Blutprobe für kranken Polizisten:Freiwillige Kontrolle

1765 Münchner geben eine Blutprobe ab und hoffen, einem Polizisten zu helfen, der an Leukämie erkrankt ist.

Michael Tibudd

Sie haben sich strategisch günstig postiert. Wo auch immer es von der Fußgängerzone aus zum Polizeipräsidium geht, steht ein Streifenwagen. Beamte sind im Einsatz, ihr Ziel: Die Heerscharen von Einkäufern, die an diesem dritten Adventssamstag in der Innenstadt unterwegs sind, zu einer Kontrolle zu bitten.

Blutprobe für kranken Polizisten: Ein vielleicht lebensrettender Pieks: Susanne Hübner bei der Blutabnahme im Polizeipräsidium.

Ein vielleicht lebensrettender Pieks: Susanne Hübner bei der Blutabnahme im Polizeipräsidium.

(Foto: Foto: ales)

Indes: Es geht den Polizisten in diesem Fall nicht um das Messen von Alkohol im Blut potentieller Fahrer oder die Überprüfung von Personalien. Dieses Mal geht es um genetische Merkmale, und sie können nur hoffen, dass sich möglichst viele Passanten dieser freiwilligen Kontrolle unterziehen. Dann hat ihr Kollege Walter Moder vielleicht eine bessere Überlebenschance.

Es ist der Tag der großen "Typisierungs"-Aktion für den 59 Jahre alten Ersten Kriminalhauptkommissar, der an Leukämie erkrankt ist. Die Genesungs-chancen für Blutkrebspatienten wie ihn steigen rapide, wenn sich ein geeigneter Spender für Knochenmark oder Stammzellen findet. Es gibt dazu eine weltweite Datenbank mit etwa zehn Millionen möglichen Spendern. Allerdings müssen sehr viele Merkmale zwischen Spender und Patient übereinstimmen, sonst hilft die Bereitschaft zum Spenden nichts. Für Walter Moder ist noch kein passender Spender erfasst. Die Münchner Polizei hat deswegen in den vergangenen Wochen die Hilfe für Moder vorbereitet: Möglichst viele Münchner sollen ihr Blut untersuchen lassen, auf dass womöglich ein geeigneter Spender dabei ist.

Und es kommen viele. In der Kantine des Präsidiums herrscht dichtes Gedränge. Hier wird alles vorbereitet. Etwa 100 freiwillige Helfer - an dieser Stelle vor allem Polizeikollegen Moders - nehmen Personalien auf und teilen kleine Behälter aus. Jeder dieser Behälter wird mit einem Strichcode versehen, damit er später eindeutig zuzuordnen ist. Mit diesem Behälter geht es für die Hilfsbereiten zur Blutabnahme einen Raum weiter.

Susanne Hübner etwa ist diesen Schritt schon gegangen. Die 28-Jährige aus Hadern sitzt da, den rechten Ärmel hochgezogen, und streckt ihren Unterarm Eduard Tutert entgegen. Der hilft als Mediziner freiwillig mit und sucht eine Vene. Ein kleiner Pieks, und er zieht fünf Milliliter Blut in den Behälter, mehr braucht das Labor für die Tests nicht.

"Es kann jeden treffen mit Leukämie", sagt Susanne Hübner. Deswegen habe sie sich entschieden, ins Polizeipräsidium zu kommen. Susanne Hübner ist an diesem Samstag eine von 1765 Menschen, die sich Blut abnehmen lassen - und außerdem eine Menge Geld spendeten: Denn ohne solche Spenden sind die Blutproben wertlos, die Untersuchung jeder Probe im Labor kostet 50 Euro. Viele bezahlten quasi ihre eigene Probe selbst, ein Teilnehmer zeigte sich besonders großzügig und warf 500 Euro in die Spendenbox. Insgesamt kamen so fast 17000 Euro zusammen.

Dass diese Aktion auch jedem anderen Leukämie-Patienten, der auf einen Spender wartet, helfen kann, ist der Grund, warum Patient Walter Moder überhaupt damit einverstanden war, berichtet dessen Sohn Markus. "Er hätte nie zugelassen, dass das hier alles nur für ihn organisiert wird", sagt der 31-Jährige.

Walter Moder selbst konnte nur am Vormittag für eine Stunde aus dem Krankenhaus ins Präsidium kommen. Er war, berichtet der Sohn, "überwältigt von dem, was er hier sah".

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