Bogenhausen:Merkwürdiger Sinneswandel

Gaertner-Klinik

Ein Anbau (links), der das Ensemble sprengt: die Gaertner-Klinik an der Possartstraße.

(Foto: Privat)

Einen bisher nur geduldeten Anbau der Gaertner-Klinik wollte die Verwaltung offenbar langfristig genehmigen. CSU-Vertreter monieren Fehler und Lügen - und fürchten fatale Auswirkungen auf den Ensembleschutz

Von Thomas Kronewiter, Bogenhausen

Erst schien es ein Routine-Baufall zu sein, dann eine kleine Polit-Posse, nun wächst sich das Festhalten der Bogenhauser Gaertner-Klinik an einem seit Jahrzehnten nur geduldeten Anbau womöglich zum Skandal mit Präzedenzfall-Charakter aus. So sieht es jedenfalls die CSU-Fraktion im Bogenhauser Bezirksausschuss, so sieht es der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper, ebenfalls Mitglied im Bezirksausschuss, und so sieht es die von der CSU-Fraktion beauftragte Anwaltskanzlei Schönefelder Ziegler Lehners.

Die aktuelle Zuspitzung im Streit um den Anbau im parkähnlichen Garten der Klinik: Gegen eine Genehmigung des Anbaus liegt seit 19. Dezember dem Bayerischen Landtag eine Petition vor. Bis über diese entschieden ist, habe die Oberste Baubehörde im Innenministerium Stadtbaurätin Elisabeth Merk gebeten, keine vollendeten Tatsachen zu schaffen, so wissen es die Anwälte. Eine Auskunft dazu war von der Lokalbaukommission (LBK) am Freitag nicht zu bekommen.

Dass genau dies - also eine Genehmigung - nur noch Formsache gewesen wäre, die entsprechenden Unterlagen lediglich noch nicht abgezeichnet seien, haben nach eigener Aussage die von Bogenhausens CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller eingeschalteten Anwälte unmittelbar vor Weihnachten erfahren. Die Lokalbaukommission, so Benno Ziegler, habe den Anbau nun plötzlich bestehen lassen wollen - so lange die Gaertner-Klinik das Gebäude Possartstraße 29 nutzt. Für die Bogenhauser Gegner dieses Vorhabens ein aus ihrer Sicht unverständlicher Sinneswandel, der den Verdacht auf politische Einflussnahme nahelegt: Der Abgeordnete Brannekämper spricht nach Durchsicht der Akten von Halbwahrheiten und Fehlern; Anwalt Ziegler zeigt sich erstaunt, "wie man mit offensichtlichen Lügen Entscheidungsprozesse beeinflussen kann". So sei behauptet worden, der Anbau sei von der Straße aus kaum zu erkennen, oder das Baurecht sei befristet gewährt worden, oder statt der Erweiterung sei lediglich eine Instandsetzung geplant.

Pikant ist, dass sich ausgerechnet eine CSU-Parteifreundin mit der Weiterleitung dieser Argumente pro Klinik in den Fall eingeschaltet hat. Die Landtagsabgeordnete Mechthilde Wittmann - die das Anliegen, wie sie der SZ bestätigte, lediglich zur Prüfung weitergeleitet habe - sei örtlich nicht zuständig, ärgert sich Fraktionssprecher Finkenzeller. Sie hätte seiner Ansicht nach auch nicht einfach die Haltung eines ihr bekannten Interessenvertreters an die LBK weiterleiten dürfen, ohne sich wenigstens mit den Grundlagen des Falls zu befassen. Denn dessen Signalwirkung für das gesamte Ensemble fürchtet die CSU. Werde der Anbau dauerhaft genehmigt, sei es ums Ensemble geschehen. Dann dürften alle Villen-Eigentümer in ihren Gärten Gebäude errichten. Umgekehrt sieht die Bogenhauser CSU reichlich Platz in den bestehenden Klinikgebäuden in Nummer 27, 29 und 31 - auf den Anbau könne also leicht verzichtet werden.

Unbestritten ist, dass der Anbau an die Hals-Nasen-Ohren-Klinik ursprünglich befristet genehmigt war - mit der Auflage, diesen anschließend zu beseitigen. Von letzterem hat die LBK zunächst abgesehen, jedoch bis 2017 nur eine Duldung ausgesprochen. In der Beurteilung der Sachlage blieb die Behörde unter Bezugnahme auf Denkmalschutzexperten immer hart: Der Anbau, so hieß es in diversen Bescheiden, müsse letztlich weg.

Als diese Frist abgelaufen war und die Klinik-Betreiber um dessen Legalisierung sowie um eine Genehmigung für eine Außentreppe baten, schien die Ablehnung zunächst Routine zu sein. Dass es keine andere Wahl als den Abriss gibt, betont der von Anwalt Ziegler beauftragte Denkmalschutzexperte, Architekt Herbert Habenicht. So werde das Ensemble im Villenviertel durch den Anbau "empfindlich gestört". Nur durch den Rückbau könnten "Einzeldenkmal wie Ensemble ihre historische Bedeutung wieder erlangen". Heinrich Wolff, Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht an der Universität Bayreuth, formuliert in einem Gutachten ebenfalls, dass die Versagung der Genehmigung sogar "Pflicht" der Behörde sei.

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