Buchvorstellung in München:Von Müttern und Töchtern

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Edith von Welser-Ude und Ruth Eder haben in der Seidlvilla ihr Buch vorgestellt. Darin werden Mütter und ihre Töchter beschrieben - und so manches privates Detail verraten.

Susanne Hermanski

Hinterher beim Sekt erzählt Barbara Stamm: "Ich war ganz schön aufgeregt." Und es will was heißen, wenn die Präsidentin des Bayerischen Landtages das sagt. Seit 40 Jahren redet sie öffentlich. Es kann, man ahnt es, nur Privates sein, das sie bei einem Vortrag noch in die Bredouille bringt.

Anlässlich der Präsentation eines Mütter-Töchter-Buches von Ruth Eder und Edith von Welser-Ude hat sie gerade gemeinsam mit Tochter Claudia auf dem Podium in der Seidlvilla gestanden - im knallgrünen Sakko überm schwarzen Top. Doch dass die beiden Frauen für einen der bewegendsten Momente des Abends sorgten, hatte wenig mit der Tatsache zu tun, dass die Mutter für die CSU und die Tochter für die Grünen im selben Landtag sitzen.

Vielmehr war es das, was Claudia aus dem Buch über das Verhältnis ihrer Mutter zu deren Mutter vorlas. Etwas, das Barbara Stamm bisher ganz selten öffentlich thematisiert hat: ihre Jugend als Heimkind, dem sämtliche Grausamkeiten begegnet sind, und als Tochter einer taubstummen Mutter, die sie als Säugling weggegeben hatte, im Alter von acht Jahren abrupt wieder aus einer Pflegefamilie riss, und bald wieder ins Heim gehen ließ.

"Ich wusste nicht, wie ich wegen ihrer Behinderung mit ihr in Kontakt treten sollte. Die Art, wie sie sprach, erschreckte mich." Erst sehr spät habe ihre Mutter angefangen, etwas von dieser traumatisierenden Kindheit preiszugeben, sagt Claudia Stamm - die auf ganz andere Art mit einer oft abwesenden Politiker-Mutter fertig werden musste.

Als Barbara Stamm sich ihr offenbarte, habe sie begonnen, die Mutter mit anderen Augen zusehen. Nur wenige der 25 Porträts in Wort (Eder) und Bild (Welser-Ude) im Buch bergen eine solche Dramatik und Intensität. Doch insgesamt zeichnet es ein aufschlussreiches Tableaux von Mutter-Tochter-Beziehungen, wie sie heute unsere Gesellschaft prägen.

Prominente Gesichter wie Michaela May (im Publikum mit Beinschiene), Maria Peschek und Ponkie tauchen darin auf. Aber auch interessante Unbekannte, beispielsweise eine Nonne, deren Mutter sich freut, dass ihrer Tochter, "ihr Leben lang gut aufgehoben ist. Und dass sie nie arbeitslos werden kann, und nie geschieden."

© SZ vom 26.03.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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