Brandstiftung am Viktualienmarkt:Die dunkle Seite des Marktes

Viktualienmarkt in München, 2012

Wahrzeichen der Stadt: Der Viktualienmarkt in München

(Foto: Robert Haas)

Auf dem Viktualienmarkt ist ein Stand abgebrannt. Doch es ist nicht der erste Fall von Vandalismus im Herzen der Stadt. Die Händler sind in Aufruhr und fordern Kameras, eine bessere Beleuchtung und nachts Sicherheitsleute.

Von Florian Fuchs

Die Bäume sind noch verkokelt, genau wie der Betonboden, auf dem schwarzer Ruß zu sehen ist. Vor kurzem standen hier, nicht weit vom Maibaum auf dem Viktualienmarkt, noch Auslagen mit Pilzen und Waldfrüchten. Doch in der Nacht zum vergangenen Freitag, brannte der Stand ab. Brandstiftung, sagt die Polizei. Nun sind die Händler in Aufregung: Sie berichten von Vandalismus und zahlreichen nächtlichen Einbrüchen und fordern mehr Hilfe von Polizei und Stadt. Vor allem ein Sicherheitsdienst und mehr Beleuchtung im Marktbereich sollen her.

Georg Fürmeier vom "Gewürzwerk" zum Beispiel steht in seinem Stand, verrührt einen weißen Quark mit grünen Kräutern, und sagt: "Bei mir sind sie in den letzten vier Wochen dreimal eingestiegen." Immer haben die Täter an einer Stelle die Plane aufgerissen und dann mitgenommen, was sie tragen konnten. "Das waren mal 50 Euro, mal 200 Euro Schaden", sagt Fürmeier.

Ein paar Stände weiter steht Marco Bucher neben seinem "Delikat Laden" und erzählt ähnliches: "Bei mir sind sie in den letzten Wochen auch eingestiegen, einmal hat einer der Täter eine Scheibe eingeschlagen und sich dabei selbst so verletzt, dass ich am nächsten Morgen eine riesige Blutlache im Laden hatte." Bucher verkauft vor allem Obst. Das Schlimmste, sagt er, seien gar nicht die gestohlenen Waren. "Die randalieren hier, wenn sie durch die Planen gekommen sind. Die machen alles kaputt."

Auch andere Händler sind erzürnt, und Elke Fett will nun für mehr Sicherheit auf dem Viktualienmarkt sorgen. Wenn die Sprecherin der insgesamt 130 Händler über den Marktplatz geht, dann hält sie bei jedem Kollegen für einen kleinen Plausch. Momentan dreht sich in den Gesprächen alles um den Brand und den Vandalismus. "Die Leute urinieren hier nachts hin, schmeißen ihren Müll weg. Wir haben Glasflaschen und Dreck vor den Ständen, wenn wir aufsperren. Da sind nachts Betrunkene unterwegs, und ich weiß nicht, wer sonst noch."

Der Viktualienmarkt liegt mitten in der Stadt, das ist eine exponierte Lage. Nachts kommen hier viele Leute durch, auch viele Betrunkene. Und die Stände kann man nicht so gut sichern wie normale Einkaufsläden: Viele haben ohnehin schon feuerfeste Planen, die man nur schwer aufschlitzen kann. Von Einbrüchen berichten die Händler trotzdem, sie haben deshalb nun andere Ideen gesammelt, wie sich die Sicherheitslage aus ihrer Sicht verbessern lässt. Fett etwa würde gerne Kameras auf dem Marktplatz verteilen, die nur von Mitternacht bis morgens um 5 Uhr eingeschaltet sind. "Das würde für Abschreckung sorgen."

Am 31. Januar auf ihrer Hauptversammlung wollen die Händler diskutieren, ob sie zusammenlegen und einen Sicherheitsdienst engagieren wollen, der nachts mit Wachhunden patrouilliert. Eine Mehrheit der Geschäftsleute fordert zudem mehr Beleuchtung. "Bei uns ist es stockfinster nachts", sagt Fett, "da können die Täter schön in der Dunkelheit arbeiten."

Es gibt auch Händler, die der Polizei vorwerfen, dass sie weniger Streife fahre, seit die Polizeiinspektion 11 wegen Renovierungsarbeiten von der Hochbrückenstraße ins Präsidium an der Löwengrube umgezogen ist. "Das stimmt nicht", sagt Sprecher Wolfgang Wenger, "wir sind nachts mit Streifen und Zivilpolizisten genauso wie vorher präsent." Wenger hat am Mittwoch extra Elke Fett besucht und sie beruhigt. Die offizielle Statistik der Polizei zeichnet nämlich ein anderes Bild.

Demnach gehen die Delikte auf dem Viktualienmarkt seit Jahren zurück. Im Jahr 2010 gingen noch 20 Anzeigen wegen Sachbeschädigung ein, 2011 waren es nur noch 13. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Polizei sieben Sachbeschädigungen. Einbrüche gab es 2009 noch 17, 2010 und 2011 waren es sechs und vier, im vergangenen Jahr wieder acht. Die Händler erklären, dass sie die meisten Delikte gar nicht mehr melden, weil sie damit nur noch mehr Arbeit hätten. Wenger sagt: "Wir brauchen natürlich die Anzeigen, um die Sicherheitslage bewerten zu können."

Das gleiche sagt auch Monika Ackermann von den Markthallen München, die für die Stadt auch den Viktualienmarkt betreuen. "Wir würden uns von dieser Seite mehr Initiative wünschen", sagt Fett. Ackermann ist durchaus aufgeschlossen, einen Sicherheitsdienst zu organisieren. Die Kosten würden aber auf die Händler umgelegt. "Daran ist dieses Modell in den vergangenen Jahren gescheitert." Kameras hält sie angesichts der Diskussionen um Datenschutz für weniger praktikabel.

Und wegen der Beleuchtung gebe es ohnehin Beschwerden eines Anwohners, dem es jetzt bereits zu hell ist. "Man muss immer zwei Seiten sehen", sagt Ackermann. Bis vor fünf Jahren sei es den Händlern noch vorgeschrieben gewesen, ihre Stände jede Nacht zurückzubauen. Dann sei die Regelung gekippt worden, die Waren liegen deshalb nun oft direkt hinter den Planen. "So etwas zieht Täter an." Allerdings seien die Markthallen "vernünftigen Gesprächen" immer aufgeschlossen. In den nächsten Wochen soll es ein Treffen geben. "Und vielleicht finden wir dann gemeinsam eine praktikable Lösung", sagt Ackermann.

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