Bogenhausen:"Absolut despektierlich"

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Bereits im Mai 2017 demonstrierten Bogenhauser dafür, dass ihr Bürgerhaus die richtige Dimension und Ausstattung erhält. (Foto: SZ-Archiv/Stephan Rumpf)

Weil sich die Verwaltung weigert, im künftigen Kulturbürgerhaus am Maria-Nindl-Platz eine Gaststätte einzuplanen, geht der Bezirksausschuss auf die Barrikaden. Die CSU regt eine totale Neuplanung an

Von Julian Raff, Bogenhausen

300 Zuschauerplätze im Bürgerhaus: Nach zähen Planungs- und Spar-Debatten erscheint der Kulturgenuss am Maria-Nindl-Platz den Lokalpolitikern im Bogenhauser Bezirksausschuss inzwischen als weitgehend gesichert. Um die gastronomische Versorgung der Besucher steht es dagegen aus ihrer Sicht weiterhin schlecht - so schlecht, dass das BA-Plenum womöglich einen Stopp und Neustart der bestehenden Planung verlangt - auch auf die Gefahr hin, dass sich die für 2021 geplante Eröffnung des Bürgerhauses um Jahre verzögern würde.

Im Planungs-Unterausschuss mussten sich Vertreter des städtischen Bau-, Sozial und Kulturreferats erneut den Kopf waschen lassen, nachdem sie dem BA aus dessen Sicht keinen überzeugenden Ersatz für die vergeblich geforderte öffentliche Gaststätte im Sozial- und Kulturbürgerhaus präsentieren konnten. Im Familientreff des Bürgerhauses und im Genossenschaftskomplex an der Südseite des Platzes sind Besuchercafés vorgesehen, allerdings nicht als öffentliche Gaststätten.

Max Leuprecht, im Kulturreferat für kulturelle Infrastruktur in den Stadtteilen zuständig, hatte zu Beginn erneut auf die Küche des Alten- und Service-Zentrums (ASZ) im Haus verwiesen. Je nachdem, wer den Saal miete, könne diese von wechselnden Catering-Anbietern genutzt werden. Außerdem habe ein "namhafter Münchner Gastronom" Interesse an einem 350 Quadratmeter großen Ladenlokal im westlich des Platzes gelegenen Wohn- und Geschäftskomplex angemeldet und beim Kreisverwaltungsreferat einen Gastraum sowie Freischankflächen beantragt.

Um wen es sich handelt, mochte Leuprecht nicht verraten, da die Flächen von einem privaten Investor vermietet werden. Auf jeden Fall werde der Wirt die Bedürfnisse hungriger und durstiger Kulturhaus-Gäste schon im eigenen Geschäftsinteresse nicht ignorieren. Im Haus selbst genügt aus Leuprechts Sicht weiterhin die ASZ-Küche als flexibler Stützpunkt. Veranstalter könnten so entweder selbst einen Caterer engagieren oder ein vom Trägerverein vermitteltes Angebot mitbuchen. Im Pelkovenschlössl in Moosach habe sich dieses Modell gut bewährt, zumal sich dort nur wenige Veranstalter für aufwendige Bewirtung entschieden. Feste Gaststätten in Bürgerhäusern blieben dagegen oft unrentabel, was sich, so Leuprecht, in Trudering und Milbertshofen gezeigt habe.

Die abendliche Einkehr vor oder nach der Vorstellung scheint also gewährleistet zu sein. Dennoch herrschte im Gremium fraktionsübergreifende Enttäuschung, die sich in wütender Kritik entlud. Sichtlich in Rage, mit zornesroter Miene kanzelte CSU-Fraktionssprecher Xaver Finkenzeller die "desaströse" Planung mit einem "Setzen, Sechs!" ab. Besonders ungehalten reagierte Finkenzeller auf Leuprechts Einwand, die Referate setzten lediglich Stadtratsbeschlüsse um. Genau umgekehrt habe der Stadtrat über Vorlagen aus den Ämtern beschlossen, ohne dass dort die Wünsche des BA eingeflossen wären.

Die aktuellen Pläne, angeblich ein Ergebnis des Dialogs mit dem BA, hat Finkenzeller schon in Beschlussvorlagen aus dem Jahr 2012 entdeckt. Sein Gremium sieben Jahre lang derart zu ignorieren, findet er "absolut despektierlich". Leuprecht wiederum verortet den BA im Gespräch mit der SZ in einer "selbstreferentiellen Blase". Das Beharren auf einer städtisch geförderten Gastronomie im Haus sei jedenfalls nicht mehr zeitgemäß, er werde nach den Anwürfen nur noch schriftlich mit dem Gremium kommunizieren.

Ob aus Unkenntnis oder durch Verschulden der Referate - jedenfalls hätten die Stadträte nicht beschlossen, "was uns bewegt", erklärte Christiane Hacker (SPD), selbst bis 2014 im Stadtrat. Angelika Pilz-Strasser (Grüne), BA-Vorsitzende und seit Kurzem Stadträtin, hält die Catering-Lösung für unpraktikabel - nicht nur, weil die ASZ-Küche zu wenig Platz biete. Der Seniorentreffpunkt werde schließlich bis in die frühen Abendstunden hinein besucht, ein Caterer brauche die Küche aber spätestens am Nachmittag.

Nachdem die Referatsvertreter zum frühestmöglichen Zeitpunkt den Saal verlassen hatten, blieb Ratlosigkeit zurück. Den radikalsten Vorschlag hatte zuvor der Unterausschuss-Vorsitzende Robert Brannekämper (CSU) gemacht. Die "Trümmerplanung", so Brannekämper, sei ja nun nicht mehr zu retten, weshalb man sie ebenso gut "einstampfen" und von vorne anfangen könne. Die Verzögerungen veranschlagte Brannekämper auf zwei Jahre, was Ex-Stadträtin Hacker als unrealistisch bezeichnete: Mit Grundsatzbeschlüssen, BA-Beratungen und Erstellung neuer Referatsvorlagen dürfte das Prozedere mindestens fünf Jahre in Anspruch nehmen. Über das weitere Vorgehen wird der BA am Dienstag, 19. März. beraten. Eine Umplanung des Bürgerhauses regen unterdessen auch die beiden Vertreter von ÖDP und "David contra Goliath" (DaCG) an. Sie fordern mit Blick auf den Klimawandel ein ökologisches Kühlungskonzept und zudem ein bienenfreundliches Gründach.

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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