Bizarre Postsendungen:Ein Packerl Python

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Wenn es aus einem Paket japst, hechelt oder heult, stinkt, tickt, scheppert oder raucht, dann wird es zur Sicherheit vom Band genommen: Post und Zoll ziehen regelmäßig absurde oder illegale Fracht aus dem Verkehr. Manche Sendungen sind sogar gefährlich.

Michael Morosow

Für Postmitarbeiter zählt die Regel: Wenn es aus einem Paket japst, hechelt oder heult, stinkt, tickt, scheppert oder raucht, dann wird es zur Sicherheit vom Band genommen. Dann hat der Absender mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest gegen die Beförderungsbedingungen der Post verstoßen, wenn nicht gar gegen die noch schärferen Zollvorschriften. "Sie glauben gar nicht, was die Leute so alles in Pakete packen", sagt Erwin Nier, Pressesprecher der Deutschen Post AG. In Schnaps eingelegte Kobras oder Krokodilköpfe, lebende Schildkröten und Spinnen, aber auch Frischfleisch, das nach einer gewissen Beförderungszeit derart stinkt, dass selbst einem Spürhund schlecht wird.

Sogar Schlangen landen in der Post. Oft überlebt die tierische Fracht den Transport aber nicht. (Foto: dpa)

Verbotene, gefährliche, ekelhafte, kuriose Fracht - Erwin Nier und die Mitarbeiter des Hauptzollamts am Münchner Flughafen könnten stundenlang darüber berichten. Etwa über 36 junge

Pythons, die im September ein 22-jähriger Australier im Handgepäck durch den Zoll bringen wollte. Die Schlangen wurden in die Reptilien-Auffangstation in der Kaulbachstraße gebracht, nachdem sie dem neugierigen Zöllner, der sie entdeckte, einen gehörigen Schrecken eingejagt hatten. Totes Getier stapelt sich in der "Kammer des Schreckens", wie die Zöllner ihre Asservatenkammer nennen. Allein im Jahr 2010 kamen 2187 Tierpräparate und -produkte hinzu, darunter allein 780 Steinkorallen. Laut Martin Brandlhuber, Pressesprecher beim Hauptzollamt München, wurden im Vorjahr 190 Verstöße gegen das Artenschutzabkommen zur Anzeige gebracht.

Wir arbeiten mit dem Zoll Hand in Hand", sagt Postsprecher Nier. Wobei der Zoll naturgemäß schwerere Geschütze auffahren kann im Kampf gegen die Rauschgift-Kriminalität sowie den verbotenen internationalen Handel mit gefährdeten Tieren und Pflanzen. Zum speziell geschulten Personal zählen Spürhunde, die abgerichtet sind auf Rauschgifte, Sprengstoff, Tabak oder Bargeld. Es gebe sogar deutschlandweit fünf Artenschutz-Spürhunde, die etwa bei Vogelfedern oder Schlangenleder anschlagen, sagt Brandlhuber. Jedoch nur in Nürnberg, Hamburg und Frankfurt.

Und die Post? "Uns darf der Inhalt wegen des Postgeheimnisses gar nicht interessieren. Wir überprüfen auch keine Sendungen, außer ein Kollege bemerkt zum Beispiel ausgelaufene Chemikalien oder ein Ticken im Paket. Dann werden Polizei und Sicherheitsbehörden informiert", sagt Postsprecher Klaus-Dieter Nawrath. Wie oft und auf welche Weise die Post die Pakete stichprobenartig untersucht, will sein Kollege Nier nicht preisgeben. "Das ist Postgeheimnis." Er legt großen Wert auf die Feststellung, dass es für die DHL überhaupt keine Rolle spielen darf, wie die Sendung gekennzeichnet ist. "Ob sich die Angabe mit dem Inhalt deckt, wissen wir nicht." Wobei nach dem Anschlägen vom 11. September 2001 im Sicherheitsbereich "die Schrauben noch mal angezogen worden sind". Und nur zu gut erinnert er sich an die Wochen nach den ersten Anthrax-Anschlägen, als ganze Straßenzüge gesperrt wurden, wenn aus einem Brief oder Paket weißes Pulver rieselte.

Mit ungewöhnlichen Sendungen hat es Erwin Nier seit seiner Ausbildung zu tun. Die Geschichte mit der Banane erzählt er am liebsten. Im zweiten Lehrjahr sei er gewesen, als eine "goldgelbe, frische, harte Banane" aus dem Briefkasten des Postamtes gezogen worden sei. Korrekt ausgezeichnet und exakt frankiert. "A scheene, große Chiquita" mit einer ebenen Fläche auf der Innenseite soll es gewesen sein, ausreichend groß für die Angabe von Absender und Empfänger. "Die Banane war an eine Frau adressiert, das Gelächter der Postboten kann man sich ja vorstellen", schmunzelt Nier. Die Banane wurde zugestellt. "Ich will nicht testen, wie weit die Banane heute käme", sagt der Postsprecher.

Weniger Spaß bereitet ihm die Beförderung lebender Tiere. Bei Sendungen aus bestimmten Ländern würden Stichproben gemacht. Bei einem Paket aus China wird nicht nur wegen des Verdachts auf Rauschgift kontrolliert. "Da muss man froh sein, wenn nicht 20 Vogelspinnen raushüpfen." Auch zunächst als harmlos erscheinende Sendungen können laut Nier mit der Zeit eine Gefahr darstellen. Wie etwa vor Jahren in Hamburg, wo zwei unterschiedliche Flüssigkeiten in getrennten, festen Behältern transportiert wurden, sich dann aber ein Überdruckventil öffnete. "Die Dämpfe haben sich vermischt, einer machte das Licht an, dann ist das halbe Lagerhaus in die Luft geflogen", erinnert sich Erwin Nier.

Dass die DHL den Versand verderblicher Lebensmittel ablehnt, liegt für den Postsprecher auf der Hand: "Stellen Sie sich vor, ein Paket mit Rotwein läuft aus, tropft auf ein Paket mit einem Brautkleid. Die Hochzeit platzt, das wird ein Problem für den Absender." Oder Kulinarisches, etwa aus Griechenland: Drei Tage Versand, bei Unzustellbarkeit sieben Tage Lagerung, und das alles im Hochsommer mit 32 Grad im Schatten - "Sie können sich vorstellen, wie das stinkt".

Könnte nur noch übertroffen werden von einem fiktiven Paket, das Nier gedanklich auf die Reise schickt, mit von der Mutter frisch gebügelter Wäsche als Inhalt. Dieses Paket zur Stichprobe zu öffnen, wäre kein Problem. "Aber anders sieht es aus, wenn wir das Paket öffnen, das der Sohn an die Mutter schickt."

© SZ vom 03.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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