Süddeutsche Zeitung

Bogenhausen:Tagen im Corona-Modus

Nach 80-minütiger Diskussion einigen sich die Lokalpolitiker auf Regelungen und einen Sonderausschuss. Dabei werden auch Probleme bei Abstimmungsprozessen kritisiert und Kommunikationsbedürfnisse geäußert

Von Nicole Graner, Bogenhausen

"Zwei Herzen schlagen in seiner Brust" erklärt Florian Ring (CSU). Der Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA) Bogenhausen erklärt in der jüngsten Sitzung, dass man die Vollversammlungen in der aktuellen Corona-Lage einerseits "effektiv" ausführen wolle. Was heißt: Mit Diskussionen, persönlichen Gesprächen und den Gästen aus der Bevölkerung. Aber andererseits sei auch die gesundheitliche Gefährdung der Personen durch eine Plenumssitzung ernst zu nehmen. Die erneute Wahl eines Sonderausschusses, oder Corona-Ausschusses, wie ihn der BA nennt, sei daher notwendig. Er betonte, dass dadurch nicht in Mitglieder erster und zweiter Klasse unterteilt werde.

Die Grünen hatten sich bereits Gedanken gemacht, wie man während Corona tagen könnte und erläuterten ihre Ideen in einem Dringlichkeitsantrag. Mindestens bis 31. Mai sollten folgende Regeln gelten: In allen Sitzungen müsse ein ausreichender Mindestabstand von mindestens 1,5 Metern gewährleistet sein und die AHA-Regeln gelten. Masken dürften bei einem Siebentage-Inzidenzwert von 50 nur während eines Redebeitrags abgenommen werden. Ab einem Siebentage-Inzidenzwert von 100, so heißt es im Dringlichkeitsantrag der Grünen, werden die Unterausschusssitzungen abgesagt. Ersatzweise sollen Besprechungsrunden eingesetzt werden, zum Beispiel als Videokonferenz. Damit könnten, so Samuel Moser (Grüne), auch politische Diskussionen stattfinden, die sonst in den Unterausschüssen stattfinden. In diesen Konferenzen könne auch geklärt werden, in welchen Punkten der Tagesordnung es Übereinstimmung oder Dissens gebe. Falls keine ausreichend großen Räumlichkeiten verfügbar seien, um den Mindestabstand einzuhalten, solle anstelle des Plenums ein Sonderausschuss mit einer digitalen Übertragungsmöglichkeit für die anderen Gremiumsmitglieder tagen.

Wichtig sei den Grünen vor allem, erklärt Samuel Moser (Grüne), dass so viele BA-Mitglieder an den Sitzungen teilnehmen könnten wie möglich.

Dieser Vorschlag war der Grundstein für eine lange Diskussion. Über Coronasitzungen an sich, über Kommunikationsprobleme der Mitglieder und des Vorstands, über fehlende technische Grundlagen, um virtuelle Sitzungen abzuhalten und über die Frage, wie demokratisch ein BA während der Pandemie sein kann. Xaver Finkenzeller (CSU) erklärte, dass bis jetzt doch alles gut "gelaufen sei", meistens alle Mitglieder dabei sein konnten und informiert worden seien. "Mehr Demokratie geht doch nicht." Der BA sei außerdem nicht der Landtag oder Bundestag. "Wir nehmen uns viel zu wichtig", meinte Finkenzeller. Er empfand den Corona-Fahrplan als zu eng gefasst. Eine "Marschroute" bis zum 31. Mai festzulegen, sei zu unflexibel.

Man sei aber ein gewähltes Gremium, widersprach Angelika Pilz-Strasser (Grüne) und kein "Schönwetter-Ausschuss". Ein intensiver Austausch zwischen den Mitgliedern sei wichtig, gerade dann, wenn Sonderausschüsse tagen müssten. Es sollten alle die Chance haben, mit zu diskutieren und am Abstimmungsprozess teilzunehmen. Daher sollte es mehr digitale Kommunikationsmöglichkeiten geben und die Vollversammlungen sollten so sicher wie möglich gestaltet werden.

Der Wunsch nach einer besseren Kommunikation innerhalb des Gremiums wurde deutlich. Ein Austausch sei, wie die Grünen noch einmal betonten, nicht immer möglich. Mails an den Vorsitzenden würden nicht beantwortet, Unterlagen erst eine Stunde vor der Sitzung bereitgestellt. Ja, man wolle mehr miteinander kommunizieren - darin waren sich die Parteien dann doch einig. Und Florian Ring (CSU) betonte, dass man jederzeit mit ihm reden könne. Auch glaube er, dass man bereits auf einem "guten Weg" sei, sich die "Reibereien" minimierten. Man einigte sich auf folgende Regelung: Im Dezember fallen alle Unterausschusssitzungen aus. Auch soll im Dezember eine Vollgremiumssitzung stattfinden, sofern der passende Raum gefunden wird. Für eine verbesserte Kommunikation schicken die UA-Sprecher ihre Beschlussempfehlung an alle Fraktionssprecher - bis Montag vor der Fraktionssitzung. Drei Tage später soll dann außerdem auch eine Webex-Konferenz für den Austausch stattfinden. Nach 80 Minuten war es dann auch möglich, einen Sonder- beziehungsweise Coronaausschuss zu wählen. 16 Mitglieder hat er, Florian Ring ist der Vorsitzende.

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Quelle:
SZ vom 16.11.2020
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