Brenner-Eisenbahnzulauf:Bayern gefährdet Milliardenprojekt

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Regierung lässt den Ausbau schleifen - für Tirol ist das eine Provokation, die unangenehme Folgen für den Güterverkehr haben könnte

"Vier aus fünf" vom 29. Januar über mögliche Eisenbahntrassen:

Die Absichtserklärung der Regierung von Oberbayern ist nicht sehr glaubwürdig, wenn man die unverbindlichen Aussagen von Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger liest ("brauchen wir den Ausbau oder nicht oder wann überhaupt?") oder wenn Verkehrsministerin Kerstin Schreyer im BR-Fernseh-Interview für einen Nachweis über die Notwendigkeit des Ausbaus durch die Bundesregierung auf 2023 verweist. Das hätte ja schon längst geschehen können, seit dem Planungsbeginn vor circa zehn Jahren. Irgendwie bekommt man den Eindruck, dass die bayerische Staatsregierung den Ausbau nicht unbedingt für nötig hält. Heuer ist ein Wahljahr. Der Slogan "Güter auf die Bahn" ist für die meisten Politiker nur ein Lippenbekenntnis.

Die Brennerbahn einschließlich der Zulaufstrecken ist nur zweigleisig. Eine technische Aufrüstung bringt aber nur geringe Kapazitätssteigerungen und ist nicht zukunftsfähig. Nur ein viergleisiger Ausbau erreicht die nötige Kapazitätsverdoppelung. Daher haben Österreich, Italien und Deutschland vertraglich vereinbart, durch Neubau des Brenner-Basistunnels und der Zulaufstrecken unter Einbeziehung der Altbaustrecke eine viergleisige Magistrale zur Steigerung des Bahngüterverkehrs zu schaffen. Im Inntal in Tirol sind bereits einige Streckenabschnitte fertig, die restlichen sind längst im Bau. In Bayern wird aber erst einmal heftig über den Trassenverlauf gestritten. Sarkastischer Kommentar in der SZ: "Wenn der Brenner-Basistunnel in Betrieb geht, wird auf deutscher Seite wahrscheinlich noch kein Meter Gleis gebaut sein."

Die Gegner der Baumaßnahme argumentieren, man solle erst abwarten, ob überhaupt ein Ausbau nötig ist. Spätestens wenn die im Ausland gebaute Strecke gegen Ende dieses Jahrzehnts fertig ist, wird der Bahngüterverkehr erheblich steigen. Dann ist die Engstelle in Bayern, im Abschnitt Kufstein-Rosenheim-München, was die Streckenkapazität erheblich beeinträchtigen wird. Wenn dann erst ein Ausbau beginnen soll, könnte die Maßnahme unter Berücksichtigung der langen Planungs- und Bauzeiten vielleicht in 20 Jahren fertig werden.

Es wird aber bereits darüber gemunkelt, dass bis dahin die Österreicher auf ihrer Autobahn nur noch ein begrenztes Kontingent von Lkw durchfahren lassen werden und alle weiteren Lkw-Betreiber ihre Container und Sattelaufleger in Kufstein auf die Bahn umladen müssen. Die Österreicher werden verständlicherweise argumentieren: "Wir haben nicht Milliarden investiert damit weiterhin eine Menge ausländischer Lkw durch das Inntal donnern kann." Die Österreicher und die Schweizer lassen seit dem 1. Januar 2021 nur noch leise laufende Eisenbahnfahrzeuge durchfahren, der Bahnbetrieb über den Brenner läuft schon seit circa 90 Jahren elektrisch.

Bis zur oben genannten Fertigstellung wird der Lkw-Verkehr auf der A 93 erheblich ansteigen - mit den bekannten Folgen. Vielleicht werden dann Forderungen laut, die Inntalautobahn in Bayern von vier auf sechs Spuren auszubauen. Eine Autobahn zerstört ja keine Heimat, und deren Akzeptanz wird erfahrungsgemäß größer sein als der Bau oder Ausbau einer Bahnlinie. Bernhard Seonbuchner, Puchheim

© SZ vom 08.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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