Jörg Widmann bei „musica viva“Vier für die große Besetzung

Jörg Widmann dirigierte vier seiner Stücke. Bei einem davon, "Armonica", kam die Glasharmonika zum Einsatz, gespielt von Christa Schönfeldinger.
Jörg Widmann dirigierte vier seiner Stücke. Bei einem davon, "Armonica", kam die Glasharmonika zum Einsatz, gespielt von Christa Schönfeldinger. (Foto: Astrid Ackermann)

Jörg Widmann dirigiert vier eigene Kompositionen beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der Reihe "musica viva". Da transportiert selbst ein Totentanz Spielfreude.

Kritik von Andreas Pernpeintner

Der zentrale Eindruck dieses Abends bei der „musica viva“ im Herkulessaal ist, wie viel der Komponist und Dirigent Jörg Widmann mit einer großen Orchesterbesetzung anzufangen weiß. Im besten instrumentatorischen Sinn. Leise schweben in „Armonica“ die Klänge der Glasharmonika (Solistin Christa Schönfeldinger) heran, vereinen sich mit dem Akkordeon, werden mit hellen Tupfern der Celesta besprenkelt. Und solche klangfarblich grandios gemischten Entwicklungen bleiben das Kernelement dieses Stückes mit seinen weit ausholenden Intensitätsverläufen.

Die Glasharmonika darf man sich dabei freilich nicht als Batterie singender Weingläser vorstellen. Eine Glasharmonika als Konzertinstrument besteht aus unterschiedlich großen Glasringen, die aneinander montiert, mit einem Fußmechanismus in Drehung versetzt und mit angefeuchteten Fingern behutsam berührt werden. Das sieht aus wie ein horizontaler gläserner Dönerspieß auf einer alten Nähmaschine. Darauf spielt Schönfeldinger auch Mozarts liebliches Adagio für Glasharmonika KV 356/617a.

Ebenso solistisch besetzt sind Widmanns „Drei Schattentänze“. Mit seiner Klarinette bezieht Widmann an drei Stationen Aufstellung und fokussiert sich dort, teilweise mit elektrischem Klangeffekt, jeweils auf ein Moment der Tonerzeugung: sorgsam dosiertes Überblasen, Triller, perkussives Klappengeräusch.

Räumlichkeit spielt auch bei Widmanns „Towards Paradise (Labyrinth VI)“ für Trompete und Orchester eine Rolle, bei dem Solist Håkan Hardenberger durch das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks wandert. Wie unprätentiös und mit welch kultiviertem Ton sich Hardenberger hier in die melodischen Beziehungsgeflechte begibt, ist großartig. Halsbrecherischer und in seiner Tondichtungsopulenz herrlich entfesselt war zuvor Widmanns „Danse macabre“. Eigentlich ein düsterer Totentanz. Aber wie sich darin die Tanzstile ballen, wie virtuos sich ein dissonanter Walzer selbst auf die Füße tritt, transportiert ungebremste musikantische Spielfreude.

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