Groß-Einland hat ein Problem: Der vermeintlich idyllische, österreichische Ort versinkt langsam im Boden. Einst gruben die Vorväter einen riesigen Hohlraum unter der Gemeinde, auf der Suche nach wertvollem Gestein. Nun stürzen Häuser ein, Menschen werden verschluckt. So brüchig wie der Boden ist die Gesellschaft, die darauf wohnt, regiert von einer "Gräfin" wie zur Zeit der k.u.k.-Monarchie.
Raphaela Edelbauer hat in ihrem Debütroman "Das flüssige Land" einen - im Wortsinn - unfassbaren Ort geschaffen. Über Fehler und Verbrechen wird hier einfach hinweggelebt, alles und jeder scheint sich mit der Täuschung arrangiert zu haben, sogar das Zeitgefühl gerät dort aus den Fugen. In dieser Gesellschaft landet die Wiener Physikerin Ruth, die nach dem Tod ihrer Eltern der Familiengeschichte nachspürt. Für ihren ebenso klugen wie absurd-witzigen Roman wurde Edelbauer mehrfach für Auszeichnungen nominiert, etwa für den Deutschen und den Österreichischen Buchpreis. Sie steht auch auf der Shortlist des Vera-Doppelfeld-Preises, der erstmals Ende Mai in München vergeben werden soll. Ihre Erzählidee, dass Zeit eine flexible Größe ist, passt jedenfalls perfekt in diese Tage.
Raphaela Edelbauer: "Das flüssige Land", Roman, Klett-Cotta, 350 Seiten, 22 Euro