Eine größere Portion Instrumentalmusik als eine Mahler-Symphonie ist kaum denkbar. Und doch ist dieses Konzert des BR-Symphonieorchesters unter der Leitung von Iván Fischer im Herkulessaal auf gewisse Weise auch ein herrlicher Liederabend. Weil zunächst Orchesterlieder von Hugo Wolf erklingen und weil Mahler in seiner Ersten Symphonie ganze Passagen aus seinen eigenen Liedern generiert und sie so zum Bestandteil dieses musikalischen Organismus gemacht hat.
Bei Hugo Wolfs "Harfenspieler"-Liedern Nr. 1 bis 3 sowie "Gebet", "Gesang Weylas", "Anakreons Grab" und "Der Rattenfänger" ist Soloharfenistin Magdalena Hoffmann mit ihrem goldenen Instrument in der Mitte des Podiums postiert. Musikalisch im Zentrum steht natürlich Bariton Hanno Müller-Brachmann. Er prägt den Vortrag der Lieder auf etwas ambivalente Weise. Großartig ist, wie beredt er die gewichtigen Texte (Goethe und Mörike) ins Zentrum seines Gesangs stellt, wie intensiv er inhaltlich gestaltet (auch mimisch). Das Orchester spürt dazu ganz wunderbar nach, wie der Instrumentalsatz zwischen Transparenz und fülliger Wärme austariert ist. Darüber aber steht Müller-Brachmanns relativ harte Stimme, durch die die vorherrschend ruhig sinnierenden Lieder manchmal herb klingen. Beim schnellen, exklamatorischen "Rattenfänger" hingegen passt sie perfekt.
Die Mahler-Symphonie offenbart dann ganz besonders, welch beeindruckender Dirigent Iván Fischer ist. Dieses immense Werk leitet er auswendig. Und das Orchester folgt ihm in jeder Nuance der leisen Genesis des ersten Satzes, der subtilen Freundlichkeit des Trios aus dem zweiten Satz, der melodisch gebrochenen Schönheit der diversen Liedmelodien, der kleinen grotesken Klangeffekte sowie in die entfesselten Stürme bis zum monströsen Finale, das die Hornisten zur endgültigen Steigerung der Klanghypnose im Stehen spielen.