Süddeutsche Zeitung

Bond-Girl Karin Dor:Das ewig süße Mädel

Karin Dor war das einzige deutsche Bond-Girl. Ein Gespräch über Königsberger Klopse, Sean Connerys Augen und ihre Rolle an der Komödie im Bayerischen Hof.

Petra Hallmayer

Sie war das einzige deutsche Bond-Girl, Winnetous Geliebte und die Schöne in vielen Edgar-Wallace-Filmen. Karin Dor ist eine deutsche Kinolegende. Heute Abend steht sie um 20Uhr in "Man liebt nur dreimal" von Gunther Beth und Barbara Capell in der Komödie im Bayerischen Hof auf der Bühne.

SZ: Das Stück wurde eigens für Sie geschrieben. Erkennen Sie sich in Isabella wieder?

Karin Dor: Aber sicher. Ihre drei Verehrer entsprechen meinen drei Ehemännern. Und wir haben denselben Unabhängigkeitsdrang. Mein dritter Mann George Robotham wollte nicht, dass ich in Deutschland arbeite. Aber ich hab' ihn vor die Wahl gestellt: Entweder ich darf arbeiten, oder aus der Heirat wird nichts. Meine erste Ehe ging ja bloß gut, weil wir dauernd getrennt waren.

SZ: Sie waren 16, als Sie den 30Jahre älteren Regisseur Harald Reinl geheiratet haben.

Dor: Oh Gott, ja. Ich war blutjung. Er hat mir noch vor dem ersten Kuss einen Heiratsantrag gemacht. Aber ich hab ihn sehr geliebt. Ich hab alle meine Männer geliebt.

SZ: Der Komödientitel spielt auf Ihre Rolle als Bond-Girl in "Man lebt nur zweimal" an. Waren Sie damals sehr aufgeregt, als Sie zum Vorsprechen fuhren?

Dor: Ich war stinksauer! Ich wollte in Urlaub fahren. Aber meine Agentin buchte mir einen Flug nach London. Auf dem Flughafen kaufte sie mir hockhackige Schuhe, in denen ich kaum laufen konnte, weil sie eine 1,75 Meter große Blondine suchten. Als mich dann der Produzent Albert Broccoli fragte, welchen Bond-Film ich gesehen hätte, sagte ich: "Gar keinen!" Ich kannte Sean Connery überhaupt nicht. Aber meine Agentin schwärmte mir ständig vor, was für ein toller Mann das sei.

SZ: Und?

Dor: Bei den ersten Proben dachte ich: Um Gottes willen, ist der langweilig! Aber als die Klappe fiel, war plötzlich alles da: der Wahnsinnscharme, die Coolness und the sparkle, dieses berühmte Funkeln in den Augen. Er war phänomenal. Aber bei Proben hat er sich nie angestrengt, der faule Kerl.

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Dor: Dabei haben mich Taucher an den Füßen hinuntergezogen. Die hatten ein Double dafür engagiert. Aber ich wollte es unbedingt selbst versuchen. Wir haben ja auch bei den Winnetou- und Edgar-Wallace-Filmen sehr vieles selber gemacht.

SZ: Wurde der deutsche Film damals im Ausland wahrgenommen?

Dor: Überhaupt nicht. Kein Mensch kannte Karin Dor.

SZ: Zwei Jahre später jedoch engagierte Hitchcock Sie für "Topas".

Dor: Da fiel ich aus allen Wolken. Er hatte ja vor mir schon 90 Schauspielerinnen eingeflogen. Ich packte kaum etwas ein für den Flug. Und als ich dann die Zusage bekam, sagte ich völlig entgeistert: "Aber Mr.Hitchcock, ich hab' ja gar nichts mit!" Er aber meinte nur: "Gehen Sie einkaufen und bringen Sie mir die Rechnung." So schnell bin ich noch nie losgesaust.

SZ: Bei dieser Sterbeszene gab es Probleme mit Ihrem Kleid. War der Gedanke umzudisponieren für Hitchcock völlig ausgeschlossen?

Dor: Wenn er sich eine Szene im Kopf ausgemalt hatte, rückte er davon nicht ab. Er hatte mir alles schon ganz am Anfang in seinem Büro haarklein beschrieben: Nach dem Schuss sollte Juanita niedersinken wie in einen "pool of blood". Aber das Kleid fiel nicht richtig. Sie haben ewig mit einem Double herumprobiert. Bis sie am Saum Nylonschnüre befestigten und an jedem Schnurende ein Arbeiter saß, der auf Kommando anzog. Nun war das ja akribisch austariert. Also lief ich im Badetuch herein, das Double stieg aus dem Kleid und ich hinein. Aber so war dann alles, wie er es sich vorgestellt hatte.

SZ: Er soll Sie ja auch in Ihrem Wohnwagen aufgesucht haben. . .

Dor: Oh ja. Er kam regelmäßig vorbei und ließ sich von mir erklären, wie man Königsberger Klopse oder Kohlrouladen macht. Seine Sekretärin musste für seine Köchin mitschreiben. Zu seinem Büro gehörte ein Speisezimmer. Essen war seine große Leidenschaft.

SZ: Ihr wichtigster deutscher Regisseur war Harald Reinl, der die Karl May- und Edgar-Wallace-Filmwellen begründete.

Dor: Er hatte eine phantastische Nase für Stoffe. Über seine Qualitäten in der Schauspielführung kann man streiten. Doch für den deutschen Kriminalfilm waren die Wallace-Filme innovativ. Heute kann man darüber lachen. Aber auch die Dreharbeiten waren oft irrsinnig komisch. Bei "Der unheimliche Mönch" gab es in einem dieser Gruselschlösser einen kleinen Bühnenarbeiter, der vor Ilse Steppat und mir rückwärts mit der Klappe herlief und plötzlich ragten nur noch seine O-Beine aus einer Truhe in die Luft. Wir konnten gar nicht mehr aufhören zu lachen. Nach dem vierten Drehanlauf schickte Reinl uns raus, damit wir uns beruhigten. Ich habe diese Filme geliebt! Aber ich habe auch meine Heimatfilme geliebt.

SZ: Hatten Sie nie Probleme mit dem Frauenbild, das Sie darin verkörperten?

Dor: Das kam mir damals doch entgegen. Ich habe mir ja auch immer ältere Männer gesucht, weil ich mich bei ihnen beschützt fühlte. Erst später habe ich mich aus dieser Süßes-Mädel-Rolle befreit.

SZ: Es gab ja Jahre, in denen Sie fünf Filme gedreht haben.

Dor: Einmal habe ich sogar zwei Filme parallel gemacht. Ich kam um fünf Uhr vom Nachtdreh ins Hotel und um sieben holte mich der Chauffeur für den nächsten Film ab. Das war richtig hart. Aber sonst habe ich den Stress mit einem Fingerschnippen weggesteckt.

SZ: Dennoch verlief ihr Leben nicht nur glatt. . .

Dor: Es gab eine Zeit, in der es mir sehr elend ging. Ich war schlaftablettensüchtig und musste einen Entzug machen. Von den Tabletten wegzukommen, war ungeheuer schwer.

SZ: War das der Grund, weshalb Ihre Karriere ins Stocken geriet?

Dor: Nein. Ich kam an einen Punkt, an dem mir mein Privatleben wichtiger war. Ich hatte durch die Karriere ja schon meine Jugend verloren. In dem Alter, in dem andere sich ihre erste Wohnung einrichten, hatte ich schon ein Haus.

SZ: Ist das nicht traumhaft?

Dor: Die Schritte, die andere über Jahre machen, habe ich im Zeitraffer durchlaufen. Ich hatte ein herrliches Leben. Aber ich war nie ganz unbeschwert jung, weil ich immer gearbeitet habe. Ich brauchte irgendwann eine Auszeit.

SZ: Vermissten Sie den Glamour?

Dor: Um Himmels willen! Was glauben Sie, auf wie vielen Empfängen ich allein rund um den James-Bond-Film war. Das war alles herrlich. Aber irgendwann hat man genug davon. Zur Oscarverleihung etwa - da hätte man mich später hinprügeln müssen!

SZ: In Margarethe von Trottas Melodram "Ich bin die Andere" sind Sie auf die Leinwand zurückgekehrt. Würden Sie sich wieder mehr Filmrollen wünschen?

Dor: Ich spiele mit der gleichen Leidenschaft Theater, mit der ich Filme drehe. Aber ich will in Zukunft vor allem weniger arbeiten. Das Einzige, was ich mir im meinem Leben noch wünsche, ist Zeit, um es zu genießen.

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SZ vom 27.08.2008/lado
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