lerchenauer See. Zumindest wurde das beim Bürgerrat-Workshop "Schöner leben 5.0 - Lerchenauer See für alle" deutlich. Das Projekt "Wir am Lerchenauer See" der Diakonie Hasenbergl stellte mit den Quartiersmanagerinnen Sarah Ehrenstein und Selen Schaeffer das Organisationsteam für den eineinhalbtägigen Workshop, der eigentlich bereits im März hätte stattfinden sollen, aber wegen der Corona-Krise auf den Herbst verschoben wurde. Die Veranstalter hatten aus den Bewerbungen 16 Anwohner ausgewählt, die unter Einhaltung der Corona-Regeln über die Zukunft ihres Viertels diskutierten.

Alle Anwohner des Viertels konnten sich vorab für den Workshop bewerben, um so in einem Bürgerrat die Interessen der Nachbarschaft zu vertreten. "Wir haben bei der Auswahl aus den Bewerbungen bewusst darauf geachtet, dass die Teilnehmer aus verschiedenen sozialen Schichten kommen und unterschiedlichen Alters sind", erklärte Sarah Ehrenstein. So erhoffte sich die Diakonie Hasenbergl, einen besseren Überblick über die unterschiedlichen Bedürfnisse der Anwohner zu bekommen.

"Es waren sich alle einig, dass in der Siedlung ein Ort der Begegnung fehlt, an dem man sich treffen, unterhalten und gemeinsam Zeit verbringen kann", berichtet Ehrenstein. Auch die Themen Sauberkeit und Sicherheit hätten den Bürgerrat beschäftigt. "Die Bewohner haben große Lust auf Veränderung in ihrem Viertel", so Ehrenstein. Die ältere Generation vermisse beispielsweise ein Alten- und Service-Zentrum mit festem Veranstaltungsangebot, aber auch Bankfilialen gleich in der Nähe. Bislang müssten sie für finanzielle Angelegenheiten in andere Stadtteile fahren.

Paris Landuris entschied sich ganz bewusst dazu, an dem Workshop teilzunehmen. "Das Viertel hat sehr viel Potenzial", sagt der 35-Jährige. "Das, was hier bislang gemacht wird, steht allerdings nicht mehr im Verhältnis zu dem, was gemacht werden könnte." Er selbst wohnt seit 1991 am Lerchenauer See und konnte in den vergangenen 30 Jahren die Entwicklung sehr gut mitverfolgen. Für ihn selbst ist das Thema Sport zu kurz gekommen. "Es fehlt an einem regelmäßigen Kursangebot, an dem Jung und Alt teilnehmen kann." Als Paradebeispiel nennt er den Olympiapark. Dieser Vorschlag sei auch bei den anderen Teilnehmern des Bürgerrats gut angekommen.

"Der Workshop war aus unserer Sicht ein voller Erfolg, der neue Bürgerrat konnte viele Ideen zusammentragen", sagt Ehrenstein. Die Ergebnisse der zwei Tage, die aufgrund der aktuellen Corona-Entwicklung nun nicht wie geplant am Samstag, 24. Oktober, in einem öffentlichen Café vorgestellt werden können, sollen nun schnell Ansprechpersonen aus Politik und Verwaltung erreichen - um zeitnah erste Umsetzungsschritte zu gehen und Kooperationspartnerschaften zu bilden.

"Sollte es die Corona-Krise zulassen, möchte der neue Bürgerrat auch weiteren Bewohnern von den Ideen erzählen und sich mit ihnen austauschen", sagt die Quartiersmanagerin zum nun ein Stück weit überholten Plan. Eigentlich sollten kleine Arbeitsgruppen entstehen, in denen sich die Bürger gezielt mit einzelnen Ideen auseinandersetzen. Die Vorschläge können allerdings nur reifen, wenn sie von politischer Seite unterstützt werden, deshalb muss der Bürgerrat zumindest mit Fachpolitikern und Stadtplanern in Kontakt treten. "Wir hoffen sehr, dass der Bürgerrat fortan noch mehr Anwohner dazugewinnen kann, die sich für ihre Siedlung einsetzen möchten", sagt Ehrenstein. Nur so können die Ideen Wirklichkeit werden.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2020
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