Breiteres Fundament:Aufklären und recherchieren

Angelika Lex, 2011

Die Münchner Rechtsanwältin Angelika Lex (1958-2015) hat gegen alte und neue Nazis gekämpft und sich für Menschen engagiert, die Opfer rechtsextremer Gewalt wurden.

(Foto: Robert Haas)

Angelika-Lex-Fonds will noch mehr Projekte fördern

Von Bernd Kastner

Die Botschaft klingt simpel: "Wir bleiben dran." Antonia von der Behrens sagt das, wohlwissend, dass dieses Dranbleiben nicht so einfach ist und Geld kostet. Ihre Botschaft richtet sich an zwei Adressaten, an den Staat und an die rechtsextreme Szene. Ziel ist, Strukturen der Neonazis aufzuklären, und wenn dem Staat dies nicht gelingt, dann müsse die Zivilgesellschaft nachhelfen. Dies sei im Sinne der vor vier Jahren verstorbenen Rechtsanwältin Angelika Lex. Mit einem nach ihr benannten Fonds soll Recherche zur rechtsextremen Szene unterstützt werden.

Als Angelika Lex im November 2015 den Georg-Elser-Preis für ihr Lebenswerk erhielt, sagte sie: "Wir brauchen Menschen, die gegen Nazis, Faschisten und Rassisten arbeiten. Wenn jeder von uns einen Schritt weitergeht, als er sich ursprünglich vorgenommen hat, dann mache ich mir keine Sorgen." Diese Sätze sind ihr politisches Vermächtnis, wenige Wochen später ist sie im Alter von 57 Jahren gestorben. Wichtiger Teil ihres Lebens war der politische und juristische Kampf gegen rechts.

Initiiert haben den "Angelika-Lex-Fonds" ihr Ehemann Siegfried Benker, früher Grünen-Stadtrat und heute Vorstand von Before, Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, und Anwälte aus dem NSU-Verfahren, die wie Lex Angehörige von Opfern vertraten; die Berlinerin Antonia von der Behrens ist eine von ihnen. Angegliedert ist der vor einem Jahr gegründete Fonds bei Aida, der Antifaschistischen Informations- und Archivstelle in München. Nun wollen ihn die Initiatoren auf ein breiteres Fundament stellen, um mit mehr Geld Recherche-Lücken zu schließen. So sei für die Behörden der NSU-Komplex nach dem Urteil im Juli 2017 abgeschlossen, kritisiert Benker, dabei sei bis heute unklar, welches Netzwerk das Mördertrio unterstützt habe und wie es womöglich weiterwirke. Dass es diese Strukturen gegeben habe, sagt von der Behrens, sei klar; allein, man wisse immer noch nicht, wer dazu gehörte. "In Behörden, Polizei und der Zivilgesellschaft fehlt das Bewusstsein für den organisierten Rechtsterrorismus", sagt Benker und erinnert an den bis heute nicht aufgeklärten Oktoberfest-Anschlag von 1980 und das Attentat am OEZ.

Unterstützen wolle der Lex-Fonds etwa das Projekt NSU-Watch: Ein Team von Prozessbeobachtern hat die Verhandlung gegen Beate Zschäpe und ihre Mitangeklagten verfolgt, die Protokolle sollen bald komplett veröffentlicht sein. Auch künftige Prozesse gegen Rechtsextremisten wolle das Team besuchen, um Rückschlüsse auf die Szene zu ziehen. Profitieren soll auch das Projekt "München-Chronik", das rechtsextreme und diskriminierende Vorfälle und Aktivitäten dokumentiert. Zudem wollen Recherchestellen wie Aida und ihr Berliner Pendant Apabiz sowie kleinere Vereine ein bundesweites Datenbankprojekt aufbauen. Dass der Lex-Fonds bei Aida installiert ist, erinnert an den juristischen Kampf, den Angelika Lex für das Archiv geführt hat. Lex erreichte 2012 vor Gericht, dass der Verein aus dem Verfassungsschutzbericht gestrichen wurde.

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