Süddeutsche Zeitung

Bluesrock:Cooler Meister der Szene

Ist seit 50 Jahren Münchens Musiklandschaft treu: Der britische Gitarrist Nick Woodland feiert in der Unterfahrt seinen Geburtstag mit einem Livestream-Konzert.

Von Oliver Hochkeppel

Sein Alter war stets undefinierbar. Früh hatten sich bei Nick Woodland Falten ins Gesicht der hageren Gestalt gegraben, früh wirkte die hagere Gestalt mit Nickelbrille und dem Zylinder als Markenzeichen wie der Prototyp des britischen Rhythm'n'Blues-Gitarristen. In diesem seinem musikalischen Fach war und ist er einer der besten überhaupt. Nicht ohne Grund hält sich hartnäckig das von ihm selbst stets bestritten Gerücht, er wäre einst als Nachfolger von Mick Taylor bei den Rolling Stones im Gespräch gewesen. Dass er keine Weltkarriere gemacht hat, liegt zum einen an seiner kompromisslosen Liebe zum klassischen Bluesrock, zum anderen wohl auch an seiner Liebe zu München. Schon als Bub kam Woodland nach Deutschland, sein Vater arbeitete für die britische Rheinarmee. Nach der Schule blieb er dann in München hängen. Und obwohl die britischen Blues-Rocker wie Alexis Korner, Peter Green, John Mayall oder Eric Clapton seine Idole waren, die ihn mit 15 zur Gitarre gebracht hatten, blieb er doch seit mehr als 50 Jahren der Isarmetropole und ihrer Szene treu. Kurz war er bei Amon Düül II dabei und von Anfang an bei Sahara, Münchens wichtigstem Beitrag zur Progressive-Rock-Ära, die vor ein paar Jahren noch einmal ein Comeback feierte.

In dieser Zeit fiel Woodland einigen Produzenten auf, darunter Giorgio Moroder. So wurde er neben Sigi Schwab zum wichtigsten Studiogitarristen in den Siebzigern, den goldenen Studio-Jahren Münchens. Er spielte alles - vom Jazz mit Herbie Mann bis zu den Disco-Bolzern von Boney M bis Penny McLean. Finanziell ging es ihm damals blendend, künstlerisch und menschlich litt er. "Die Rekordjagd an den Saiten ist schön und gut, das Entscheidende sind aber die Songs," sagt er dazu. Also schmiss er 1979 alles hin, konzentrierte sich auf seine musikalische Leidenschaft, von 1982 an mit der eigenen, seither bestehenden Band. Die ruhte zwar mal wegen des Engagements bei Marius Müller-Westernhagen und lief auf Sparflamme, als er mehr als zehn Jahre lang Georg Ringsgwandl begleitete, doch ansonsten zieht er sein selbstbestimmtes Rock'n'Rollerleben durch. Seit Jahren mit kompetenten jungen Begleitern und Bewunderern wie seinem Schlagzeuger und Produzenten Manni Mildenberger. Und nun wird er also tatsächlich 70. Und hat das Privileg, seinen Geburtstag trotz Corona live auf der Bühne zu bestreiten, wenn auch ohne Publikum. Beim Livestream aus der Unterfahrt kann man ihn als nach wie vor coolsten Meister der sechs Saiten bewundern.

Nick Woodland, Samstag, 23. Januar, 20 Uhr, Unterfahrt, www.unterfahrt.de

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Quelle:
SZ vom 21.01.2021
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