Süddeutsche Zeitung

Bilder einer Stadt:Wie München in den Siebzigern zur Weltstadt wurde

Die Münchner Schickeria, Olympia '72 und die Promis, die sich in den Clubs und Edelkneipen die Klinke in die Hand gaben: Unser Fotograf zeigt die wichtigsten Orte der Party-Metropole.

Von Günther Knoll (Text) und Robert Haas (Fotos)

Die ganze Stadt eine einzige große Baustelle: für die U-Bahn und die S-Bahn, für Olympia, für die Fußgängerzone, für das Kulturzentrum am Gasteig. Und trotzdem ging die Post ab im München der Siebzigerjahre. Und wie! Das "Blow Up" am Elisabethplatz war die erste Großraumdisco Deutschlands, man ging ins "Big Apple" und auch in den Jazzclub "Domicile". Im "Yellow Submarine" schwammen sogar echte Haie - natürlich hinter Panzerglas. Weltstars kamen laufend zu Besuch in die Clubs, Discos und Edelkneipen der Stadt, nicht nur inkognito.

Dort trafen sie auf das damalige Münchner Markenzeichen, die Schickeria, die in der Kultserie "Kir Royal" mit dem Klatschreporter Baby Schimmerlos verherrlicht und verewigt wurde. In Giorgio Moroders Musicland-Studios nahmen die Rolling Stones oder Queen ihre Hits auf. Die Hippie-Szene und die sogenannten Gammler trafen sich am Monopteros im Englischen Garten, im Sommer kamen die "Nackerten" an den Eisbach und machten ihn zum FKK-Strand mitten in der Großstadt. Im Circus-Krone-Bau sangen dafür 2000 brave Menschen händchenhaltend mit Joan Baez "Kumbaya My Lord".

Demonstriert wurde damals fleißig, nicht nur für politische Ziele: Sogar für den Minirock und gegen den Büstenhalter gingen die jungen Leute auf die Straßen. Auch Olympische Spiele erlebte München 1972 - sie begannen heiter, wie es der damalige Slogan verhieß, und endeten schrecklich mit dem blutigen Attentat. Berühmt wurde der Satz des damaligen IOC-Präsidenten Avery Brundage: "The games must go on."

Zwei Jahre später war das Olympiastadion dann Schauplatz eines Fußball-WM-Finales, in dem sich Deutschland den Titel holte - natürlich mit vielen Münchner Spielern. An der Leopoldstraße wurde eine knallbunte Erlebniswelt, das "Schwabylon", eröffnet, um bald darauf wie ein Traum zu zerplatzen. Das futuristische Einkaufszentrum war seiner Zeit dann doch etwas zu weit voraus gewesen.

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Quelle:
SZ vom 07.09.2017/vewo
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