Buchtipp:Dauer-High

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Leif Randts "Allegro Pastell" ist als Ferienlektüre gut geeignet für alle, die sich auf so unterhaltsame wie intelligente Weise mit den Brüchen unserer Zeit beschäftigen wollen. Den Helden dieser Liebesgeschichte geht es vor allem darum, die innere Leere zu verdrängen.

Von Antje Weber

"Vorauseilende Wehmut"- das ist nicht nur ein Begriff, den die Hauptfiguren in diesem Roman verwenden. Er passt überhaupt gut zu einem Buch, das radikal heutig und zugleich jetzt schon seltsam fern anmutet: Leif Randts "Allegro Pastell", in diesem Frühjahr erschienen und auch als Sommerferienlektüre gut geeignet für alle, die sich auf so unterhaltsame wie intelligente Weise mit unserer Zeit und ihren Brüchen beschäftigen wollen. Der Roman erzählt von einer Liebesgeschichte zwischen der 30-jährigen Autorin Tanja und dem ein paar Jahre älteren Webdesigner Jerome, beide sehr privilegiert, beide hyper-reflektiert in allem, was sie tun - ob sie nun gerade in Berlin oder Frankfurt tanzen, Drogen nehmen, meditieren oder auf allen Kanälen dauerkommunizieren.

Das ist schön süffisant beschrieben, aber nicht herablassend; die Protagonisten wirken in ihrem Leiden an sich selbst, ihrer narzisstischen Beziehungsunfähigkeit und Genusssucht doch auch irgendwie sympathisch. Es geht ihnen darum, ein Dauer-High zu konservieren und die innere Leere zu verdrängen - über eine Flucht ins Schreiben oder ein Normalo-Leben mit Kind, alles möglichst cool zelebriert. Dieser Roman wird sicher als Studie einer in vielerlei Hinsicht verwöhnten Gesellschaft 2018/2019 Bestand behalten, in seiner - unfreiwillig - vorauseilenden Wehmut.

Leif Randt: Allegro Pastell, Roman, Kiepenheuer & Witsch 2020, 280 Seiten, 22 Euro

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