Buchhandlung boykottiert Guttenberg-Buch:Ganz viel heiße Luft

Die Münchner Buchhandlung Lehmkuhl hat das Guttenberg-Werk "Vorerst gescheitert" nicht im Sortiment. Die Begründung: Man habe Zweifel, dass das Buch etwas tauge. Die Aufregung unter den Fans des Ex-Ministers ist groß.

Christian Mayer

Wo Guttenberg draufsteht, ist in diesem Fall Guttenberg drin, aber ist das auch gut für die Leser? Bei der Buchhandlung Lehmkuhl in der Leopoldstraße hatte man nach der Lektüre einige Zweifel - deshalb nahm die Geschäftsführung den Interviewband "Vorerst gescheitert" aus dem Sortiment, was eine mediale Lawine auslöste. Ein Gespräch mit Geschäftsführer Marc Schürhoff.

Guttenberg, CSU, München, "Vorerst gescheitert" Buch

Muss draußen bleiben: Das Guttenberg-Buch in der Buchhandlung Lehmkuhl in München-Schwabing.

(Foto: dpa)

SZ: Herr Schürhoff, warum boykottieren Sie den Buchautor zu Guttenberg?

Marc Schürhoff: Wir hatten schon bei der Ankündigung des Verlages Bedenken, dass das Buch etwas taugt, nach dem Interview in der Zeit und dem Vorabdruck war dann klar: Das müssen wir unseren Kunden nicht anbieten. Es ist aber keine ungewöhnliche Entscheidung.

SZ: Dafür ist die Aufregung aber ganz schön groß: In Pro-Guttenberg-Blogs werden Sie schon ziemlich angegangen.

Schürhoff: Die Sache lief schon sehr seltsam: Erst hat das Rundschau-Magazin des Bayerischen Fernsehens einen Beitrag über den Erstverkaufstag des Guttenberg-Buches gedreht, in dem auch wir bei Lehmkuhl befragt wurden - das wurde aber nie gesendet. Stattdessen lief der Beitrag erst im Nachtmagazin, wo ihn offenbar keiner gesehen hat, und dann in der Heute-Show von Oliver Welke, der sich einen ziemlichen Spaß daraus gemacht hat.

SZ: Wie haben denn Ihre Stammkunden auf den Guttenberg-Verzicht reagiert?

Schürhoff: Super, die meisten haben uns gratuliert, weil sie der Meinung sind, dass man Guttenberg nicht noch eine weitere Bühne bieten muss. Es gab aber auch Kritik: Ein Kunde hat moniert, dass wir ja auch Bücher von Joschka Fischer, dem ehemaligen Steinewerfer, im Sortiment haben.

SZ: Der Ex-Sponti Fischer braucht für seine Werke hoffentlich etwas länger als der Freiherr zu Guttenberg.

Schürhoff: Immerhin setzt sich Joschka Fischer mit seiner Rolle als Außenminister auseinander; er macht den Versuch einer Reflexion. Im Vergleich dazu ist das Interview, das Giovanni di Lorenzo mit Karl-Theodor zu Guttenberg geführt hat, ganz viel heiße Luft. Aber was soll's: Wir haben in der Geschäftsführung ja nicht den Stab über einen Autor gebrochen - wir wollen das Buch nur nicht empfehlen.

"Bohlen war uns auch zu blöd"

SZ: Was passiert, wenn ich zu Ihnen komme und es trotzdem haben will?

Buchhandlung boykottiert Guttenberg-Buch: Marc Schürhoff kann das Guttenberg-Buch nicht empfehlen.

Marc Schürhoff kann das Guttenberg-Buch nicht empfehlen.

(Foto: Robert Haas)

Schürhoff: Wir haben es zwar nicht im Laden, aber bestellen können wir es natürlich, das haben auch einige Kunden gemacht. Wir hatten auch vier oder fünf Bestellungen am Anfang, aber seitdem das so ein Mediending geworden ist, kommen Guttenberg-Fans wohl nicht mehr zu uns.

SZ: Ist es nicht anmaßend, dem Leser vorschreiben zu wollen, was er kaufen soll?

Schürhoff: Nein. Die Autobiographie von Dieter Bohlen hatten wir auch nicht im Angebot, weil sie uns zu blöd war. Es ist alltägliche buchhändlerische Arbeit, ein gutes Sortiment zusammenzustellen - empfehlenswerte Bücher, die uns wichtig erscheinen, bewegen und Relevanz haben.

SZ: Welche Sachbücher gehen denn bei Ihnen in Schwabing besonders gut?

Schürhoff: Unsere Kunden greifen schon auch zur Bestseller-Biographie von Steve Jobs. Sehr gut verkauft sich auch ein anderes Gesprächsbuch: "Zug um Zug" mit Helmut Schmidt und Peer Steinbrück. Das scheint den Geschmack unserer Kunden zu treffen: Sie sehnen sich eben nach einer moralischen Autorität.

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