Markus Söder beim Sport in München:Thank you for the stadium, Mr. President!

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Bayern Ministerpräsident Markus Söder mit BMW-Open-Sieger Holger Rune. (Foto: Twitteraccount @markus_soeder)

In Wahlkampfjahren ist für Bayerns Ministerpräsident jede sportliche Veranstaltung von Weltklasse-Tennis bis Sackhüpfen ein potenzielles Bierzelt. Und so nutzt er einen Auftritt bei den BMW Open, um eine mutige Idee zu präsentieren.

Glosse von Felix Haselsteiner

Die Camouflage-Qualitäten des Chamäleons sind weitläufig bekannt, allein: Im Freistaat sind die Tiere noch immer nicht heimisch, vielleicht hat das mit dem kalten Frühling zu tun. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Politik nicht längst die Taktiken aus der Tierwelt übernommen hat. Am Sonntag waren sie zu sehen, in beachtlicher Pracht am Aumeister, allerdings nicht im Biergarten, sondern nebenan, beim Tennisturnier der BMW Open.

Ein Mimese-Experte des Ranges von Ministerpräsident Markus Söder sieht in Wahlkampfjahren in jeder sportlichen Veranstaltung von Weltklasse-Tennis bis Sackhüpfen ein potenzielles Bierzelt, so natürlich auch hier: Geschickt verkleidet als gemeiner Tennis-Fan in eine mit bayerischem Logo verzierte Trainingsjacke trat Söder beim Finale auf, so als wäre er gerade selbst noch beim Sonntags-Doppel am Platz gestanden.

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Nachher ergriff er das Mikrofon für eine Dankesrede mit der energischen Freude, die sonst sonntags nur bei Schlagersängern im ZDF-Fernsehgarten zu sehen ist. Söder sang aber nicht, er will ja Stimmen gewinnen, was man beim MTTC Iphitos tut, indem man dem johlenden Publikum ein neues Tennisstadion verspricht und ein größeres Turnier, weil: "Der Freistaat (gemeint ist: der Söder, d.Red.) ist bereit mitzuhelfen!"

Wer lange in Bayern lebt, dem schießt bei solch mutigen Versprechungen ein S-Bahn-Tunnel in die Gedanken, aber Andrea Gaudenzi, Chef des Tennisverbandes ATP, ist natürlich noch nie auf die S8 wartend 25 Minuten lang in Neugilching gestanden und hat dort die Landes-Infrastrukturpolitik verflucht, weshalb er Söder mit den herausragenden Worten "Thank you, Mr. President" für seine Ansprache dankte. In diesem großen Moment der jüngeren bayerischen Politikgeschichte schien alles möglich - auch, dass die BMW Open bald CSU Open heißen, beziehungsweise: Warum tun sie das nicht längst?

Es war an diesem Sonntag allerdings genauso zu beobachten, dass die Chamäleon-Qualitäten Grenzen haben. Gleichzeitig zum Tennisfinale wurde der EHC München deutscher Eishockey-Meister, ein Shuttle-Service des anwesenden Sponsors hätte den Herrn Präsidenten vermutlich schnell rübergebracht, im Auto hätte er sich noch fix das Tennisjackerl gegen die Eislaufschuhe eintauschen können.

Aber nein, der EHC musste mit einer Würdigung der Meisterschaft in Form eines Tweets auskommen. Der Grund dafür wird erst beim zweiten Nachdenken offensichtlich: Eine neue Arena bekommen die Eishockey-Fans bereits.

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