Bogenhausen:Künstlerisch wertvoll

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Der Nord-Ost-Kulturverein widmet seinen 21. Kalender Opernsängerinnen und Bildhauern

Von Nicole Graner, Bogenhausen

Leises Plätschern: Der radschlagende Pfau ist der Mittelpunkt des Brunnens an der Mauerkircherstraße 168. Bildhauer Rolf Nida-Rümelin hat ihn gestaltet. Acht kleine Fontänen sind rund um den Vogel angeordnet. (Foto: privat)

Wenn Hermine Bosetti (1875-1936) Autogrammkarten unterschrieb, dann verlieh sie dem letzten Buchstaben einen besonderen Schwung in Form eines lang gezogenen Bogens. Bewegung ist da drin, Rhythmus und Musik. Das passt. Denn Hermine Bosetti, die eigentlich Hermine von Flick hieß, war eine deutsche Opernsängerin mit klarer Stimme - vor allem in den höchsten Tönen - und Gesangspädagogin. Im neuen Kalender des Nord-Ost-Kulturvereins für das Jahr 2021 und für den Stadtbezirk Bogenhausen ist ihr der Monat September gewidmet. Von 1901 bis 1924 war sie Starsängerin an der Bayerischen Staatsoper in München, und wird, so schreibt Karin Bernst im Begleittext, 1903 sogar zur "königlich Bayerischen Kammersängerin" ernannt. Was sie mit Bogenhausen zu tun hat? Sie kaufte 1911 für 58 000 Mark das Anwesen an der Friedrich-Herschel-Straße 24. Vermutlich wird sie in diesem schönen Haus so manche Tonleiter und Arie geübt haben.

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(Foto: Peter Schinzler, Thomas Bernst)

Das Kalenderblatt für den Januar zeigt die Skulptur "1 und 4 Macht Wir" von Mitra Wakil und Fabian Hesse.

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(Foto: Peter Schinzler, Thomas Bernst)

Das Madonnenrelief für den April ist an der Villa Höchl im Monat April zu sehen.

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(Foto: Peter Schinzler, Thomas Bernst)

Das Haus von Opernsängerin Hermine Bosetti ziert den September.

Das Haus von Hermine Bosetti, die - den Fotos nach zu urteilen - eine schöne Frau gewesen sein muss und sogar für eine Kosmetikfirma Werbung machte, kann man bei einem Spaziergang durch das Viertel heute noch bewundern, wie so viele andere Häuser, in denen einst Künstler wohnten. Ihnen und der Kunst im Stadtbezirk gilt thematisch der Kalender, der vor allem eines sein soll: eine Aufforderung zu einem Spaziergang durchs Viertel und ein liebevoller Blick auf alles Kleine und Verborgene. Es geht um den Bildhauer Rolf Nida-Rümelin, der von 1970 an in Oberföhring lebte. Einige Kunstwerke von ihm sind im Viertel zu sehen wie der radschlagende Pfau, ein Brunnen an der Mauerkircherstraße 168. Es geht um den berühmten Bildhauer Fritz Koenig (1924-2017) oder den Kunsthistoriker Ernst von Bassermann-Jordan (1876-1932). Und Karin Bernst rückt im Kalender (Gestaltung: Thomas Bernst) auch Menschen in den Mittelpunkt, die nicht so bekannt sind, wie eben Hermine Bosetti oder Ziegeleibesitzer Anton Höchl (1818- 1897), der aus bürokratischen Gründen nicht nur zweimal die gleiche Frau ehelichen durfte, sondern auch Maler war - und Chronist. So wollte er in einem Tagebucheintrag mit einem Ausschnitt aus einer Kirchenchronik wohl belegen, dass sich das Klima veränderte. "Das Jahr 1182 war ein so gelinder Winter, daß die Bäume am Lichtmesse Früchte trugen, 1289 war ein so warmer Winter, daß man keinen Schnee hatte, um Weihnachten grünte es schon und die Bäume schlugen aus, im Februar konnte man zeitige Erdbeeren essen..."

Ein Spaziergang durch den Münchner Nordosten. Kunst und Künstler im Stadtbezirk Bogenhausen: Jahreskalender herausgegeben vom Verein NordOst-Kultur. Erhältlich für 6,50 Euro bei Schreibwaren Stangl, Ostpreußenstraße 31 a, oder im Vereinsheim Haus 1 im Bürgerpark Oberföhring, Oberföhringer Straße 158, 81925 München. Bürozeiten freitags, 13 bis 14 Uhr. Anfragen unter E-Mail: post@nordostkultur-muenchen.de

© SZ vom 17.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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