Mit innovatorischen Infrastrukturprojekten kann Madrid nicht punkten, doch eine kleine Revolution, die buchstäblich in den Kulissen stattfand, hat die Fachwelt auch im Ausland aufhorchen lassen. Es geht dabei um Geld, viel Geld, um das die öffentlichen Kassen entlastet werden. In nahezu allen europäischen Metropolen gehört zu den Institutionen, die einen besonders dicken Batzen vom Haushalt abbekommen, ein Opernhaus. In Madrid heißt es Teatro Real, königliches Theater. Als vor acht Jahren in Spanien eine gigantische Immobilienblase platzte und dann die ganze Volkswirtschaft in Schieflage geriet, wurden auf allen Ebenen die öffentlichen Ausgaben zusammengestrichen. Das Rezept hat funktioniert, Spanien hat die Rezession überwunden.
So wie der gesamte Kulturbetrieb musste auch das Teatro Real bluten: Binnen fünf Jahren sanken die Subventionen aus Steuergeldern von 70 auf 30 Prozent des Haushalts. Aber es überstand den Aderlass ohne Abstriche an der Zahl und vor allem der Qualität der Aufführungen. Auch die Bayerische Staatsoper ist ein Sorgenkind der Haushaltspolitiker. Die öffentliche Hand trägt drei Viertel der Kosten, jede Eintrittskarte wird im Durchschnitt mit mehr als 100 Euro bezuschusst. Es lohnt sich also, einmal aus der Hauptstadt Bayerns in die Hauptstadt Kastiliens zu schauen.
Die Madrider Theaterrevolution beruht auf drei Säulen, die sich zunächst schrecklich kalt anhören: Reduzierung der Personalkosten, Kommerzialisierung, Sponsoring. Nicht alles ist auf deutsche Verhältnisse übertragbar, schon allein wegen der unterschiedlichen Steuergesetze. Aber einiges ist bedenkenswert. So hat die Leitung der Oper es geschafft, ohne Lohnsenkung und Entlassungen in die Arbeitslosigkeit die Personalkosten kräftig zu senken. Der Trick: Chor, Ballett und Orchester wurden privatisiert. Die Gewerkschaften haben zunächst gemurrt, dann aber das Konzept mitgetragen. Die Akteure stehen nämlich finanziell besser da als früher, denn in der spielfreien Zeit können sie eigene Vorstellungen geben, CDs und DVDs aufnehmen.
Die Kommerzialisierung bezieht sich vor allem auf die Nutzung des Riesenbaus in bester Lage im Zentrum mit seinen prachtvollen Sälen: Diese können nun tagsüber für Konferenzen gemietet werden. Sogar die Hauptbühne ist in der spielfreien Zeit nicht ausgenommen, hier finden nun im Sommer Popkonzerte statt.
Hingegen dürfte das spanische System des Sponsorings nur begrenzt auf München übertragbar sein. Der Dirigent, der Regisseur, der Bühnenbildner, oft auch einer der Opernstars treten bei Pressekonferenzen vor einer Wand auf, auf der die Logos der Sponsoren prangen, so wie beim Fußball oder der Formel 1. Immerhin: In den Inszenierungen bleibt Schleichwerbung verpönt.