Briefe am Nachmittag:Warum der Postbote später klingelt

Lesezeit: 2 Min.

  • Einmal im Jahr berechnet die Deutsche Post die Routen für ihre Boten neu.
  • Manche Münchner ärgert, dass sie deshalb länger auf ihre Briefe warten müssen.

Von Pia Ratzesberger

Sie hat lange auf ihn gewartet, den ganzen Vormittag, den Mittag, doch am Nachmittag war er immer noch nicht da. Wie in diesem Song, in dem auch die Beatles ihren Mister Postman anflehen, doch endlich den lange ersehnten Brief zu übergeben. Sie hätten so lange gewartet, please, please, Mr. Postman, singen die Briten. Und treffen damit gut, wie es Sylvia Pawelke in den vergangenen Wochen ergangen ist.

Früher warf der Bote die Post bis spätestens elf Uhr am Vormittag in den Briefkasten. Seit einigen Monaten aber erreichen die Umschläge die Arztpraxis, in der Pawelke arbeitet, stets erst nachmittags. Mal um zwei Uhr, mal um halb drei. Neulich waren die Briefe um 17 Uhr noch nicht abgegeben. Dabei müssten sie doch Anfragen von Patienten bearbeiten, der Versicherungen, sagt Pawelke, 48 Jahre alt. Wie solle das gehen, wenn die Post erst im Briefkasten liegt, kurz bevor sie und ihre Kollegen die Praxis zusperren?

Ein Bote, 1260 Haushalte

Immer wieder beschweren sich Münchner über ungewöhnlich späte Briefzustellungen, dass der Bote nun zu einer ganz anderen Zeit komme als in den Monaten zuvor. Der Grund ist, dass die Deutsche Post einmal im Jahr die Routen für die Münchner Briefträger neu berechnet, ebenso in diesem Frühjahr. Das Unternehmen vermisst die Stadt, teilt sie in mehrere hundert Zustellbezirke ein, jeden Tag warten in einem Bezirk ungefähr 1260 Haushalte auf ihren Postmann oder ihre Postfrau. Welche Wege die Briefträger laufen und wann sie in welche Straße kommen, legt die Post immer wieder aufs Neue fest. Je nachdem, welcher Weg der "wirtschaftlichste" sei, sagt ein Sprecher.

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Die Boten also sollen möglichst viele Briefkästen in kurzer Zeit passieren, keine Umwege gehen. Auch passt die Post einmal im Jahr die Größe der Zustellbezirke an, je nachdem, ob dort viele Briefe versandt werden, und ob dort viele Mehrfamilienhäuser stehen oder viele Einfamilienhäuser - für letztere brauchen die Boten länger.

Bei der Post kenne man die Beschwerden, dass der Bote später komme, sagt ein Sprecher. Allerdings bekämen dank der neuen Routen andere auch wieder eher ihre Briefe und es habe ohnehin niemand einen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Uhrzeit. Jeden Tag sind von früh bis abends etwa 700 Boten in der Stadt unterwegs, die Post beschäftigt um die tausend Zusteller. Schließlich brauche man auch Ersatzleute, wenn einmal jemand im Urlaub sei oder krank.

In der Praxis, in der Pawelke arbeitet, grämen sie sich allerdings, dass ständig ein anderer Bote die Umschläge überreicht. "Das geht ja auch gar nicht gegen die Boten, die können am wenigsten dafür", sagt die Arzthelferin. Sie mutmaßt, dass die Briefträger einfach so viel zu tun hätten, dass sie ständig krank seien. Davon aber will die Post nichts wissen. Die Briefträger hätten ja auch eine Sechs-Tage-Woche, deshalb zwischendurch frei. An diesem Tag käme dann schon einmal jemand anderes vorbei.

© SZ vom 07.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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