Bogenhausen:Politik mit Provokation

Die Bogenhauser CSU sorgt immer wieder mit umstrittenen Plakataktionen für Aufregung, sieht sich aber im Recht. Nun droht ihrem Kreisvorsitzenden, dem Landtagsabgeordneten Robert Brannekämper, ein Bußgeldverfahren durch die Stadt

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Manchmal handeln sich die Bogenhauser Christsozialen Ärger ein mit ihrer durchaus speziellen Politik-Auffassung - meistens dann, wenn sie ihren Gegnern etwas schriftlich geben. Robert Brannekämper zum Beispiel liegt gerade im Clinch mit der Stadt. Dem Landtagsabgeordneten und CSU-Kreisvorsitzenden, der auch im Bezirksausschuss Bogenhausen sitzt, droht ein Bußgeldverfahren, gegen das er sich bis vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zur Wehr setzen will.

Brannekämpers Unterschrift steht auf einem Antrag, mit dem die Stadtverwaltung ein Problem hat. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) ist der Meinung, dass städtische Informationsveranstaltungen grundsätzlich parteipolitisch neutral sind; die CSU dagegen betrachtet sie als Teil der politischen Willensbildung. Daraus leitet sie das Recht ab, Plakate aufzuhängen, die ihre subjektive Meinung darstellen. Proteste tun die Christsozialen damit ab, dass es sich nur um eine Ankündigung handle. Justitiabel ist das Vorgehen offenbar nicht. In der B-Note für den guten Stil aber bleibt die CSU weit unter der Höchstwertung. Und das nicht zum ersten Mal.

Doch der Reihe nach: Aktuell geht es um das geplante Wohngebiet im Nordosten Bogenhausens, die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM). 30 000 Menschen sollen einmal in dem Quartier leben, 10 000 dort arbeiten. Stadtbaurätin Elisabeth Merk hat schon klargemacht, dass die Stadt dort keineswegs Reihenhäuser mit zwei, drei Geschossen plant, dafür sei der Platz angesichts der Münchner Wohnungsnot viel zu kostbar. Geschosswohnungsbau ist also das Ziel, und die CSU im Stadtrat trägt diese Position grundsätzlich mit. Der CSU in Bogenhausen dagegen ist das SEM-Projekt suspekt: zu viele Menschen, zu hohe Häuser.

schnecke

Zweifelhaftes Geschenk: Was Robert Brannekämper von der Arbeit der Stadtverwaltung hält, zeigte er symbolisch mit der "Verwaltungsschnecke".

(Foto: privat)

Als die Stadtverwaltung im März einen Bürgerworkshop zur SEM veranstaltete, um ihre Pläne vorzustellen und Ideen der Nachbarn aufzugreifen, lud auch die CSU dazu ein, allerdings mit sehr meinungsstarken Plakaten. "Kein neuer Stadtteil aus Plattenbauten!" stand da unter einer Fotomontage: Auf der rechten Seite einer schnurgeraden Straße duckten sich Reihenhäuser, links ragten schmucklose siebenstöckige Wohnwürfel mit Gefängnischarakter auf. "Planungsziel: 40 000 Menschen" stand in roter Schrift auf dem Bild.

Wegen dieser Plakate hat Robert Brannekämper jetzt Ärger mit dem KVR. Erstens sei der Antrag erst einen Tag vor dem Workshop eingegangen und habe gar nicht mehr bearbeitet werden können, weswegen die CSU ihre Plakate quasi illegal aufgehängt habe. Und zweitens, so die Behörde weiter, seien Veranstaltungen der Stadtverwaltung grundsätzlich "neutral, fachbezogen" und nicht politisch.

Die CSU sieht die Sache naturgemäß anders: Den Workshop als reine Informationsveranstaltung darzustellen, sei eine "Farce". Dessen Sinn sei doch ein politischer gewesen, nämlich "die Ideen der Bürger aufzunehmen, diese gemeinsam zu erörtern und sodann in eine Stadtratsvorlage aufzunehmen". Außerdem dürfe man auch als Nichtveranstalter für eine Veranstaltung werben, das sei juristisch nicht zu beanstanden, erklärt die CSU. Dass diese Werbung nicht den Workshop in den Mittelpunkt stellte, sondern vielmehr eine klare Meinung zur SEM, bleibt unerwähnt.

Robert Brannekämper nennt vielmehr einen Präzedenzfall für seine Position: Im Mai 1998 war der Richard-Strauss-Tunnel noch Zukunftsmusik, erste Pläne gab es aber. Der Bezirksausschuss Bogenhausen organisierte eine Einwohnerversammlung, um über diese Entwürfe zu informieren. Die Christsozialen hängten eigene Werbeplakate auf, in Farbe und Layout sahen sie denen der Stadt zum Verwechseln ähnlich.

Fünf Monate vor der Bundestagswahl 1998 erweckte die CSU so den Eindruck, als würde sie im Einsatz für den Tunnel extra eine Veranstaltung ausrichten. "Etikettenschwindel" gifteten die Freien Wähler. Und die damalige Bezirksausschuss-Vorsitzende Christiane Hacker (SPD), die die Versammlung organisiert hatte, war so verärgert, dass sie die Rechtmäßigkeit der Plakataktion prüfen ließ. Das Ergebnis lautete: juristisch einwandfrei. Genau darauf weist Brannekämper, der schon für die Aktion damals verantwortlich zeichnete, heute höchstpersönlich hin.

Rechtlich nebulöser war die Sache mit der Webseite: Im Frühjahr 2013, ein paar Monate vor der Landtagswahl und ein Jahr vor der Kommunalwahl, hatte die CSU im Bezirksausschuss Bogenhausen eine neue Internetadresse: www.ba-bogenhausen.de. Das klang nicht nach CSU, sondern nach der gängigen Abkürzung für den Bezirksausschuss, erweckte also den Eindruck, als würde es sich bei der CSU-Homepage um den offiziellen Internetauftritt des Bezirksausschusses handeln. Die Empörung der anderen Fraktionen war riesig, die Reaktion der Christsozialen zunächst ein Schulterzucken. Erst nach einer Intervention der städtischen Rechtsabteilung wurde der Name der Homepage geändert. Bis dahin vergingen Monate, laut CSU wegen technischer Schwierigkeiten.

Und dann gab es im August 2014 noch eine Plakataktion, die heftigen politischen Streit auslöste. Das war fünf Monate nach der Kommunalwahl - und vielleicht hatte die CSU im Nordosten noch nicht verinnerlicht, dass sie im Rathaus jetzt mit der SPD eine Koalition bildete. Jedenfalls tauchten in Englschalking Plakate auf, mit denen die CSU für ein "Informationsgespräch" warb, das sie diesmal selbst veranstaltete. Der Titel: "Rot-grüner Wahlbetrug". Es ging um eine neue Wohnanlage an der Barlow- und Brodersenstraße, die der Stadtrat trotz schwerer Bedenken des Bezirksausschusses beschlossen hatte. Auf dem Plakat wurden drei Versprechen zu Baudichte und Bürgerbeteiligung aufgelistet, die Rot-Grün gebrochen habe. Die Bogenhauser SPD fühlte sich verunglimpft, die Grünen sprachen von einer "niederträchtigen Entgleisung". Robert Brannekämper, der diesmal nicht als Verantwortlicher auf dem Plakat stand, bezeichnete die Reaktionen als "Affentheater". Der Bezirksausschuss sei gar nicht gemeint gewesen. "Man darf nicht immer alles so persönlich nehmen."

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