Araber in München:Anwohner beschweren sich über Medizintouristen

Verschleierte Frauen in Maximilianstraße

Die gute medizinische Versorgung lockt Gäste aus arabischen Ländern nach München.

(Foto: dpa)
  • Das städtische Klinikum, Ärzte und Spezialkliniken locken in Bogenhausen zahlungskräftige Patienten aus arabischen Ländern an. Oft kommen sie mit ihrer ganzen Familie nach München.
  • Bewohner des Arabellaparks beschweren sich jetzt über die Medizintouristen als Nachbarn: Sie fühlen sich von deren Verhalten gestört.
  • Für Eigentümer ist die Vermietung von Wohnraum jedoch ein lukratives Geschäft.

Von Renate Winkler-Schlang

Michael Schmid (Name geändert) freut sich über die Gemeinschaft in seinem Haus im Arabellapark, man kennt sich und hilft sich. Doch zwei der Wohnungen am Rosenkavalierplatz seien an eine Person vermietet, die er nicht kenne. Diese vermiete unter. Eigentlich kein Problem, doch die Untermieter seien äußerst zahlreich. Sie wechselten häufig. Sie machten Lärm, verursachten Geruchsbelästigung mit ihren exotischen Gerichten und auch mit dem Müll, den sie oftmals einfach nur in den Flur stellten oder auch mal zum Fenster rauswürfen. Beschwerden verstünden sie nicht - würden sie von einer Frau vorgetragen, nähmen sie sie gleich gar nicht ernst. Wenn jemand unten die Tür öffne, strömten sie einfach mit rein, die Frauen von oben bis unten schwarz verhüllt, sodass man nicht mehr sicher sei, wer sich alles aufhalte in diesem Haus. Michael Schmid beschwert sich über Medizintouristen aus arabischen Ländern.

Das städtische Klinikum, außerdem Ärztehäuser und Spezialkliniken: Bogenhausen hat medizinisch viel zu bieten. Das lockt auch zahlungskräftige Patienten aus anderen Ländern an. Länder, in denen es Sitte ist, dass die ganze Verwandtschaft dem Kranken beisteht, egal, wo auf der Welt dieser in einem Krankenbett liegt. Viele Hotels und auch viele Münchner Läden profitieren von diesem Boom. Doch offenbar können oder wollen sich nicht alle arabischen Großfamilien ein Hotel leisten. Schmid vermutet, dass sie vor allem die Möglichkeit schätzen, sich in einer Küche ihre vertraute Kost selbst zuzubreiten.

Der Mann versichert, er sei kein Fremdenfeind

Der Mieter vom Rosenkavalierplatz hatte früher selbst einen Beruf, der ihn in viele Länder führte. Er sei keinesfalls ein Fremdenfeind, versichert er. Dennoch gehe ihm diese Zweckentfremdung von Wohnraum zu weit, zumal diese Touristen im Arabellapark die Preise verdürben, der Hauptmieter mache so seinen Reibach. Auch der Sicherheitsaspekt sei nicht zu unterschätzen, findet er. "In einem Hotel müssten sie sich registrieren." Schmids Nachbarin Anna Müller (Name ebenfalls geändert) leidet vor allem unter diesem Gefühl, nicht mehr ganz sicher zu sein in der eigenen Wohnung. Und dass die Untermieter oben ihre Kippen auf ihren Balkon fallen ließen, sei schon ärgerlich genug.

Schmid und Müller erzählen auch von Verkäuferinnen unten im Haus, die sich belästigt fühlten. Doch in der Bäckerei dort dementieren die Damen: im Gegenteil, die Araber seien prima Kunden. Auch im Alten- und Service-Zentrum unten im Haus mag man nichts zu tun haben mit derlei Kritik an Ausländern. So hielt es offenbar bisher auch der Vermieter, die Versicherung LV1871. Der Sachbearbeiter habe nicht reagiert auf Beschwerden, erzählen die beiden. Die Pressesprecherin dagegen versichert, man nehme das Problem natürlich ernst - allein, es sei sehr schwer, die Vorwürfe mit Beweisen zu unterfüttern.

Hotel- und Gaststättenverband ist verärgert

Herr Schmid und Frau Müller wissen das, sie sind daher froh, dass es in der Umgebung Mitstreiter gibt. Eine Hausgemeinschaft an der Elektrastraße hatte sich kürzlich an den CSU-Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper gewandt und auf seinen Rat hin eine Petition im Landtag einbracht. Brannekämper erklärt, er bekomme viele Zuschriften zu diesem Thema. Auch den Hotel- und Gaststättenverband ärgere die Abwanderung der Touristen ins private Umfeld. Das Problem in einem Mietshaus sei vielleicht über den Vermieter noch leichter lösbar. In einem Haus voller Eigentumswohnungen sei der Vorwurf der Zweckentfremdung der sicherste Hebel für die Kritiker, sagt Brannekämper. Doch für solche Untervermietung bestehe keine Meldepflicht. Was Zweckentfremdung ist, sei Interpretationssache. Braucht es dazu zum Beispiel für die Untermieter Service? Und wenn ja, wie viel? Und wer beweist das? Zudem seien die Bußgelder dafür nach seinem Dafürhalten noch viel zu moderat. Wer pro Nacht und Person bis zu 250 Euro verlange, zahle leicht mal ein Bußgeld, so Brannekämper.

Schmid hat den Verdacht, dass das Klinikpersonal solche Untermietplätze vermittelt. Klinikums-Pressesprecher Raphael Diecke jedoch weist dies von sich. "Alle Anliegen außerhalb der Medizin werden von den Patienten oder von einem Betreuer oder Vermittler der betreffenden Botschaft organisiert." Das Klinikum nehme keinen Einfluss und erteile auch keine Unterkunftsempfehlungen. Dort wisse man nicht einmal, wie viele arabische Patienten sich in Bogenhausen behandeln lassen: "Wir weisen das nicht gesondert aus."

Konsulatssprecher zeigt Verständnis für die Beschwerden

Das Konsulat der arabischen Emirate an der Lohengrinstraße könnte nun hinweisen auf den Nutzen der Touristen für die Stadt, auf Gönner und Spender für Münchner Großprojekte wie den Sultan von Oman, der 17 Millionen Euro für das neue Haunersche Kinderspital gegeben hat, es könnte die Belästigungen herunterspielen. Doch Diplom-Übersetzer Mohand Aourane versteht den Ärger der Anlieger. Sowohl im Heimatland wie auch in München bemühten sich offizielle Stellen, den Touristen die Mentalitätsunterschiede deutlich zu machen und darauf hinzuwirken, dass die Gäste sich auch wie solche verhalten- jedoch vergebens. Es handle sich vielfach um Beduinen. "Die kommen aus der Wüste", sagt der Übersetzer. "Viele sind das erste Mal in Europa. Das ist nicht einfach. Und manchmal auch peinlich. Leider."

Brannekämper will nun einen runden Tisch organisieren, der sich des Problems grundsätzlich annimmt. Dazu gehöre für ihn auch die Umkehr der Beweispflicht: Wer an wechselnde Gäste untervermiete, müsse nachweisen, dass er sich nicht der Zweckentfremdung schuldig mache. Und Schmid und Müller versuchen weiterhin, ihren Vermieter zum Handeln zu bewegen.

Anmerkung der Redaktion: Mohand Aourane ist nicht, wie in einer früheren Fassung berichtet, Sprecher des Konsulats, sondern Diplom-Übersetzer.

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