Brand in Wohnhaus:Verzweiflung mit Gesicht

Brand in Wohnhaus: Verbrannt, verrußt, unbrauchbar: Nicht nur das Bad der Familie Berisha ist vor zwei Wochen durch einen Brand zerstört worden.

Verbrannt, verrußt, unbrauchbar: Nicht nur das Bad der Familie Berisha ist vor zwei Wochen durch einen Brand zerstört worden.

Flammen haben alles zerstört: Am 11. Februar verlor Xhemali Berisha bei einem Brand in der Siedlung Kaltherberge seinen gesamten Besitz. Nun lebt er mit seiner Familie in einem Ausweichquartier, schläft auf blankem Estrich - und braucht dringend Hilfe.

Von Thomas Kronewiter

Vom Nichts trennen Xhemali Berisha und seine Familie drei Matratzen, eine Handvoll Teppiche und ein paar Kleidungsstücke. Gerettet hat der 30-Jährige außerdem noch sein Handy und das Auto. Der Rest ist vor zwei Wochen verbrannt, verrußt, unbrauchbar geworden. "Wir sind äußerst unglücklich", sagt der Familienvater inmitten des Wohnzimmers einer Ausweichwohnung, die ihm sein Vermieter, die WSB Bayern, zugewiesen hat.

Hier, in dem Jahrzehnte alten Wohnblock der Siedlung am Lerchenauer See, gibt es nicht einmal Bödenbeläge. Unter den kleinen Teppichen der Berishas befindet sich der nackte, mit Kleberresten beschmierte Beton-Estrich. Hausaufgaben machen die beiden Schulkinder der Familie derzeit auf dem Boden. Das Essen wird auf dem Balkon gelagert - einen Kühlschrank hat die Familie nicht mehr.

Das Drama im Leben der fünfköpfigen Familie begann am 11. Februar. Learta und Leorinda, die neun- und achtjährigen Töchter, wissen das Datum noch auf Anhieb. Um die Mittagszeit hören die Berishas, die zu diesem Zeitpunkt im Wohnzimmer Besuch bewirten, aus dem Schlafzimmer einen Knall. Der Versuch, die Schlafzimmertür zu öffnen, scheitert. "Die Tür war wie mit zehn Schlössern versperrt", erzählt Xhemali Berisha.

Die Angst, dass sich womöglich der sechs Monate alte Sohn der Besucher im Schlafraum befindet, versetzt die Anwesenden in Panik. Als es seinem Cousin schließlich gelingt, die Tür einzudreschen, schlagen bereits Flammen aus dem Zimmer. Zwar befindet sich kein einziges der Kinder im Schlafzimmer, wie Xhemali, der sich in die Flammen stürzt, schnell feststellt. Aber das Feuer ist auch nicht mehr einzudämmen. Die Feuerwehr muss sogar vorübergehend das ganze Haus evakuieren lassen.

Was den Brand ausgelöst hat, wird noch ermittelt. Rauch und Ruß, die auch in zahlreiche Nachbar-Appartements ziehen, haben die Drei-Zimmer-Wohnung der Berishas unbewohnbar gemacht. Die Fotos, die Xhemali Berisha mit seinem Handy gemacht hat, sind erschütternd - die Wände schwarz, die Schränke mit einer grauen Schicht überzogen. Glastüren sind gesprungen. Die Couchgarnitur, der Fernseher, Spielsachen - das meiste ist kaputt. Die Schuhe sind sogar zum Teil geschmolzen. Der 30-Jährige kann die Tränen nicht mehr zurückhalten, als er die Reste herzeigt. Aus Mitteln des Adventskalenders für gute Werke der Süddeutschen Zeitung hat das zuständige Sozialbürgerhaus der Familie 800 Euro Soforthilfe bewilligt.

Am 1. März bekommt Xhemali Berisha sein Arbeitslosengeld - etwas mehr als 1000 Euro, wovon knapp zwei Drittel für die Miete draufgehen. Denn während die ausgebrannten Räume renoviert werden, zahlt die Familie den Mietzins weiter - nun eben für die 68 Quadratmeter in der Siedlung am Lerchenauer See statt für die Wohnung in der Siedlung Kaltherberge. Aber ob die erst kürzlich abgeschlossene Versicherung zahlt - und wenn ja, wann und wie viel -, wissen die Berishas noch nicht.

Inzwischen braucht Fikrete Berisha, die 29 Jahre alte Mutter von drei Kindern und Ehefrau von Xhemali, eine Kochgelegenheit. Sie braucht Kleider für sich und ihre Kinder. Die Schuhe, die der Vater im Sozialbürgerhaus bekommen hat, haben dem nassen Schnee nicht lange standgehalten. Und um die Kinder in die nun Kilometer entfernte Rothpletzschule zu fahren, wird dem Vater bald nicht mehr möglich sein - Sprit kann er sich nicht leisten.

Xhemali Berisha, der seit 1988 in Deutschland ist, fließend und akzentfrei Deutsch spricht, will unbedingt irgendwo wieder im Verkauf arbeiten. "Das habe ich drauf", sagt er. Damit habe er viel Erfahrung - in den Sicherheitsdienst, für den er zuletzt tätig war, will er ungern zurück. Aber jetzt muss er schnell etwas finden, zumal Ehefrau Fikrete derzeit ihren 400-Euro-Job als Reinigungskraft nicht ausüben kann: Sämtliche eingespielten Wege zwischen Wohnung, Arbeit, Schule und Kindergarten funktionieren nicht mehr.

Die Familie hat viel Hilfsbereitschaft erfahren in den vergangenen Tagen, aber auch Unbehagen erlebt. Unbehagen von Seiten der Mitmieter, die vom Brand ebenfalls tangiert waren. Aber auch Hilfe von den Sachbearbeitern im Sozialbürgerhaus, von Menschen, denen Xhemali Berisha Teppiche abkaufen wollte, damit die Kinder nicht auf Beton sitzen müssen - und die die Vorleger angesichts der Brandnarben in seinem Gesicht einfach hergeschenkt haben.

In vier Monaten soll die fünfköpfige Familie in die Siedlung Kaltherberge zurückziehen. Xhemali Berisha kann sich aber auch vorstellen, am Lerchenauer See zu bleiben - wenn ihn der Vermieter bei der Renovierung unterstützt. Mit anpacken will er.

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