Billigflieger am Münchner Flughafen:Bereit zur Landung

Billigflieger am Münchner Flughafen: Billigflieger wie Ryanair wollen künftig den Flughafen München ansteuern.

Billigflieger wie Ryanair wollen künftig den Flughafen München ansteuern.

(Foto: Marco Einfeldt)
  • Viele Fluggesellschaften werben mit Niedrigpreisen - doch wer nicht aufpasst, landet am Ende auf einem Flughafen weitab vom eigentlichen Ziel.
  • Von 2016 an will der irische Anbieter Ryanair seine Maschinen im Erdinger Moos starten und landen lassen.
  • Im Terminal 1 ist noch Platz für Fluggesellschaften - auch wenn Airport-Chef Kerkloh keinen ganzen Trakt für Billigflieger einrichten will.

Von Marco Völklein

Noch immer ist unklar, wann er denn nun fertig sein wird - der neue Berliner Großflughafen BER. Optimisten sagen, zum Jahresende 2017 werden die Arbeiter abziehen. Pessimisten rechnen damit, dass die Inbetriebnahme erst weit im Jahr 2018 erfolgen wird, wenn überhaupt. Egal, wann denn nun die ersten Passagiere abheben werden, klar ist, dass ein Großteil davon in den Maschinen der sogenannte Billigflieger sitzen wird.

Denn die BER-Betreiber setzen ganz bewusst auf dieses Segment. Sie haben einen ganzen Flügel des neuen - nach wie vor nicht betriebsbereiten - Abfertigungsterminals für Billigflieger reserviert. Dort verzichtet der Flughafen zum Beispiel auf Fluggastbrücken. Die Passagiere werden künftig ausschließlich mit Bussen zu den Jets gebracht. Auch edle Hölzer oder teures Gestühl sucht man im Low-Cost-Trakt des künftigen Berliner Flughafens vergebens.

Billigflug-Segment wächst stärker als der Rest

Im Erdinger Moos kann sich Flughafen-Chef Michael Kerkloh eine solche Entwicklung nicht vorstellen. Auch wenn die Planer des Flughafens intern seit Längerem schon an einem Komplettumbau des mehr als 20 Jahre alten Terminals 1 werkeln - gleich einen ganzen Trakt für Billigfluggesellschaften einzurichten, das sei "dort überhaupt nicht angedacht", sagt Kerkloh. Dennoch sind die Billigflieger auch im Erdinger Moos ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Zwar haben die fünf bisher dort vertretenen Low-Cost-Carrier Easyjet, Vueling, Norwegian, Volotea und Transavia nur einen Anteil von knapp vier Prozent am Passagieraufkommen. Das Segment wächst aber deutlich stärker als der restliche Flugverkehr: So verzeichneten die fünf Billigflieger im Erdinger Moos in den ersten neun Monaten 2015 bei den Fluggastzahlen ein Plus von 35 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bei den restlichen Airlines wuchsen die Passagierzahlen nur um knapp drei Prozent.

Branchenbeobachter rechnen damit, dass noch weitere Low-Cost-Carrier nach München drängen. Deren Angebote würden europaweit gut angenommen, zudem "ändert sich deren Geschäftsmodell", sagt Kerkloh. In der Vergangenheit hatten Ryanair, Easyjet und Co. ihre Maschinen vor allem an kleinen, relativ abgelegenen Flughäfen stationiert, die die Billigflieger mit verhältnismäßig günstigen Gebühren für Starts und Landungen sowie für die Abwicklung sämtlicher Bodendienste gelockt hatten.

Immer mehr Billigflieger setzen auf Geschäftskunden

Damit war es den Billigfliegern gelungen, vor allem Urlauber in ihre Maschinen zu holen. "Doch das ursprünglich mal versprochene Wachstum wurde damit nicht erzielt", sagt Kerkloh. Nun sollen auch Geschäftskunden dafür sorgen, dass die Flieger ausgelastet sind.

Deshalb ändert Ryanair nun seine Strategie grundlegend - und setzt nicht mehr nur auf abgelegene Airports wie Frankfurt-Hahn oder Memmingen, sondern auch auf München. Die Iren wollen so ihren Marktanteil in Deutschland von derzeit fünf Prozent auf 15 bis 20 Prozent bis zum Jahr 2020 steigern. Ryanair sei deshalb mit zahlreichen größeren Airports im Gespräch, sagt Kenny Jacobs, der Marketing-Chef der irischen Billiglinie. Neben Berlin und Hamburg nennt er den Münchner Flughafen. Wenn alles klappt, kündigt Jacobs schon mal an, werde Ryanair vom Winterflugplan 2016 an mit seinen Jets auch im Erdinger Moos starten und landen.

Genug Platz für alle am Erdinger Moos

Noch allerdings laufen die Gespräche, von einem möglichen Abschluss wollen weder Jacobs noch Kerkloh reden. Zumal beide Seiten zunächst einmal Wunden aus alten Zeiten heilen müssen. Es ist noch gar nicht so lange her, da schimpfte Ryanair-Chef Michael O'Leary über die seiner Ansicht nach hohen Gebühren, die die Münchner von den Airlines verlangten. Für den Münchner Flughafen, befand O'Leary sogar mal in einem Interview, sei es "das Beste, ihn zu sprengen und eine Nummer kleiner wieder aufzubauen".

Mittlerweile hat sich die Tonlage geändert. Im Erdinger Moos sei "genügend Platz", sagt Ryanair-Manager Jacobs - und meint damit vor allem das Terminal 1, in dem tatsächlich noch Räumlichkeiten und Abfertigungskapazitäten frei sind. Und Airport-Chef Kerkloh konstatiert, dass "die Billigflieger einen Flughafen wie den unsrigen nicht mehr als völligen Irrsinn empfinden".

Keine Rabatte für Ryanair & Co.

Kerkloh macht aber auch deutlich: Ausnahmen werde es für Ryanair & Co. nicht geben. Rabatte bei den Lande- und Abfertigungsgebühren? Machen die Planer im Erdinger Moos nicht mit. Marketingzuschüsse für eine neue Airline, wenn sie sich in München niederlässt? "Bei uns bekommt jeder das Gleiche", versichert Kerkloh. "Wir kaufen uns keine zusätzlichen Verkehre." Das habe der Flughafen auch gar nicht nötig. Die Low-Cost-Gesellschaften kämen mittlerweile auch so, sagt Kerkloh. Einfach weil sie merkten, dass der Einzugsbereich des Flughafens so groß sei, dass "sie hier gut Geld verdienen können".

Allerdings habe der Flughafen ein Problem, wie Kerkloh nicht müde wird zu betonen: Insbesondere zu Spitzenzeiten seien die Start- und Landekapazitäten ausgereizt; ohne die geplante dritte Start- und Landebahn werde es nicht gelingen, genügend zusätzliche Flugbewegungen anzubieten.

Die Kapazitäten sind nahezu ausgereizt

Auch die Ryanair-Pläne könnten - mal abgesehen vom Streit um die Höhe der Gebühren - an den nicht ausreichend vorhandenen Start- und Lande-"Slots" im Erdinger Moos scheitern. Mittel- bis langfristig, so die Befürchtung der Airport-Betreibergesellschaft wie auch zahlreicher Vertreter der bayerischen Wirtschaft, werde der Münchner Flughafen so abgehängt von den allgemeinen Entwicklungen in der weltweiten Luftfahrt.

Die Kritiker des Flughafenausbaus halten dagegen, auf lange Sicht sei eher nicht mit einem stetigen Wachstum, sondern vielmehr mit einem Rückgang des Flugverkehrs zu rechnen. Derzeit sei zwar der Ölpreis relativ niedrig, irgendwann allerdings werde auch dieser wieder deutlich anziehen. Und dann sei das Geschäftsmodell der vielen Billigfluglinien ohnehin nicht mehr aufrecht zu erhalten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: