Bogenhausen:Spiegel der Zeit

Frei nach Erich Kästner proben die Grundschüler an der Stuntzstraße für das Theaterstück "Die Kinderkonferenz". In die Texte fließen auch internationale Konflikte und persönliche Ängste ein

Von Helena Ott, Bogenhausen

Zuerst wiegen sie den Kopf hin und her, laufen mit den Stelzenbeinen an - und fliegen. Die bunten Federn an ihren Masken flattern, jede wurde individuell gestaltet. Die Vogelbotschafter üben ihren Text im Chor: "Heute in zwei Wochen große Kinderkonferenz am Wasserloch in der gelben Steppe". Auch die beiden Drittklässlerinnen, gekleidet mit Schaumstoffstreifen im Zebramuster, trainieren Text und richtigen Galopp. Dann tritt Alex in die Turnhallenmitte. Er ist der Löwe in der "Großen Kinderkonferenz" - dem Stück nach Erich Kästners Kinderbuch "Die Konferenz der Tiere", das der Verein "Zirkel" für das Theaterprojekt der Grundschule an der Stuntzstraße umgeschrieben hat.

Noch wird geprobt: "Stell' dir vor, wie schwer so ein Löwe ist, 150 Kilo müssen da den Hallenboden betreten" - die Theaterpädagogin, Micaela Czisch posiert wie ein Ringer und stampft über den Hallenboden. Unter Einsatz ihres ganzen Körpers zeigt sie, wie man die einzelnen Tiere auf der Bühne präsentiert. Emil ist für das Gebrüll zuständig. Zuerst hört es sich noch zaghaft an; doch mit ein Paar Tricks vom Schauspielprofi, "wie man es ganz tief aus dem Bauch holen" kann, wird es gleich deutlich furchterregender. Emil und Alex haben sich für die Tier-Schauspielgruppe entschieden.

Eine Woche steht der Unterricht in der Grundschule an der Stuntzstraße still, alle Schüler nehmen am Theaterprojekt teil. Neben den Tier-Schauspielern gibt es die Kunstgruppe, sie gestalten die Masken, Kostüme und das Bühnenbild; die Menschen-Schauspieler und die Gruppe der "Rasenden Reporter". Letztere begleiten Proben und Aufführungen für eine Audio- und Videodokumentation. Dazu zeigt ihnen Kristina Duma, professionelle Journalistin, wie man das Aufnahmegerät benutzt und die richtigen Fragen stellt.

"Das Projekt machen wir auch, damit geflüchtete Kinder mit den anderen Schülern in Kontakt kommen und sich einander annähern", erklärt Rektorin Renate Schäfer-Pietig, die an ihrer Schule auch zwei Übergangsklassen für Flüchtlingskinder betreut. Genau wie die anderen Schüler haben die Kinder der "Ü-Klassen" frei aus den vier Workshop-Angeboten wählen können: Mohammed ist in der Kunstgruppe, seine Paradiesvogelmaske ist grün und hat viele neonfarbene Federn. Die Rektorin hofft, "dass ihnen durch das gemeinsame Projekt, wenn sie dann soweit sind, auch der Übergang in die Regelklassen leichter fällt". Der Text für das Stück kommt nicht allein aus der Feder des Theaterdramaturgen Alexander Wagner, auch die Schüler haben ihre Gedanken eingebracht. Wie in Kästners Kinderbuch geht es um ein sehr aktuelles Problem: Die Welt ist in Schieflage geraten, Hungersnöte, Kriege und Naturkatastrophen suche sie heim. Aber anstatt dass die erwachsenen Politiker endlich gemeinsam etwas verändern, diskutieren und streiten sie nur.

Deshalb laden die Tiere zur gemeinsamen Konferenz mit den Kindern: Für diese Szene haben die Schüler gesammelt, was sie gern an der Welt verändern würden. Sätze wie "Mir liegt am meisten am Herzen, dass es keine Hungersnöte gibt" oder "Der Krieg in Syrien macht mir Angst. Ich wünsch mir, dass der Krieg aufhört" fließen so in das Theaterstück ein.

Premiere ist am Freitag, 24. Juni, in der Turnhalle der Grundschule an der Stuntzstraße 55. Um 15 Uhr führen die Erst- und Zweitklässler ihre Inszenierung auf, um 16. 30 Uhr folgt die öffentliche Aufführung der Dritt- und Viertklässler.

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